IIQ Bu c h X. Kap. 2. §. 12.
Eine ähnliche Stammtafel der theologisch-juristisch gelehrten»)
Familie der Sobki lieferte Wüstenfeld 2). Von der Familie Ibn
Z o h r die sich fünf Generationen hindurch grosser Aerzte rühmen
konnt¡, war schon die Kede, und wie viele der Art Hessen sich
noch anführen! Es zeigt sich das nicht allein bei moslimischen,
sondern auch bei christlichen und jüdischen Familien unter der
Herrschaft der Chalifen, wie denn auch die Familie der Bachtischua
eine christihche war. Vielleicht liegt der Grund in der Einrichtuno
des Unterrichts, von der ich im folgenden Paragraphen sprechen
werde. Wie aber der Auctoritätsglaube durch ein solches
beinahe kastenhaftes Forterben der Lehre vom Vater auf den Sohn
oder überhaupt vom Einzellehrer auf seine Schüler genährt werden
musste, leuchtet von selbst ein. Bewirkte es doch sogar bei den
freisinnigen Griechen eine ähnliche Erscheinung, die dort sogenannten
Schulen der Philosophie Medicin u. s, w., in denen sich gleichfalls
dieselben Grundlehren vom Lehrer auf die Schüler vererbten,
wenn -leich der Einzelne seine Selbstständigkeit freier behauptete.
Wer Andern unbedingten Glauben zu schenken gewohnt ist,
fodert ihn aber auch wohl, sobald er sich über das Gewöhnliche
erhebt für sich selbst. Das ist die K e h r s e i t e des arabis
c h e n Auctor i tätswesens. Nicht bei allen Schriftstellern ist
das Ich sage" so bescheiden, wie bei den meisten; zuweilen fuhrt
es auch von allen Gründen baare Behauptungen ein, die nur des
Verfassers eigenes Ansehen stützt. Ruhige Prüfung des Für und
Wider, wie uns der liebenswürdige Abd-Allatif vorführt, ist eine
seltene Ausnahme.
Der Koran war es, der mich zu dieser Abschweifung verlockte;
ich schliesse sie mit einer Bemerkung, die uns noch einmal auf
ihn zurückführt. Das Merkwürdigste bei der so specifisch ausgeprägten
arabischen Literatur erblicke ich darin, dass sie einem
Volke angehörte, das zur Zeit der Abbasiden aUs den verschievon
der Theologie der Moslimen unzertrennlich,
da der Koran zugleich als bürgerliches Gesetzbuch güt _
Wüstenfeld die Akademien, der Araber und rhre Lehrer. Gottmgen 1837.
Seite 119.
B u c h X. Kap. 2. §. 13. I I I
d e n a r t i g s t e n Nat ional i täten bestand. Das Reich der Chalifen
umspannte als ein breiter Gürtel mehr als den halben Umfang
der damals bekannten Erde; Gothen in Spanien, Inder in
den östlichen Provinzen, Armenier oder gar Tartaren am kaspischen,
Aethiopen am Ausgange des rothen Meers bekannten sich zum
Islam, und bedienten sich, wenn sie schrieben, wenigstens oft, der
arabischen Sprache, weil es die des Koran und die am meisten
entwickelte war. Aber die gewöhnliche Volkssprache blieb in Indien
die indische, in Persien die persische u. s. w. Die Sprache
war also ein sehr lockeres Band. Und nicht einmal das einer gemeinsamen
Regierung verknüpfte alle jene Völker. Nur im Mittellande
herrschten die Abbasiden, in Spanien erhoben sich sehr
bald die jüngern Ommajaden, im äussersten Osten und Norden,
wie auch in Aegypten und ganz NordafVika, entstanden und verschwanden
vorübergehende Reiche. Was bewirkte denn den gemeinsamen
Ausdruck in der Literatur all jener Völker? Unzweifelhaft
der Kor an, der, wie wir sahen, alle Wissenschaft gleichsam
theologisirte. Und insofern, aber auch nur in diesem Sinne,
verdient er den Namen des Mut t e rbuchs , den ihm die Araber
geben.
§. 13.
D i e vornehmsten Beförderer der Wissenschaft und
w i s s e n s c h a f t l i c h e n Anstalten der Araber im Orient.
Selten besass ein Volk zahlreichere und reicher ausgestattete
öffentliche Anstalten aller Art als die Araber in der Blüthenzeit
ihres Reichs. Moscheen Schulen Bibliotheken Sternwarten Krankenhäuser
Bäder Karawanserai's u. s. w., meist prunkend mit dem
Namen ihrer Gründer, und an Glanz der Einrichtung eine die andere
überbietend, drängten sich in grössern und kleinern Städten.
Der Ruhm der Herrscher und hohen Beamten bemass sich
nach der Schaustellung ihres Reichthums. Den Chalifen Almanszür
(774—775) verherrlichte vor allem der Bau seiner neuen
Hauptstadt Bagdad am Tigris mit freilich unerhörtem Auf-
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