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6 B u c h IX. Kap. 1. §. 3.
S u s r u t i i ist zweierlei, des Werkes Titel, und seines Verfassers
angeblicher Name, dem wir, gleich dem seines göttlichen
Lehrers Dhanvanlari schon in der Sage begegneten. Genau lässt
sich des Werkes Alter bis jetzt durchaus nicht bestimmen; um
mehr als zwei tausend Jahr gehen die Meinungen der Gelehrten
darüber aus einander; diesen übermässig grossen Spielraum etwas
zu verengern, mehr ist uns nicht vergönnt.
Der erste, der sich gründlich mit der Frage nach dem AU er
des Werks beschäftigte, war Wi l s o n , selbst Arzt, und früher
Präsident der medicinischen Gesellschaft in Calcutta, jetzt Professor
des Sanskrit an der Universität zu Oxford, und einer der
vorzügHchsten Kenner des indischen Alterthums. Auf ihn berufen
sich fast all seine Nachfolger, selbst die, welche ihm aus Missverständniss,
ohne es zu ahnen, widersprechen. Im Original ward
seine unsern Gegenstand betreffende Arbeit in Deutschland leider
wenig, vielleicht gar nicht bekannt; Auszüge daraus lieferte Royle
in einer kleinen sehr gehaltreichen Schrift, die unter folgendem
Titel ins Deutsche übersetzt ward:
J . F. Royle, Versuch über das Alterthum der indischen Medicin
u. s. w. Aus dem Englischen übertragen von J. Wall
a c h . Mit einer Einleitung und Zusätzen versehen von C.
F . Heus inger . Quedlinburg und Leipzig (1839). Neue
Ausgabe 1846. 8.
Hiernach steht das Original anonym im Oriental Magazine, Calcutta,
February and March 1823. Nachdem Wilson von der Sage
gesprochen, sagt er über das dem Susruta zugeschriebene Werk:
^Es ist ohne Zweifel von hohem Alter, aber es ist nicht leicht
über sein wirkliches Datum eine Vermuthung zu stellen ausser
der, dass es n icht das ungeheur e Al ter haben kann, welches
die hindusche Fabel ihm beilegt; es genügt zu wissen, dass
es vielleicht das älteste Werk über den Gegenstand
i s t , mit Ausnahme dessen von Charaka, welches die Hindu's
besitzen. Ein Commentar zu dem Text von U b h a t t a aus
1) Ro^le S. 54 ff.
B u c h IX. Kap. 1. §. 3. 7
Cashmir ist wahrscheinlich aus dem XII. oder XIII. Jahrhundert,
und seiner Auslegung ging, wie man glaubt, die Anderer vorher,
u s w." _ Etwas weiter hin i) sagt Royle, offenbar in Bezug
auf dieselbe Abhandlung: „Das einzige unmittelbare Zeugniss,
welches wir über die Zeitbestimmung der Werke von Charaka und
Susruta besitzen, ist das des Professor Wilson, welcher angiebt,
d a s s nach ihrer E rwä h n u n g in den P u r a n a s das neunte
o d e r zehnte Jahrhundert die weiteste Grenze für unsere
Vermuthung jetzt sei, während die Schreibart der Auetoren nicht
nur, sondern auch der Umstand, dass sie die Heroen der Fabel
wurden, ein viel älteres Zeitalter verrathen." — Um diese Bemerkung
vollständig zu verstehen, muss man Avissen, dass grade „Wilson
es ist, welcher durch seine umfassenden und ^riirid
schungen nachgewiesen hat, dass die Abfassung der meisten Puränas
in das XI. und XII. Jahrhundert nach Christi Geburt
gesetzt werden muss, und der, wo alle Anknüpfungspunkte fehlen,
wie beim Märkandeya Puräna, sagt, man könne dasselbe vermuthungsweise
in das IX. oder X. Jahrhundert nach Christus
setzen 2)." Es leidet also nicht den mindesten Zweifel, dass Wilson
bei Susruta's Alter von Jahrhunderten nach Christi Geb
u r t spricht, und es ist schwer zu begreifen, wie drei deutsche
Gelehrte, darunter zwei Sanskritisten, indem sie sich auf seine
Auctorität berufen, das Werk des Susruta um tausend Jahr vor
C h r i s t i Geburt zurücksetzen konnten. Einem derselben trat
S t e n z 1er 3) mit schlagenden Gründen entgegen, und kam, ohne
Wilson's Arbeit zu kennen, ungefähr zu demselben Resultat wie
dieser. Dass Susruta's Werk eher einige hundert Jahr nach, als
im zehnten Jahrhundert vor Christus geschrieben sei, daran, meint
er, könne niemand zweifeln, der die Sprache und die Metra einer
genauen Aufmerksamkeit würdige, und bedenke, dass die Inder
1) Royle S. 63.
2) Das sind Stenzler's Worte, aus der gleich näher zu bezeichnenden
Abhandlung, S. 448.
3) Janus, herausgegeben von Henscliel, J, (1846), S. 441 ff.