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352 Blich XI. Kap. 2. §. 51.
liehen Glaubensbekenntniss hebt er an, und lässt ihm theologisehe
Aphorismen folgen, sehliessend mit dem Beweise, dass der P]ngel
nicht so viele seien als der Menschen. Dann kommt eine verhältnissmässig
ausführliche Seelenlehre mit häufiger Bezugnahme auf
alte Philosophen, vornehmlich Piaton und die Neuplatoniker; darauf
Metaphysik, Astronomie, Meteorologie, Geologie. Von hier ab
wird die Reihe der Gegenstände so bunt, dass ich sie nicht mehr
zu rubi'iciren weiss. Auch findet sich alles Vorgenannte nicht so
scharf gesondert, dass nicht manches Kapitel an Orten stände, wo
es niemand suchen wird. Hier haben wir indess einmal wieder etwas,
was an Naturphilosophie wenigstens erinnert; und weil das so selten
vorkommt, und den Geist der Zeit am klarsten abspiegelt, werde
ich darüber, so weit es uns angeht, etwas umständlicher berichten.
§. 136, pag- 168. Warum nähren sich Bäume und Samen von
Eeo:enwasser besser als von fliessendem W c asser? Weil der l i eof e n
die Erde öffnet, Kanäle in ihr macht, und an die Wurzeln dringt.
Oder vielmehr, weil das Regenwasser frisch ist, das der Seen alt.
Oder weil das Eegenwasser mit feinen Lufttheilen gemischt ist,
daher es auch Blasen macht. Oder auch weil das Regenwasser,
in Luft und Aether erzeugt, rein herabsteigt, das Quellwasser dagegen
die Eigenschaften des Bodens, durch den es iiiesst, annimmt.
Dazu kommt, dass das Regenwasser leicht verdirbt; und dergleichen
Wasser ernährt die Körper, auf die es fällt, grade am besten.
§. 150, pag. 178. Warum säet man den Weizen in lehmigen,
die Gerste in trockenen Boden? Weil der Weizen bitter und holzig,
die Gerste schlaff und schwammig ist, und leicht verdirbt.
Daher gedeihet der Weizen von Feuchtigkeit erweicht und mit
Saft erfüllt, am besten; der Gerste aber sagt ein trockener Boden
zu, weil sie von schlafferem Bau ist. Daher trägt ein fetter und
tiefer Boden guten Weizen, ein lockerer gute Gerste. Auch bedürfen
stärkere Samen mehr, schwächere und feinere eine leichtere
Nahrung. Die Gerste ist aber weit schwächer und lockerer, daher
sie wenig nährt. Jedem Keim Sprössling oder Samen muss man
eine angemessene Erde zubereiten, damit sich ein jedes von dem.
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was ihm zusagt, ernähre und heranwachse, je nachdem es einen
trockenen, feuchten oder heissen Boden liebt.
Es folgen noch drei die Pflanzen betreffende Probleme mit
ihrer Lösung, die ich mich anzuzeigen begnüge: §. 151, pag. 178,
warum vertrocknet der Weinstock, wenn er mit Wein, zumal mit
seinem eigenen begossen wird? ~ §. 152, pag. 180, warum blüht
die Rose schöner, wenn sie neben stinkenden Gewächsen steht?
— und §. 157, pag. 184, warum wird das Fleisch, an einem Feigenbaum
aufgehangen, zarter? So ergeht sich der Verfasser, offenbar
ermüdet von der Behutsamkeit, welche ihm das Aussprechen^ dogmatisch
theologischer und eben so dogmatisch-philosophischer
Sätze, um nicht in Ketzerei zu verfallen, auferlegte, zum Schluss
in kindischen Deuteleien eben so kindischer Fragen, und sein Zeitalter
pries seine Weisheit.
Mehr dürfte sich der Botaniker von seiner schon erwähnten
dem Kaiser gewidmeten Schrift de Victus ratione versprechen.
Er wird sich getäuscht sehen; sie ist kurz und für uns, da wir
das ausführlichere Werk des Simeon Seth über denselben G-egeristand
besitzen, beinahe werthlos. Gedruckt besassen wir sie bis
vor kurzem nur in der lateinischen Uebersetzung des Georgius
V a l l a . Zum ersten mal erschien sie, verbunden mit verschiedenen
andern Uebersetzungen desselben Gelehrten, zu Venedig 1498 in
foL; dann einzeln 1499 in 4.; später nach Fabriciusi) zu Köln
1526 in 8., zu Basel 1529 und noch einmal daselbst 1557 in 8.
Nur die erste der beiden baseler Ausgaben kenne und benutze ich.
Jetzt ist auch das Original gedruckt, doch ohne des Verfassers
Namen, und im Vergleich mit der Uebersetzung, nicht ohne vielfache
Abweichungen Zusätze und Auslassungen. Es befindet sich
unter der Veherschviit'^vcovvi.iov nsQÌ yvi^iojv ßQCo^idzcov xal rtofiaTcov
(eines Ungenannten von den Säften Speisen und Getränken) unter
nr. VI im zweiten Bande pag. 257 ff. in folgender Sammlung:
P h y s i c i et medici Graeci minores. Congessit ad fidem
codd. mss. praesertim eorum, quos beatus Di e z ius contulerat,
1) F ah ri du s in einer Anmerkung zu seiner Ausgabe des Leo Allatius
de Psellift pag. 23.
M e y e r , Gesell, d. Botanik. III. 23