48 Buch IX. Kap. 3. §. 9.
Literatur sollten sie ein Beweis ihres Alters sein? Unmöglich! Und
was berechtigt uns zu der Voraussetzung, die Nabathäer hätten
unter jenen Namen dieselben Personen verstanden, die das alte
Testament so nennt? Der arabische Uebersetzer der nabathäischen
Landwirthschaft zweifelte freilich nicht daran, und erwähnt ihrer
selten ohne den feierlichen Zusatz : g lor r e i che n Angedenkens.
Derselben Meinung war ein anderer arabischer Schriftsteller über
die Religion der Sabäer, woraus uns Maimonides einige Stellen
aufbewahrte, die Hottinger in seiner orientalischen Geschichtei) übersetzte.
Allein eben dieser Schriftsteller belehrt uns, dass den Nabathäern
ihr Adam keineswegs für den Stammvater aller Menschen
galt, sondern dass sie drei ihrer Schriftsteller für älter hielten als
ihn. Bei Hottinger heissen sie Jambuschar, Zegrit und
Roan. Die beiden ersten sind offenbar dieselben, die bei Ibn
Alawwäm Jambuschad und Szagrit (bei Quatremere Sagrit) heissen;
den dritten möchte ich für denjenigen halten, der bei Ibn
Alawwam Düna, bei Quatremere Dujabi heisst. Da fehlt aber
noch Kamasch-Nehri, der nach Quatremere selbst für den ältesten
aller nabathäischen Schriftsteller gehalten ward. Man sieht, dass
die Uebereinstimmung der Namen Adam Enoch und Noah mit
denen des alten Testaments eine zufällige sein muss, aus der sich
nichts folgern lässt. Wären diese Schriftsteller wirklich so alt,
wie uns Quatremere überreden will, hätte wirklich zu Babylon
lange vor dem sechsten vorchristlichen Jahrhundert eine reiche
hoch ausgebildete Literatur in nabathäischer Sprache existirt, wie
o'inffe es zu, dass Herodotos und sämmtliche Schriftsteller des alten O ö '
Testaments, denen doch Babylon bekannt genug war, nichts davon
wussten? Hoch ausgebildete weit verzweigte Wissenschaft einer
grossen Nation, zumal einer handeltreibenden, wie uns Quatremere
die der Nabathäer schildert, lässt sich nicht unter den Schefiel
stellen. Und welcher Art war diese Literatur! Zwar was uns
1) Hottinger liistoria Orientalis. Tiguri 1651, 4. pag. 169 sqq. Doch werden
die Nabathäer hier meist Sabäer genannt. Die zunächst in Betracht kommende
Stelle steht pag. 187.
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Hottinger i) nach Maimonides davon mittheilt, giebt uns keine hohe
Vorstellung; es ist eine Reihe von Büchern zauberhaften und astrologischen
Inhalts. Ganz anders die nabathäische Landwirthschaft
nach Quatremere. Da hören wir von einem philosophischen Werke,
dem des Dujabi, einem Lehrgedicht, dem des Szagrit, einem Commentar
dazu von Jambuschad, einem Werk über die Flora verschiedener
Länder, also einer Art Pflanzengeographie, von Adam.
Das alles scheint aber kein hohes Alter anzudeuten. Und nun gar
in jenem Gedicht der künstliche Doppelreim! Perser und Araber
späterer Zeit reimten, aramäische Völker, so viel ich von sachkundigen
Männern erfahren habe, niemals, weder Hebräer, noch selbst
der Syrer Ephraim aus dem vierten Jahrhundert unserer Zeitrechnung.
Wie war es möglich, dass Quatremere daran keinen Anstoss
nahm! Noch mehr: in einem Fragment bei Ibn Alawwam 2)
lehrt jener angeblich uralte Szagrit verschiedene Arten des Bodens
nach den Pflanzen, die ein jeder trägt, unterscheiden; Eine Art
erkennt man an deijenigen Zwiebel, welche die Griechen
A s c h k i l a , offenbar Scilla, nennen. Susad, ein in der nabathäischen
Landwirthschaft oft citirter, von Quatremere übergangener
Schriftsteller, spricht vom Hanf, und fügt hinzu 3), den Samen
desselben nenne man chinesisch es Korn.
So viel zur Schätzung des Alters der Schriftsteller,
welche Qütsämi in seiner nabathäischen Landwirthschaft anführt;
s e i n eigenes Al ter hoffe ich mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit
noch etwas näher bestimmen zu können. Bei ihm finden sich besonders
häufig persische Pflanzennamen, die sein Uebersetzer
durch arabische erläutert. Den Persern scheinen demnach die
Nabathäer wenigstens einen beträchtlichen Theil ihrer Pflanzenkunde
zu verdanken. Vom Lein sagt Qütsämi^), da er eine kopt
i s c h e Pflanze sei, so verlange er einen dem ägyptischen ähn-
1) Hottinger I. c. pag, 176.
2) Ibn Alaww am I, pag. 60.
3) Ibidem II, pag. 117.
4) II id em I I , pag. 111.
M e y e r , Gesch. d. Botanik. III.