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6GG Bacìi XL Kap. 4 65.
im Gegelltheil, manches Bruchstück altgriechischer mid römischer
Literatur der Medicin mag grade durch sie sich erhalten haben;
sie selbst veranstaltete grosse Compilationen aus älteren Werken,
die wir, wenn ich zu Gariopontus komme, noch näher werden
kennen lernen ^ doch sicher nicht zu öffentlicher Bekanntmachung,
sondern zum geheimen Gebrauch der Gildenmeister. Daher die
sonst unbegreifliche Gewohnheit, schriftstellerische Arbeiten nicht
als Werke Einzelner, sondern der ganzen Gilde zu betrachten; so
z. B. das des Gariopontus, dessen ich schon erwähnte, und auf
das ich zurückkommen werde, oder aus späterer Zeit das bekannte
diätetische Gedicht, das mit den Worten anhebt:
Anglorum regi scribit tota schola Salerni.
In der Schlussschrift eines alten Codex dieses Gedichtes^)
heisst es zwar: ,,Expiicit tractatus, qui dicitur flores medicinae,
compilatus in studio Salerni a magistro J o a n n e deMediolano,
instructi medicinalis doctore egregio"; sie schreibt also einem Einzelnen
das Geschäft der Compilation zu, fügt aber gleich noch
'linzu: „compilationi hujus concordant omnes magistri hujus studii/^
Auch fürchte ich nicht zu irren, wenn ich zu den anonymen Producten
der salernitanischen Schule aus früherer Zeit zwei Werke
rechne, Avelche Simon Januensis in der Vorrede seiner Clavis sanationis
aufzählt und im Werke selbst öfter benutzte: das Ant
i d o t a r i u m universale, womit weder das des Constantinus,
noch das des Nicolaus Präpositus gemeint zu sein scheint, und
den von ihm sogenannten But an i cus. Dahernoch nach Cons
t a n t i n u s der nicht sogleich völlig verschwindende Unt ers
c l i i e d exoterischer und esoterischer Bücher der
S c i i u l e , den zuerst Henschel^), völlig frei von dem vorgefassten
Gedanken einer gildeiihaften Einrichtung der Schule, nicht
nur scharfsinnig herausfühlte, sondern auch an verschiedenen Büchern
seiner Breslauer Handschrift unverkennbar nachwies. An
Einem dieser Bücher, welches er in seiner angeführten Commenta-
1) Regimen sanitatis Salerni^ edid. Acker 7nann ^ pag, 41.
2) Ilenschei de praxi medica óalerytiiana pag. sqq.
Buch XL Kap. 4. §. 65.
tioii vollstimdig abdrucken liess, an dem Libei lus de adventu
medici ad aegrotum, spricht sich der esoterische Charakter
sogar handgreiflich aus, indem darin all die kleinen Charlatanerien,
wodurch sich der Arzt beim Kranken und dessen Angehörigen in
Ansehen setzen soll, förmiich docirt werden. Daher in noch späterer
Zeit, als sich bereits mehrere Städte, wie Montpellier und
Paris öffentlicher Lehranstalten der Medicin erfreuten, und der
geheimnissYolle Schleier der salernitanischen Schule längst zerrissen
war, der merkwürdige Eingang, womit einer ihrer Schüler,
Aegidius Conboliersis, seine metrische Exposition des salernitanischen
Antidotariums eröffnete 1):
Quae secreta diu noctis latuere sub umbra
Clausa, verecundi signo celata pudoris,
Gesta sub involucro mentis, clarescere quaerunt,
und so fort bis zum Schluss des Gedankens:
Mvsticus erumpit verborum vortice sensus.
Das ist, wie auch Henschel hervorhebt, mit Bezug auf die frühere
salernitanische Geheimlehre klar und sinnig, ohne die Beziehunoein
leerer Wortschwall.
Zum Schluss und nicht ganz zum Ueberfiuss, wie es auf den
ersten Blick vielleicht erscheint, noch einiges über das alte schon
im Vorbeigehen erwähnte'Schriftstück, welches Mazza einige mal
benutzte, und andre Gläubige nach ihm. Er nennt es die Chron
i k des salerni tanischen Lyceums, verfasst durch ßabbi
H e i i n US (Elias), den ersten, der die Medicin zu Salerno in
h e br ä is c h e r S p r ac h e lehrte. Dieser sogenannten Chronik zufolge
kam Sem, Noahs Sohn, nach ünteritalien, nannte das Land
Apulia, und gründete darin vier mit dem Buchstaben S anfangende
Städte, darunter Salerno. Weiterhin, im neunten Kapitel: „über
a: as. uralte salernitanische' Studium und. dessen hippokratisches
Collegium," sagt Mazza wöiflich also» „Cujus antiquissimi
S a l e r n i t a n i studii primaevi fundatores fuere Rabinus
E l i n u s lie b r a eus , qui primus-Salerni medicinam Hebraeis de
U Aegiii., Corbúl /. c. Uà. 7, ver,. <-dù. Vhe ulani pmj. 49.
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