14 Buch IX. Kap. 1, §. 4.
weise ich auf Häser^), der ihm mit unverkennbar grosser Sorgfalt
eine ausführliche Darstellung gewidmet hat. Nur Eins hebe ich
daraus hervor. Obgleich seinem ganzen Zuschnitt und, ich darf
sagen, seiner eigenen Prätension nach ein System der Medicin,
worin die Chirurgie offenbar nur darum so sehr vorwaltet, weil sie
dem Hindu als vornehmster Theil derselben galt, ist das Werk doch
in der That nichts weniger als systematisch, ja überhaupt kaum
wissenschaftlich zu nennen. Eine Masse wahrhafter Kenntnisse,
die eine durch Jahrhunderte fortgesetzte ärztliche Beobachtung voraussetzen,
sind mit einer etwa gleichen Masse der abenteuerlichsten
Einbildungen, denen die Gestalt höchster Präcision angedichtet
ist, zusammengeknetet, und aus der Gesammtmasse sind Glaubenssätze
wie Kügelchen eines Rosenkranzes gedreht und aufgereihet,
die sich dem Gedächtnisse des Schülers einprägen sollen.
Zu dem Zweck sind offenbar auch die der prosaischen Darstellung
untermischten Verse bestimmt und wohl geeignet.
Näher geht uns schon die N a t u r p h i l o s o p h i e an, die vornehmlich
im dritten Buche, der Somatologie, hervortritt. Als Probe
derselben hebe ich die Ableitung der vier und zwanzig Naturprincipien
aus. Die ursachlose Ursache alles Erschaffenen ist Brahma
der Unsichtbare. Aus ihm entsteht das grosse Princip, Mahän,
und dessen Object, L inga . Aus diesem Object des grossen Princips
entsteht ferner dessen Object Ahankara, der sich selbst
Machende. Derselbe ist dreifach, umformend, erleuchtend,
E l e m e n t e schaffend. Aus dem umformenden in Verbindung
mit dem erleuchtenden Ahankara entstehen dessen Zeichen, die
ölf Sinnesinstrumente, das Ohr die H a u t das Auge die Zunge
die Na s e , sodann die St imme das V e r d a u e n die Zeugungs -
g l i e d e r die Secretionsorgane die Eüsse, dazu die Eins
i c h t . Die fünf ersten sind Empfindungswerkzeuge, die fünf andern
Thätigkeitswerkzeuge, beide beseelt die Einsicht. Ferner entstehen
aus dem Elemente schaffenden in Verbindung mit dem erleuchtenden
Ahankara dessen Zeichen, die fünf P r i n c i p i e n des
1) Häser, Lehrbuch der Geschichte der Medicin, zweite Aufl., S, 3 — 17.
B u c h IX. Kap. 1. §. 4.
T o n s der B e rührung der Gestal t des Geschmacks
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des
G e r u c h l Die Objecte derselben sind der Ton die Berührung
die G e s t a l t der Geschmack der Geruch. Aus diesen entstehen
die fünf Elemente, A et h e r Luft Feuer Wasser und
E r d e . Damit sind die vier und zwanzig Naturprincipien erklärt.
Ferner sind die Objecte der Empfindungswerkzeuge der Ton die
B e r ü h r u n g u. s. w. (wie zuvor). Die Objecte der Thätigkeitswerkzeuge
sind die S p r a c h e das E s s e n die Z e u g u n g die Sec
r e t i o n der Gang. Der unsichtbare Brahma, das grosse Princip
Mahán, der sich selbst machende A h a n k a r a und die fünf
P r i n c i p i e n der Elemente, das sind die acht Naturrevol
u t i o n e n ; die s e c h z e h n ü b r i g e n (die fünf Empfindungs- und
fünf Thätigkeitswerkzeuge, die fünf Elemente und die Einsicht)
sind Umwande lungen. Eines jeden derselben eigenes Object ist
das höchste Wesen, das durch sich selbst Seiende, der oberste
Geist, der oberste Gott, u. s. w. — Das wird genügen, und
mahnte wohl gar schon manchen meiner Leser ans Hexen-Einmaleins,
womit es auch die Aehnlichkeit hat, noch lange in demselben
Ton fortzufahren, und das Spiel mit positiven Zahlen immer
weiter zu treiben, zumeist an solchen Dingen, die sicher niemand
nachzählt.
Eeichere Ausbeute erwartet beim ersten Durchblättern vielleicht
ein jeder für N a t u r g e s c h i c h t e ; denn überraschend gross ist die
Menge der Heil- Nahrungsmittel und Gifte, die uns, wo wir nur
aufschlagen, entgegentritt. Auch auf C l a s s i f i c a t ione n stossen
wir wieder mit so detaillirt angegebenen Zahlen, als hätte der
Schreiber gefürchtet, es könnte sonst einmal ein heiliges Glied abhanden
kommen, oder ein unbefugtes sich einschleichen. Nach
den Gründen der Eintheilung, so wie nach der Berechtigung jedes
Gliedes zu der ihm angewiesenen Stelle fragt man jedoch umsonst.
Die Gifte z. B. werden eingetheilt (II, pag. 211) in ständige und
bewegliche. Jenes sind die vegetabilischen und mineralischen, dieses
die animalischen. Erstere werden weiter eingetheilt in Wurzel
Blatt Frucht Blume Rinde Harz (lac) Saft Extract Metall und Zwiebel.
Der giftigen Wurzeln sind 8, der Blätter 5 u. s. w., der stän-
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