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428 Buch XI. Kap. 3. §. 63. B u c h XL Kap. 3. §. 63. 429
eines bamberger Codex, der Schrift nach aus dem dreizehnten Jahrhundert,
auf den neuerlich Thierfelder i) aufmerksam machte, dass
man an der Identität beider oder mindestens an der unmittelbaren
Abstammung des einen Codex vom andern nicht zweifeln kann.
Der Titel selbst lautet: „De herbarum virtutibus tractatus prosaicus,
exerptus ex me t r i cound führt am Rande die Bemerkung:
„Hic libellus, qui sub Macr i nomine circumfertur, non hujus est,
sed Odoni s cujusdam medici Veronensis incertae aetatis.
Verum ut gratior iret in lucem, Macri titulo inscriptus est. Man
könnte vermuthen, dieser Odo sollte nur der Verfasser des prosaischen
Auszuges aus dem Gedichte sein; allein Choulant^) macht
uns mit einem dresdener Codex selbst aus dem vierzehnten Jahrhundert
bekannt, mit der Schlussschrift: „Odoni s Magdunensis^)
opusculum de naturis herbarum explicit," und setzt, leider
ohne Angabe seiner Quelle hinzu: „Andre Nachrichten nennen
den Cistercienser Odo Muremundensis (Otto von Morimont
im Burgundischen, früher Abt zu Beauprai, gestorben 1161), der
aber zu spät dafür gelebt haben möchte. Eine wolfenbütteler
Handschrift des Macer aus dem vierzehnten Jahrhundert schliesst:
Explicit Macer domini Alberti de Aulica, was aber schwerlich
auf den Verfasser geht/' Vier verschiedene Handschriften bieten
also vier verschiedene Namen dar, Odo Veronensis^), Odo
1) Thierfelder im Janus, herausgegeben von Her seil el I I I , 1848^
Seite 372; und der Titel selbst in Ja eck (nicht Janck, wie im Janus steht)
Beschreibung der Bibliothek zu Bamberg, Nürnberg 1831 in 8., I , Seite I I I , nr. 872.
2) Choulant, Handbuch der Bücherkunde der altern Medicin, 2, Auflage.
Seite 234.
3) „Aus Meudon", setzt Choulant hinzu. Das ist ein Irrthum. Meudon
hiess Moldunum oder Modunum, und Magdunura war Mehün.
4) Haller (biblioth. latina, edit. Ernesti III, pag. 544) sagt mit Verweisung
auf Merula: „Odobonus sive Odo quidam," und wird deshalb mit Recht
von Renzi (collect. Salernit. I,pag. 216) getadelt, denn Merula giebt den Namen
Odobonus nicht. Aber ein weit schlimmeres Versehen macht Renzi selbst an
demselben Orte, indem er den Merula nicht von einem unbekannten Odo
V e r o n e n s i s , sondern von dem wohlbekannten Odo Cremonensis sprechen
lässt.
M a g d u n e n s i s , Odo Muremundensis und Albertus de
A u l i c a ; es ergiebt sich daraus mit vieler Wahrscheinlichkeit, dass
Macer Floridus nicht des Verfassers Name, sondern des Buches
Titel war, und etwa so viel bedeuten sollte wie Aemilius Macer
redivivus, ein neuer, neu aufblühender Macer, in gleicher Weise
wie der Verfasser eines Kochbuchs, wovon ich im vorigen Bande
gesprochen, vermuthlich nicht Apitius hiess, sondern seinem Buche
diesen Namen als Titel gab. Allein welchen Namen nun der Verfasser
unsres Gedichtes trug, bleibt dabei völlig ungewiss; daher
ich vorläufig mit Choulant den bekanntesten Namen Mac er Flor
i d u s beibehalte.
Hallers Vermuthung, der Verfasser wäre ein Franzose,
weil er Isatis durch Gaisola (in unserm Text steht Gaisdo, was
aber keinen Unterschied macht), Solanum durch Maurella übersetzt,
theilt auch Choulant, und führt zur Bestätigung noch die Namen
Jusquiamus, Paratella und Gingiber an. Renzi bekämpft sie, und
hält den Verfasser für einen Salernitaner. Mit Recht wendet er
ein, dass jene Pflanzennamen mit geringen Abweichungen eben
sowohl italiänisch als französisch sind. Wenn er jedoch grosses
Gewicht darauf legt, dass der Verfasser nicht sagt Galli, sondern
L a t i n i maurellam dicunt, und der Meinung ist, derselbe hätte
dadurch die Italiäner sehr bestimmt bezeichnet, so kann ich ihm
nicht beipflichten. Latini nennen sich zu oft lateinische Schriftsteller
der verschiedensten Nationen. Es giebt aber andre Gründe,
die kräftiger für Renzi's Meinung sprechen. Dahin gehört des
Verfassers unverkennbare K e n n t n i s s der gr iechi s c h e n Sprache,
die in Frankreich zur Zeit des Mittelalters zu den grössten
Seltenheiten gehörte, in Unteritalien zum Theil noch lange die
Sprache des Volks und des Gottesdienstes blieb 2), so wie der Ge-
1) Hall er bibliotheca boianica I, pag. 215.
2) Das macht bei andern Gelegenheiten auch Renzi geltend, unterandern
in der Collectio Salernitana I, pag. 113, und stellt es als bekannte Thatsache
hin, die keines Beweises bedarf. Ich führe nur Einen an, nämlich das Messelesen
in lateinischer und gr iechischer Sprache in einer Kirche unweit
Monte Cassino im Jahr 884, nach Tosti storia della badia di Monte Casi,ino I,
pag. 48, könnte aber leicht mehrere beibringen.
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