-i I
4
VI
: 1
iIfi 'I'l iii
1
4 Bu c h IX. Kap. 1. §. 2.
g r o s s e s Werk, Als aber Indra die Erde durch eine Pest verwüstet
sah, trug er dem Dhanvant a r i , dem Gott der Medicin
selbst, auf: „Sei du König und Herr von Kasi (Benares)^M Er
gehorchte, und sein Name auf der Erde war Divodä s a . Auch
er schr ieb ein medi c i n i s c h es Buch, und ertheilte Unterricht
in der Medicin. Zu ihm sandte König Visvamithra seinen
Sohn Susruta nebst hundert andern Söhnen heiliger Männer.
Sie fanden ihn in der Waldeinsamkeit, baten ihn, dass er sie den
Ayurveda lehre, wurden erhört und kehrten darauf in ihre Heimath
zurück. Nach diesem verfasste Susruta abermals ein med
i c i n i s c h e s Buch. — Das ist indische Geschichte der Medicin.
Wo sie nach unsern Vorstellungen anfangen sollte, da bricht sie
ab, bei ihrem Uebergange von den Göttern zu den Menschen.
Lassen bediente sich, um das Alter der indischen Medicin
überhaupt historisch zu beglaubigen, auswärtiger Zeugnisse. „Dass
die Inder, sagt er, zur Zeit Alexanders des Grossen Aerzte besassen,
welche in hoher Achtung standen, weil sie nach den Vänaprastha,
den brahmanischen Einsiedlern, geehrt wurden, steht
durch Megasthenes Zeugniss fest, und Theophrastos erwähnt eines
Inders, den er selbst gesehen hatte, als des Besitzers sehr wirksamer
Heilmittel 2). Es darf daher nicht bezweifelt werden, dass
schon zu dieser Zeit diese Wissenschaft bei den Indern entstanden
war. Die Natur bot ihnen einen reichen Schatz an Heilmitteln
besonders aus dem Pflanzenreiche dar, und der für die Schönheit
der Natur so empfängliche und auf ihre Gaben so aufmerksame
Sinn, von dem sie in der altern Zeit beseelt waren, wird sie früh
dahin geführt haben, die Wirkungen der Heilmittel zu erkennen
und zur Heilung der Krankheiten zu benutzen. Schon in dem
Gesetzbuche und den epischen Gedichten erscheint der Gott der
Heilkunst, der mit einem Kruge, in welchem Amrita (Ambrosia)
1) Lassen, indische Altei-thumskunde- II, S. 511.
2) Megasthenis Indica von E. A. Schwanheck pag. 139 (Straho XV,
cap. 1, sect. 60, pag. 713, edit. Casauhoni), und Theo phrasti hist. plaiUar. IX,
cap. 18, sect. 9.
B u c h IX. Kap. 1. §. 3. 5
enthalten war, gedacht wwde," — Dem Zeugnisse des Megasthenes
lässt sich das noch etwas ältere des Nearchos ^ hinzufügen,
welcher erzählt, Alexandros hätte die geschicktesten indischen
Aerzte im Lager bei sich gehabt, vorzüglich zur Heilung des Bisses
öff iftifof er Schlanog en^, doch hätten sie auch andere Krankheiten
geheilt. Das Zeugniss des Theophrastos muss ich dagegen ablehnen.
Nicht aus eigener Bekanntschaft, sondern von Hörensagen
erzählt er, ein gewisser Inder sollte ein fabelhaft wirksames Aphrodisiakon
besessen haben, dessen Kraft, w e n n die S a che wahr
sei, alles sonst bekannte überstiege. Viel folgt indess aus all diesen
Zeugnissen nicht. Welches Volk wäre so roh^ dass es nicht
Männer oder Frauen unter sich zählte, die wenigstens in dem Rufe
standen, gewisse Krankheiten heilen zu können? Ob die Medicin
bei den Indern zu Alexandros Zeiten bereits als Wissenschaft
existirte und, worauf es grade uns ankommt, ob sich sogar schon
eine wissenschaf t l iche Pflanzenkunde mit ihr verbunden
latte, darüber können uns nur die noch vorhandenen medicinischen
Werke der Sanskritliteratur belehren, vorausgesetzt, dass sie bis
in so frühe Zeit hinaufreichen. Die Frage nach ihrem Inhalt und
Alter tritt uns also zunächst entgegen.
§. 3.
S u s r u t a oder der Ayurveda des Susruta, seine Zeit
u n d sein Verfasser.
Erst ein einziges unter den vielen noch vorhandenen Sanskritwerken
über die Medicin ward bis jetzt im Original gedruckt, und
vor kurzem auch unter folgendem Titel ins Lateinische übersetzt,
S u s r u t a s . Ayurvedas. Id est medicinae systema a venerabili
D'hanvantar e demonstratum, a Sus rut a discipulo
compositum. Nunc primum ex Sanskrita in Latinum sermonem
vertit etc. Fr. He s s ler , Erlangae 1844. — Tom>
1847. — Tom. III, 1850. - Dazu gehört:
F r . Hessler commentarii et annotationes in Su^rutae ayurvedam.
Fascic. I, ibidem 1852. — Beides in Lexikonformat,
1) Nearclms apud Arrianum^ Indic, cap, 15.