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 16  Buch  IX.  Kap.  1.  §.  4.  
 digen  Gifte  überhaupt  55.  Unter  den  beweglichen,  zu  denen  auch  
 die  reissenden  Bestien  gezählt  werden,  machen  sich  die  Schlangen  
 am  breitesten  (pag.  222  sqq.).  Fussfällig  wie  gewöhnlich  flehet  
 Susruta  um  deren  Zahl,  Eintheilung  u.  s.  w. —  „Sie  sind  unzählbar,  
 antwortet  Dhanvantari.  Vasukis  (der  brillantene)  wird  der  oberste  
 König  (der  Schlangen)  genannt.  Dann  Takshakas  (der  Zerreisser)  
 und  die  übrigen  die  Erde  stützenden  Herrscherschlangen,  wie  
 Opferflamme  glänzend,  stets  zischend  wässernd  wärmend.  Stützen  
 dieser  Erde  mit  dem  Okean  den  Bergen  und  Inseln,  die,  wenn  
 sie  zürnen,  mit  Anhauch  und  Anblick  die  ganze  Welt  zu  tödten  
 vermögen.  Diesen  sei  Preis!  Die  Therapie  hat  nichts  mit  ihnen  
 zu  schaffen.  Aber  die  Erdschlangen  mit  vorstehenden  Giftzähnen,  
 welche  die  Menschen  beissen,  deren  Zahl  will  ich  genau  angeben  
 nach  der  Ordnung.  Achtzig  Schlangen  werden  fünffach  vertheilt  
 in  Kammschlangen  Scheibenschlangen  gestreifte  giftlose  und  Bastardschlangen. 
   Wiederum  werden  dreierlei  Bastarde  unterschieden, 
  Kammbastarde  Scheibenbastarde  und  gestreifte Bastarde  u. s. w."  
 Die  Pflanzen,  eigentlich  die  Arzneimittel,  die  aber  bis  auf  
 sehr  wenig  Ausnahmen  aus  Pflanzen  bestehen,  werden  in  38  Klassen  
 eingetheilt  (I,  pag.  90  sqq.)  nach  den  verschiedenen  Krankheiten  
 und  krankhaften  Zuständen,  wogegen  sie  helfen  sollen.  Da  
 fehlt  also  jedes  Merkmal,  woraus  wir  die  besondern  Pflanzen  wieder  
 zu  erkennen  hoffen  dürften.  Später  (pag.  105),  nachdem  sechs  
 Arten  des  Geschmacks,  der  süsse  saure  salzige  scharfe  bittere  und  
 zusammenziehende,  unterschieden  sind,  werden  auch  einige,  doch  
 verhältnissmässig  wenige  Arzneimittel  nach  ihrem  Geschmack  geordnet. 
   Die  übrigen  sollen  einen  zusammengesetzten  Geschmack  
 besitzen,  nämlich  15  einen  doppelten,  20  einen  dreifachen,  15  einen  
 vierfachen,  6  einen  fünffachen,  und  1  gar  einen  sechsfachen.  Diese  
 Lehre  wird  (pag.  131  sqq.)  sehr  umständlich  auf  die  Nahrungsmittel, 
   besonders  Getreide  Obst  Gemüse  und  Wurzeln  angewandt,  
 in  Verbindung  mit  den  Krankheitszuständen,  oder  Leibesconstitutionen, 
   bei  deinen  sie  zuträghch  sein  sollen.  Ob  sich  jedoch  unter  
 den  600 — 700  Pflanzen,  deren  Namen  das  Werk  enthält,  auch  nur  
 eine  einzige  nach  dergleichen  gelegentlich  berührten  Merkmalen  
 B u c h  IX.  Kap.  1.  §.  4.  17  
 mit  einiger  Zuverlässigkeit  errathen  Hesse,  bezweifle  ich,  und  dass  
 es  in  andern  Sanskritwerken  wirkliche  Pflanzenbeschreibungen  gäbe,  
 davon  ist  nichts  bekannt.  Nur  in  der  Etymologie  der  Namen  
 spricht  sicli  oft  noch  ein  hervorstehendes  Merkmal  aus.  Die  Deu==  
 iuno-  der  meisten  beruht  aber  lediglich  auf  der  Auctorität  späterer  
 Commentatoren  und Lexikographen,  und  zuletzt  auf  der  gegenwärtigen  
 Bedeutung  der  angeblich  entsprechenden  Namen  in  den  noch  
 lebenden  indischen  Sprachen,  also  auf  einer  durch  lange  Jahrhunderte  
 fortgepflanzten  mündlichen  Ueberlieferung.  Daraus  begreift  
 sich  leicht  ihre  Unsicherheit.  In  dem  dankenswerthen  Index  Sanskrito  
 - latinus  plantarum  arborumque,  den  Hessler  am  Schluss  des  
 dritten  Bandes  seiner  Uebersetzung  beigegeben,  führt  daher  dieselbe  
 Pflanze  nach  der  Deutung  Verschiedener  oft  sehr  verschiedene  
 Namen;  bei  Anantä  stehen  deren  sogar  neun:  Panicum  Dactylon,  
 Ao-rostis  hnearis,  tiedysarum  Alhagi,  Echites  frutescens,  Asclepias  
 psradosarsa,  Terminalia  citrina, Phyllanthus  Emblica,  Menispermum  
 glabrum  und  Piper  longum.  Noch  unsicherer  machen  uns  die  zahlreichen  
 Sanskritsynonyme  mancher  Pflanzen,  worüber  schon  Ains- 
 He  in  seiner  Materia  Indica  klagt.  Cassia  Fistula  z.  B.  und  eben  
 so  Calotropis  gigantea  kommen  in  Hesslers  Verzeichniss  jede  unter  
 zehn  verschiedenen  Namen  vor.  
 Grosses  Gewicht  legt  Royle  auf  die  Thatsache,  dass  Theophrastos  
 und  sogar  Hippokrates  schon  indische  Pflanzen  und  ArzneistofFe  
 kennen,  während  sich  umgekehrt  im  ganzen  Arzneivorrath  
 der  alten  Hindus  mit  Sicherheit  nur  eine  einzige  fremde  Arznei, 
   nämlich  die  in  Persien  einheimische  Asa  foetida,  erkennen  
 lässt.  Man  kann  das  weiter  ausdehnen  :  während  die  Griechen,  
 trotz  ihrer  Verachtung  der  Barbaren,  von  Indien  so  vieles  zu  
 erzählen  wissen,  reicht  die  Kenntniss  der  alten  Hindus  kaum  bis  
 zu  ihren  nächsten  Grenznachbaren.  Alle  diejenigen,  welche  des  
 Susruta  hohes  Alterthum  bekämpften,  sprachen  die  Meinung  aus,  
 es  würde  sie  nicht  überraschen,  wenn  sich  bei  näherer  Untersuchung  
 seines  Inhalts  griechische  Elemente  darin  zu  erkennen  gäben;  nicht  
 der  leiseste  Zug  bestätigte  bisher  diese  Vermuthung.  Und  auch  
 in  andern  Fächern,  die  Astronomie  der  spätem  Zeit  ausgenommen,  
 Meyer,  Gesch.  d=  Botanik.  III,  2  
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