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B u c h XI. Kap. 2. §. 55.
deshalb nicht sein, weil er so manche erst spät von den Arabern
zu den Griechen übergegangene Heilmittel und Heilmethoden hat,
die ausser bei ihm nur noch bei Myrepsos vorkommen, und wunderbarer
Weise zum Theil von Freind selbst als neu bei ihm bezeichnet
werden. Dahin gehören unterandern die in des Ruellius
Uebersetzung ausgelassenen, in der des Mathisius pag. 218 und
219 vorkommenden milderen Abführungsmittel, die zwei Arten der
M y r o b a l a n e , welche die Araber stets unterschieden, die gelbe
und die kabul i sche (cepule) oder schwarze, von Terminalia
c i t r ina und Chebula, Sene, die Hülsen der Cas s i a Senna
u. s. w. Standen aber Nikolaos Myrepsos und Joannes Aktuarios
überhaupt nicht weit aus einander, so kann ihre Denk- und Schreibart
um so weniger entscheiden, wer älter, wer jünger war. Stossen
wir uns also nicht daran, dass Joannes Aktuarius der griechischen
Aerzte letzter ist. Wünschen wir vielmehr einem Volke Glück,
das hart an der Schwelle seines Unterganges noch einen solchen
Mann erzeugen und ausbilden konnte.
Ich sollte jetzt diejenigen Pflanzen verzeichnen, die bei ISTikolaos
Myrepsos und Joannes Aktuarios im griechischen Arzneischatz
entweder zuerst oder wenigstens unter neuen Namen auftreten.
Bei Myrepsos Hesse sich das mit Hülfe des Commentars von Fuchs
zum Theil thun, wäre aber eine höchst langweilige und fast unfruchtbare
Arbeit; bei Aktuarius ist es unmöglich, da Euellius
selten, Mathisius noch seltener die griechischen Namen nennt. Sei
mir daher diese Lücke offen zu lassen, und endlich zu den Lateinern,
bei denen wir wenigstens einige frische Lebensregung finden
werden, über zu gehen erlaubt.
B u c h XL Kap. 3. §. 56. 391
Drittes Kapitel.
Die Lateiner von Kaiser Karl dem Grossen bis zum
Anfang der salernitanisclien Scliule.
§. 56.
E i n l e i t u n g .
Im Abendlande, das heisst in ganz West- und Mitteleuropa,
das maurische Spanien abgerechnet, von dem ich früher sprach,
und eben so einen Theil von Unteritalien, der unter griechischer
Herrschaft stand, hatte alle Geistesbildung um die Mitte des achten
Jahrhunderts den tiefsten Stand erreicht, als ihr am Ende dieses
Jahrhunderts mit Karl dem Grossen plötzlich ein neues Morgenroth
aufging. Eine ausführliche Schilderung jenes kläglichen Zustandes
und seiner raschen Umwandelung durch die starke Hand
eines Einzigen gehört nicht hierher. Nur den bescheidenen Gewinn,
der auch der Pflanzenkunde aus Karls Reformen zufloss,
habe ich nachzuweisen; und um für dessen Beurtheilung den rechten
Maassstab zu finden, sei mir einige marquante Züge aus der
kurz vorhergehenden Zeit beizubringen, einige allgemeine Gesichtspunkte
anzudeuten erlaubt.
Was ich so eben als Abendland bezeichnete, umfasste viele
Länder, von sehr verschiedenen Nationen bewohnt; was sie verknüpfte,
war die kathol ische Kirche unter der päbstlichen
Hierarchie und die allgemeine Sprache des Gottesdienstes in
dieser Kirche, die lateini sche. Schon früher unter römischer
Herrschaft hatte die lateinische Sprache, als die der Verwaltung
und des geschriebenen Rechts, in Spanien Frankreich und Grossbritannien
tiefe Wurzel gefasst; um so leichter konnte sie sich nach
Auflösung dieses Bandes als allgemeine Kirchensprache erhalten,
zumal da sich die Kunst des Lesens und Schreibens oder gar der
Grammatik in dieser Zeit fast gänzlich auf Priester und Mönche
beschränkte, und die wenigen noch übrig gebliebenen Schulen ent-
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