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B u c h IX. Kap. 2. §. 5. B u c h IX. Kap. 2. §.6. 31
enthauptet durch Schiipur 11. im Jahr 366 '), hatte nämlich zu Lapeta
oder Beth-Lapat (nach K. R i t t e r d e r syrische Name für
Ahwaz der Perser) ein Kloster und eine Schule errichtet; später,
wir wissen nicht wann, ward diese Schule zugleich mit dem Sitz
eines Metropoliten von dort nach Gondischapur verlegt ^ j. Es
muss das aber spätestens vor 523 geschehen sein, denn aus dieser
Zeit kennen wir bereits einen Metropoliten Jakob von Gondischapur.
Gegen den Einsprach mehrerer Metropoliten, zu denen auch
er gehörte, waren in jenem Jahr zwei verschiedene Patriarchen von
zwei Parteien einander gegenüber gestellt. Den Einen, Narsi
oder Narses, begünstigte Joz a ch, Bischof der Huziten, (der Bewohner
von Khuzistän), der als geschickter Arzt die Gemalin
des Königs Kovad von einer gefährlichen Krankheit geheilt hatte;
den andern, El-Ischa oder Elisäus, unterstützte Bi rva oder
Beroes, des Königs Leibarzt , und der König selbst war ihm
w e g e n seiner eigenen medicinischen Erfahrenheit geneigt
So haben wir denn die Uebersiedelung tler Schule von
Lapeta nach Gondischapur zwischen die Jahre 366 oder kurz zuvor
und 523 beschränkt, und es ergiebt sich daraus, dass Amru's
früher mitgetheilte Erzählung, wodurch das Alter der Schule auf
den Bischof Papa und die Zeit Schapur's. I zurückgeführt werden
sollte, wie auch Assemani meint, ins Gebiet jener Legenden gehört,
von denen ich so eben sprach. Mitten in jenen Zeitraum,
nämlich ins Jahr 489, fällt die Zerstörung der Schul e zu
E d e s s a , deren gelehrte Vorsteher sich, wie wir sahen, über ganz
Persien zerstreuten. Unwahrscheinlich ist daher die Vermuthung
wohl nicht, obo-leich sie immer nur Vermuthung bleiben Avird, dass
1) Assemani J, pacj. 193.
2) Ritter's vergleichende Erdkunde Bd, JX. S. 173 (wo jedoch die Quelle
der Angabe fehlt), und über Ahwäz, gleichfalls der Vaterstadt berühmter
Aerzte, daselbst S. 219 ff.
3) Amru apud Asseman. II, pay. 409.
4) Ausführlich erzählt die Geschichte dieses Schisma's Amr u bei Assemani
I I I , pars 7, pag. 166 sqq.
auch die Gründung der theologisch-medicinischen Schule zu Gondischapur
mit jenem Ereigniss zusammenhing.
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P e r s i e n unter Kesra Nuschirvan (532 — 579).
Eine kurze aber bemerkenswerthe Epoche in Persiens Culturgeschichte
bildet die Zeit des Königs Kesra I. Nuschirvan
(Chosroes der griechischen Historiker, regierte 532-579). Als
Eroberer dehnte er sein Reich vom Oxus bis Yemen, vom
Indus bis ans Mittelmeer aus; als Reformator der innern Verwaltung
dieses weiten Reichs erwarb er sich den Beinamen des Gerechten;
uns interessirt er als B e s chüt z e r der Wissenschaft.
Nach Indien sandte er, um indische Bücher zu bekommen, seinen
Leibarzt Burzwei h oder nach einer andern Aussprache Barzuj
e h , welchen Ibn Ali Oszaibiah i) für einen Christen zu halten
geneigt ist. Ausser andern Büchern brachte dieser eine Abschrift
der Fabeln des Bidpai, wie auch das Schachspiel von da zurück,
und übersetzte das genannte Werk ins Persische. Als denkenden
Gelehrten bewunderten ihren König die Perser selbst nicht nur,
sondern auch viele Griechen bildeten sich ein, er besässe den Piaton
und Aristoteles in persischer Uebersetzung, und wäre tiefer
in die Speculationen dieser Philosophen, als einst Demosthenes
in das Verständniss des Thukidides eingedrungen; was Agathias
mit Recht, doch aus dem eitlen Grunde bespöttelt, der König
wäre doch nur ein Barbar, und jene Meisterwerke in seine rohe
musenlose Sprache zu übersetzen wäre unmöglich 2). Doch wie
dem sei, völlig grundlos konnte der Ruf der Weisheit und Gerechtigkeit
Nuschirvan's, der sich über ganz Griechenland verbreitet
hatte, nicht sein. Zu ihm flüchteten die sieben Philosophen und
Mathematiker, die Justinianus von ihren öffentlichen Lehrstühlen
vertrieb, und deren Gehalte er, um Kirchen zu bauen, und das
1) Bei Wüstefeld a. a. 0. Seite 6.
2) Agathios IJ, cap. 28.
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