186 Buch X. Kap. 4. 24. B u c h X. Kap. 4. §. 24. 187
im Arabischen so leicht eintritt, wird daraus Ar rai s , der Fürst;
daher die Sage, Ibn Sinä wäre Fürst gewesen. Der Fürst der
Aerzte wird er figürlich nicht selten genannt, in der Wirklichkeit
brachte er es jedoch nicht über den Vazir, den Nächsten nach dem
Fürsten, hinaus. Die Zeit seiner Geburt ist leicht zu finden, da
wir sein Alter und Todesjahr kennen. Nach Algürgäni bei Abulfarag
und Ibn Alqofthi, womit auch Abulfeda übereinstimmt, starb
er 428 (1037) und erreichte ein Alter von 58 Jahren; folglich war
er 370 (980) geboren. Käme es auf die Menge der Zeugen an,
so könnte ich mich noch auf den Artikel Sinä bei d'Herbelot und
Eeiske' s Anmerkung dazu berufen, woraus hervorgeht, dass sich
dieselben Zeitbestimmungen bei Ibn Abi Oszaibiah, Ibn SchoHnah
und in dem schon §. 20 besprochenen Kaudh alachiar wiederholen.
Es bedarf dessen aber nicht, und ich würde andere Angaben sämmtlich
stillschweigend übergehen, hätte nicht eine derselben durch
den Vorzug, den ihr Hammer-Purgstall giebt, Bedeutung gewonnen.
Nach ihr soll Ibn Sinä fünf Jahr äher geworden, und folglich
schon 305 (975) geboren sein^). Auf wie schwacher Grundlage
ihr Vorzug beruht, wird sich bald zeigen.
1) Ich we'ss nicht, woher Hammer-Purgstall diese Angaben nahm; gewiss
nicht aus Kondemir. denn diesen, wiewohl er selbst sein Herausgeber in den
Fundgruben des Orients war, übergeht er im Verzeichniss seiner Quellen.
Auf merkwürdige Weise stimmen sie aber mit einer der beiden Zeitbestimmungen,
die Kondemir zweifelhaft neben einander stellt, zusammen, oder auch
nicht zusammen, je nachdem man nach Sonnen- oder Mondsjahren rechnet.
Kondemir sagt nämlich: „Nach einem andern Bericht soll Sein Leben 63 Sonnenjahre
und 7 Monate gedauert haben. Diejenigen, welche dieser Meinung
sind, setzen seine Geburt in das Jahr 3t)3, und seinen Tod in das Jahr 4'28."
Das ist in so fern ganz richtig, als liSVia Sonnenjahre ziemlich genau 65 Mondsjahre
au.«machen, welche die Subtraction der beiden Jahreszahlen ergeben.
Hammer-Purgstall giebt dem Ibn Siml, gleichfalls ein Alter von 63 Jahren,
indem er sie aber als Mondsjahre behandelt, und von seinem Todesjahr 4'28
einfach abzieht, kommt er auf das angebliche Geburlsjahr 36:). Dass diese
Zahl aus ver.-äumter Reduction der Sonnenjahre in Kondemirs Angabe auf
Mondsjahre entsprungen sei, ist mir sehr wahrscheinlich; doch bin ich weit
entfernt, Harm von Hammer-Purgstall ein solches Versehen aufbürden zu
wollen, und lasse dahin gestellt sein, welcher Perser oder Araber sich dessel-
Ibn Sinä's Vater lebte zu Boch^rä, der Hauptstadt von Chorasan,
und bekleidete daselbst unter der Herrschaft des letzten
Samaniden Nüh' Ben Manszür (regierte 976 - 997) ein höheres
Staatsamt. Schon im zehnten Jahr wusste der Knabe den Koran
und andere Bücher auswendig, so dass ma,n sein Talent was der
Vater auf jede Weise zu cultiviren suchte, bewunderte. Der Vater
pfleo-te Umgang mit türkischen Ismaeliten, die ihn und seme bei-
L n ' s ö h n e für die Lehre von der Herrschaft der Vernunft zu gewinnen
suchten. Ibn Sinä hörte und begriff sie, wie er sagt ohne
ihnen wie sein Vater und Bruder beizupflichten. Bald darauf lernte
er einen Einsiedler kennen, der ihn in die theologische Rechtskunde
und Mystik der Araber einführte; und ein angeblicher Philosoph,
der in seines Vaters Hause Aufnahme fand, unterrichtete
ihn in den Anfangsgründen der Mathematik nach Eukhdes, der
Locik nach Porphyrios und der Astronomie nach Ptolemaos, entfernte
sich jedoch bald wieder, da der Schüler den Lehrer übersehen
lernte. Von nun an machte Ibn Sinä all seme Studien allem
aus Büchern, und bemächtigte sich der Logik Physik Mathematik
Medizin und Rechtskunde, wandte sich dann wieder zum eifrigen
Studium des Korans und von da zurück zur Philosophie. Er beschäftigte
sich so angestrengt mit diesen Wissenschaften dass er
sehr wLi g schlief, und sich, wenn ihn die Müdigkeit überfiel, durch
Weintrinken wieder ermunterte. Selbst in Träumen umschwebten
ihn die Probleme der Wissenschaft und wurden ihm in diesem Zustande
mitunter plötzlich klar. Ueberwältigte ihn ein Zweifel, so
wandte er sich zum GebeN und Hess nicht nach, bis sich ihm jedes
Dunkel aufklärte. Nur am Verständniss der Metaphysik (des Aristoteles)
verzweifelte er lange. Da fiel ihm zufällig ein Werk des
Alfär^bi in die Hände, was ihm auch diese Wissenschalt aufschloss.
Die Medicin erklärte er, vernaithlich nur im Vergleich mit der
Philosophie, für eine leichte Wissenschaft, rühmte sich vieler Erfahrungen
als praktischer Arzt, und ward sogar von seinem Würben
schuWig gemacht hat. Man sieht aber auch hierans, wie wenig Zutrauen
die Angabe verdient,
Hi. Ii