28 Buch IX. Kap. 2. §. 0. B u c h IX. Kap. 2. §. 5. 29
= j
Ich fasse jetzt die Ergebnisse dieser Aussagen zusammen.
Dass Schapur I. die Stadt Gondischapur gegründet,
lässt sich nicht mehr bezweifeln; darin stimmen alle Zeugnisse
überein, und wenn Amru etwas anderes zu sagen scheint, so beweisen
doch seine eigenen Worte, dass er nichts anderes gemeint
haben kann; denn in Fars lag keine Stadt namens Gondischapur;
dass Barhebräus sie dahin verlegt, ist eine Verwechselung, die hier
nicht weiter in Betracht kommt. Erbaut zu sein scheint die
Stadt aber nicht sofort nach des Valerianus Gefangennehmung,
und nicht zum Gedächtniss dieser Kriegsthat, wie Barhebräus in
Folge der erwähnten Verwechselung sich einbildete, sondern, wie
Amru sagt, erst nach der Plünderung Antiochias, die
wahrscheinlich im Jahr 262 erfolgte.
Daraus aber auf ein gleich hohes Al ter der medicinis
c h e n Schule zu Gondischapur zu schliessen, wie Joh.
Heinr. Schulz i) geneigt zu sein scheint, wage ich nicht. Von
ihr hören wir mit Bestimmtheit erst in viel späterer Zeit reden,
und wir wissen nicht, ob sie ein nationales Institut der Perser
war, oder ob h e i d n i s c h - g r i e c h i s c h e , oder chr i s t l i c h - syr
i s c h e A e r z t e sie gründeten. Ersteres anzunehmen, fehlt indess
jeder Grund. Das zweite scheinen Barhebräus und der unbekannte
Interpolator seiner Geschichte der Dynastien anzudeuten, indem
sie griechische Aerzte schon zur Zeit des Valerianus oder des
Aurelianus nach Gondischapur kommen, und durch sie von dort
aus die hippokratische Medicin sich verbreiten lassen. Von einer
medicinischen L e h r a n s t a l t daselbst spricht jedoch keiner von beischlr,
und schrieb D s ch o n d i - S c h a b ur. Er setzt irrig, wie wir jetzt wissen,
hinzu: „welches das Sus i ana der Alten ist." Dadurch Hess sich
C. F. Richter in seinem historisch-kritischen Versuch über die Ärsaciden- und
Sassaniden-Dynastie (Leipzig 1804) S, 167, verleiten von Susiana zu sagen,
was er hätte von Gondischapur sagen sollen. Auch begeht er das zweite
Versehen, die Worte, zu denen d'Herbelot ausdrücklich das Werk des Ommia
Jahia (dem Titel nach, doch ohne hier den Verfasser zu nennen) citirt, einem
ganz andern Schriftsteller, dem Khondemir, in den Mund zu legen, aus dem
sie d'Herbelot soll entlehnt haben.
1) An dem in der vorigen Anmerkung angeführten Ort.
den, Andere wissen von einer so frühen Einwanderung griechischer
Aerzte in Persien überhaupt nichts, und die ganze Geschichte hat
augenscheinlich das Ansehen einer zur Verherrlichung der späteren
Schule erfundenen Legende, an dergleichen nächst Indien kein Land
so reich ist wie Persien. Weit mehr Wahrscheinlichkeit hat die dritte
Hypothese, dass sich unter den gelehrten syrischen Nestorianern,
welche eine theologische Schule zu Gondischapur errichteten, auch
Aerzte befanden, die mit den theologischen zugleich medicinische
Studien verbanden. Ueberhaupt scheint medicinische Praxis eins
der Hauptmittel gewesen zu sein, wodurch sich die Nestorianer in
Persien Duldung, oft sogar die Gunst der Könige erwarben. Die
christliche Kirche zu Nischapur in der Provinz Khorasan unterandern
Hess König Schapur II. Dul-Ektav oder dessen Enkel König
Behram auf die Bitte des dortigen sehr geschickten Arztes
T h a j a d u r o s (Theodoros) erbauen i), und Beispiele von hohen
Geistlichen der orientalischen Kirche, die zugleich Aerzte
waren, von Aerzten, die auf die Besetzung hoher Kirchenämter
entscheidenden Einfluss ausübten, kommen häufig vor; einige derselben
werde ich gleich anzuführen Gelegenheit finden. In einem
freilich etwas späten Reglement für die Schulen der Nestorianer
vor Theodosios 2), erst Metropoliten von Gondischapur, seit 852
Patriarchen, wird der Gang der Studien genau vorgeschrieben, und
diejenigen, welche sich der Medicin widmen wollten, mussten sich
dazu durch bestimmte christlich asketische Uebungen vorbereiten.
Damals standen demnach die medicinischen und theologischen Studien
in den Schulen der Nestorianer überhaupt, nicht bloss zu
Gondischapur, in genauester Verbindung; sollte dieses Band nicht
ein ursprüngliches gewesen sein? Dies vorausgesetzt, war die med
i c i n i s c h e Schule zu G o n d i s c h a p ur grade so alt wie die
d o r t i g e Metropolitankirche. Der Archimandrit Bademus,
Ii?
1) Nach Ibn Ahi Ozxaihiah hQi Wüstefeld, Geschichte der arabischen
Aerzte und Naturforscher. Göttingen 1840, 8., Seite 6.
2) Ueber ihn sehe man Ässemani III, pars 1, pag. 509 sqq. Sein Reglement
daselbst pag. SU sqq. und pars II, pag. 9-iO sqq.
m
1iV Nil i t¡^ • = '-fiiA
f:: m
k-M
m