232 B u c h X. ICap. 4. §. 31.
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Hälfte animalische und mineralogische Substanzen oder Producte
von Pflanzen, die ausserdem noch vorkommen, wie Wein Oel
Pech u. dgl., oder endlich Synonyme von Pflanzen betrefl'en. Von
den Pflanzen des Dioskorides fehlen wenige, von denen des Plinius,
die wir nicht völlig auf 1000 schätzen, sehr viele; und gleichwohl
finden wir bei Ibn Baithär ungefähr 1400 Pflanzen, von denen
er einen sehr grossen Theil ofl'enbar selbst kannte, gewiss ein ansehnlicher
Zuwachs in etwa 550 Jahren. Allein die volle Summe
der zu Ibn Baithar's Zeit bekannten Pflanzen steigt noch höher,
wenn wir die von ihm übergangenen, von dem Georgiker Ibn
A l a w w ä m fast um dieselbe Zeit erwähnten Pflanzen hinzurechnen.
Beschrieben fanden wir bei Plinius wenige Pflanzen ausser
denen, die schon bei Theophrastos oder Dioskorides vorkommen;
bei Ibn Baithär ist fast jede Pflanze beschrieben, ausgenommen
einige der allerbekanntesten und der gänzlich unbekannten,
deren Producte man durch den Handel aus fernen Ländern
bezog. Doch auch von Pflanzen der letzten Art wird oft berichtet,
was Kaufleute oder andere Reisende von ihnen erzählten. Sehr
ungleich an Werth sind die Beschreibungen allerdings. Nach
arabischer Sitte ergreift der Verfasser selbst nie das Wort, so lange
er es einem Vorfahren überlassen zu können glaubt. Sogar Beschreibungen,
die er für unrichtig hält, verwirft er nicht, wenn er
keine bessere kennt, sondern liefert sie wörtlich, und berichtigt sie
hinterdrein; oder er stellt, wo ihm eigene Anschauung fehlt, zwei
ja drei Beschreibungen verschiedener Schriftsteller zusammen. Daher
die Seltenheit seiner eigenen Beschreibungen, doch müssen wir
gestehen, dass er unter den vielen, die ihm ohne Zweifel zu Gebot
standen, meist gut zu wählen verstand, so wie dass die wenigen
eigenen Beschreibungen, die er giebt, zu den bessern gehören, wenn
gleich sie hinter denen des Abu H'anifadt des Algafaqi und Abul
Abbas zurückstehen. Aeusserst sorgfältig ist er in der Zusammenstellung
und Sichtung der Synonyme, ohne welchen Ballast die
specielle Botanik nun ein einmal nicht bestehen kann. Die meisten
Synonyme trägt er als besondere Artikel an rechter Stelle alphabetisch
ein, UQ^ y§rw^i§t auf die Pflanze, zu der sie gehören, was
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Dietz bei seiner geringen Kenntniss der Botanik höchlich tadelt,
ohne zu ahnen, welche Ungerechtigkeit er dadurch beging. Das
geoo-raphische Vorkommen der Pflanzen behandelt er eben so sorgfliltig
wie sein Vorgänger Abul Abbäs Annabati. Er geht sogar
noch weiter, wenn er von manchen Pflanzen ausdrücklich erklärt:
in Andalo^ wachsen sie nicht , ich fand sie nur in Syrien,"
u dgl. m. Der speciellen Standorte giebt er nicht weniger an als
jener dem er überhaupt besonders nachzueifern scheint.
Der pha rmakeut i s ch- the r apeut i s ch e Theil des Werks
hat wie ich nur im Vorbeigehen bemerke, ganz gleichen Zuschnitt.
Auch über alles, was dazu gehört, lässt der Verfasser Andre sprechen,
und ergreift das Wort nur, wenn es etwas zu berichtipn
giebt, oder die Andern sämmtlich schweigen, worüber ihn Dietz
noch bitterer verspottet, und ich mit ihm zu streiten mich nicht
berufen finde. ^^ , . ,
Noch weit umfassender als seine eigene Naturkenntniss und
medicinische Erfahrung ist aber seine naturwissenschaftliche und
medicinische Gelehrsamkeit. Leider citirt Ibn Baithär nach
Art der Araber sehr ungleich. Bald giebt er den vollen Namen
eines Schriftstellers und den Titel seines Werks dazu, bald nur
diesen oder nur jenen, oft nur einen Theil des vollständigen Namens,
und dann bald diesen bald jenen Theil. Daher es oft schwer,
zuweilen unmöglich ist zu erkennen, ob sich verschiedene Citate
auf verschiedene oder auf denselben Schriftsteller beziehen. Zähle
ich einfach die verschieden lautenden Citate, so finde ich deren
weit über 200; rechne ich alle diejenigen ab, die sich mit mehr
oder weniger Wahrscheinlichkeit mit andern zugleich auf dieselbe
Person beziehen, so behalte ich doch noch etwa 180 übrig. Und
viele dieser Schriftsteller, deren Werke uns nicht zu Gebot stehen,
lerne ich aus einer oft langen Reihe von Bruchstücken ihrer Werke
besser kennen, als aus den kurzen, mitunter nichtssagenden Biographien
und Bücherverzeichnissen arabischer Literarhistoriker.
Ungern enthalte ich mich der Mittheilung eines vollständigen Verzeichnisses
der citirten Schriften und Schriftsteller, doch stand dem,
abgesehen von dem Raum, den es einnehmen würde, manches entr