4:90 B u c h XI. Kap. 4. §. 67.
ersten Buchs de Dynamidiis bei Galenos beginnt nämlich mit den
Worten: „Verum haec est virtutis demonstratio omnium medicamentorum,
quae ad artis medicinae scientiam pertinet etc
I n principio ergo omnium elementorum vel humorum atque
urinarum sive pulsuum atque phlegmonarum fere composui confectionem
ad Glauconem conscriptam. In secundo tibi,
clarissime i) Paterniane, omnium pigmentorum intellectum et qualitatem
et defectum posui. Nunc vero dynamidiam eorum nominum
exponere institui, quae multis generibus et ex dissimilibus
rationibus constat etc." Damit, meint Renzi, hätte Gariopontus
selbst seinen Plan deutlich ausgesprochen. Sein erstes Buch sei
nicht mehr vorhanden, das de Simplicibus ad Paternianum bilde
das zweite, und mit den angeführten Worten schliesse sich das
dritte ohne Lücke genau an das zweite. Dagegen finde ich dreierlei
zu erinnern. Erstlich passt der Titel de Dynamidiis, den doch
das ganze Werk führen soll, nicht auf den hier angegebenen Inhalt
des zweiten Buchs de elementis, humoribus etc.; zweitens lässt
diese Eintheilung gar keinen Raum für die Bücher von den Nahrungsmitteln,
die doch Renzi selbst für einen integrirenden Theil
des Werks hält; und drittens hat Renzi die bedenklichen Worte
ad Glauconem conscriptam ganz übersehen, durch die sich der
Verfasser der Bücher ad Paternianum offenbar zugleich für den
Verfasser der bekannten Therapeutica ad Glauconem, das heisst
für Galenos ausgiebt. Sollen wir nun annehmen, Gariopontus hätte
das geschrieben? er hätte das Werk de Dynamidiis dem Galenos untergeschoben,
obgleich er es in seinem Passionarius als sein eigenes citirt
oder zu citiren scheint? Das würde Renzi selbst, der den Gariopontus
so hoch stellt, am wenigsten zugeben. Ausserdem weiss ich mir die
Sache nur so zu erklären. Wie Gariopontus seinen Passionarius aus
den Werken des Theodoras Priscianus und Anderer zusammengestoppelt,
ist bekannt. Auch das Werk de Dynamidiis trug er, wie
1) Man lese c a r i s s ime , denn im Buche de Simplicibus wird Paternianus
z>Yeimal cärissime und. frater carissime angeredet» Wenn aber ßenzi aus
diesen Anreden auf des Verfassers geistlichen Stand schliesst, so erinnere ich
dagegen an den so gewöhnlichen Ausdruck Fraternitas für Grilde
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wir sahen, zusammen aus Dioskorides, Plinius, Aetios^ Apulejus
Platonikus, aus einem vermuthlich dem Musa und —, setze ich
jetzt hinzu, aus einem dem Galenos untergeschobenen Werke ad
Paternianum, woraus er mindestens das ganze Buch de Simplicibus
und den Prolog eines andern Buchs seinem Werke gradezu
einverleibte, so dass er, wie beim Passionarius, im. Grunde wieder
nicht als Verfasser, sondern nur als ßedacteur des Werks zu betrachten
ist. Ich setze hierbei voraus, dass er wirklich einigen
Antheil an dem Werke hatte; als erwiesen kann ich indess selbst
das nicht einmal betrachten. Wir sahen, Avie gedankenlos das
Werk compilirt ist, indem lange Sätze, ja ein ganzes Buch anderer
Verfasser, in deren Prologen diese von sich selbst sprechen, so
abgeschrieben sind, als spräche der Redacteur darin in eigner Person.
Wie, wenn sich das beim eben so nur compilirten Passionarius
eben so verhielte? wenn alle die Stellen desselben, in denen
das Werk de Dynamidiis citirt wird, gar nicht Eigenthum des
Gariopontus, sondern eines ältern Schriftstellers wären? Die Möglichkeit
ist unbestreitbar. Man sieht, die Untersuchung über die
räthselhaften Werke des Gariopontus ist eingeleitet, allein noch
lange nicht geschlossen. Wir aber wollen diesen Zweifeln für jetzt
keinen Raum geben, Dass das Buch de Simplicibus, weil es ad
Paternianum gerichtet ist, älter als GariopoMus sei, haben wir
erkannt, wie viel älter, wissen wir nicht» Untersuchen wir jetzt
seinen botanischen Gehalt, darauf den der von Mai edirten Bücher
über die Nahrungsmittel^), mit Uebergehung alles Unerheblichen.
]) Die dem Galenos zugeschriebenen Dynamidia übergehe ich hier, weil
sie uns nichts Botanisches darbieten. Aus demselben Grunde schwieg ich
ganz von zwei andern dem Galenos untergeschobenen Büchern, die Renzi noch
obendrein als besondre Werke seinem Liebling vindicirt, das Buch de Ca--
tharticis (in der von mir benutzten Editio Juntarum tertia fol. 94 B), und die.
Medicinali s experimentati o (daselbst fol. 103 F.), In jenem liest man am
Ende des vorletzten Kapitels: sicut in dynamidiis continetur. Daraus folgt, dass
dies Werk dem Schreiber jenes bekannt, doch nicht, y^ie Renzi will, dass. es
von ihm verfasst war. Am wenigsten möchte ich es dem Verfasser, wer er
auch sei, zur Ehre rechnen, etwas so Unbedeutendes geschrieben zu haben.
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