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446 Buch XI. Kap. 4. §.64.
wachen sollten ihm unter vielen Schmerzen, aber zum letzten mal
drei Steine mit dem Harn abgehen, und damit würde er geheilt
sein. Das wäre denn auch genau eingetroffen. Wo bleibt nun
die Operation, die man so oft und lange auf Rechnung der chirurgischen
Geschicklichkeit der Mönche setzte? Ja wo bleibt überhaupt
das Wunder? Wie es der Pabst erzählt, so ist es eine der
Hauptsache nach historisch durchaus glaubwürdige Thatsache,
wobei nur zu fürchten ist, dass sich die sogenannten Griesabgänge
doch wohl öfter wiederholt haben werden. Dass sich nicht jede
Wunderkur des heiligen Benedict so auflösen lässt, wie diese, liegt
in^ der Natur der Sache; doch uns vor übereilten Schlüssen aus
seinen Wunderkuren überhaupt zu warnen, genügt diese Eine
Auflösung.
Die urkundlich festgestellte Existenz des zum Kloster gehörigen
mit Bädern versehenen K r a n k e n h a u s e s machte erst Häseri)
geltend als Beweis für die Blüthe der Medicin zu Monte Cassino.
Renzi2) begnügte sich mit der allgemeinen Versicherung, Hospitäler
hätten sich bei allen Kathedralen befunden, ohne dasjenige
unsres Klosters besonders auszuzeichnen. Prüfen wir zunächst
den Inhalt der drei Urkunden bei Tosti^), auf die sich Häser
stützt. Im Jahre 1147 bestätigt König Roger von Sicilien dem
Abt Rainaldus von Cassino die Besitzthümer des klösterlichen
X e n o d o c h i u m s , und nennt diese Anstalt „unicum egenorum solatium,
peregrinorum et necessitatem habentium portum". In einer
andern Urkunde ohne Datum bestätigt Pabst Lucius (III, regierte
1181-1185) dem Abt Petrus (II) von Monte Cassino (regierte
1174—1186, und nochmals 1209—1211) den Besitz gewisser Güter,
deren Ertrag schon zur Zeit des Abtes Richerius (regierte 1038-^
1058) für das Inf i rm arium bestimmt waren. In der dritten Urkunde
von 1215 schärft der Pabst dem Kloster die alte Disciplin
ein, und eifert gegen eingerissene Missbräuche. Dabei wird unter
1) Häser, Lehrbuch u. s. w. Seite 278 und 279 Anmerkung 6.
2) Renzi collectio salernitana 1 pag. 49 und mehrere Stellen.
3) Tosti I. c. II pag. 193, 209, 289.
Buch XL Kap. 4. §. 64. 447
andern klösterlichen Beamten auch des Infirmarius und des
H o s p i t a l a r i u s gedacht, auf welche Benennungen Häser besondres
Gewicht legt. Von Bädern steht in den drei Urkunden nichts,
und auch da, wo Tosti^) von den durch Desiderius ausgeführten
Bauten spricht, gedenkt er zwar eines neuen Hospitals am Fuss
des Berges, worauf das Kloster liegt, doch nicht der Bäder. Dergleichen
sind und waren indess in Unteritalien etwas so gewöhnliches,
dass sie unmöglich als ein besonderer Vorzug eines besondern
Hospitals betrachtet werden können. Es fragt sich also nur:
was bedeutete bei den Klöstern jener Zeit ein Inf i rm a r i um oder
I n f i r m i t o r ium? und was ein Xenodochium oder Hospit
a l ? Dem Wortsinne nach ist jenes ein Haus für Schwache und
Gebrechliche, also eine Verpf legungsans tal t , dieses ein Haus
für Gäste, also eine Herberge. Eine Heilanstalt unter ärztlicher
Leitung war ursprünglich keins von beiden. Das Infirm
a r i um diente solchen Brüdern des eignen Klosters zum Aufenthalt
und zur bessern Pflege, die wegen Schwächlichkeit von der
strengen Disciplin des Ordens, den Fasten Vigilien und körperlichen
Arbeiten dispensirt waren. Auf eine solche Verpflegungsanstalt
bezieht sich die von Häser nicht citirte Urkunde bei Tosti 2)
vom Jahr 951, worin Abt Aligernus von Monte Cassino „den vielen
greisen und schwachen Mönchen seines Klosters, die mit ihren
Händen nicht arbeiten konnten", die aber in einem besondern
Kloster wohnten, einen gewissen Hof nebst allem Zubehör auf
ewige Zeiten verschreibt. Der Inf i rma r ius war der Vorgesetzte
einer solchen Anstalt. Zur Zeit der Urkunde von 1215 sollte er
noch einen ehrsamen Mönch oder Laien unter sich haben, „ qui,
assiduam in infirmitorio faciens residentiam, die ac nocte infirmorum
singulorum et omnium curam gerat"; also einen Krankenw
ä r t e r . Von einem Arzt ist dabei keine Rede. Gleich darauf
folgen die Worte: „Hospitale quoque taliter reformetur,
ut infirmi et pauperes confugientes ad illud solatia ibi perci-
J ) Tosti l, c. I pag. 341 sq.
2) Ibidem Ipag. 229.
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