sich jetzt im Susruta die indische, in dem einzigen Ibn Baithár
die arabische Pflanzenkunde! Wer hatte von nabathäischer Landwirthschaft
und Naturanschauung vor Quatremere auch nur eine
Ahnung! Dass ich mich in diesen weiten und strichweise reichen
Gebieten zu lange herumgetummelt hätte, wird man schwerlich
tadeln; eine andre Frage ist freilich, mit welchem Erfolg ich es
gethan. Denn Oasen und Wüsten kreuzen sich wunderbar darin,
und manche Luftspiegelung neckt den Wanderer.
Auch die Forscher heimischer Alterthümer blieben hinter den
Orientalisten nicht zurück, und durften, so weit sie die Pflanzenkunde
berührten und mir bekannt und zugänglich waren, nicht
unbenutzt bleiben. Monte Cas^ino und die salernitanische Schule
der Medicin verlangten nach Renzi's umfassender Monographie
für sich allein schon eins der längsten Kapitel, das zwar noch
wenig sichtbare, aber die schlummernden Keime aller spätem Botanik
enthält. Gern hätte ich es knapper gefasst, allein je mehr
ich das von meinem würdigen Vorgänger mit unsäglicher Aufopferung
zusammengebrachte Material studirte, desto mehr sah ich
mich unwillkürlich von seinen K-esultaten entfernt und genöthigt,
gleich dem Schiffer an unsicherer Korallenküste, mit dem Senkblei
in der Hand ein neues Fahrwasser zu suchen.
Noch grössere Aufmerksamkeit war ich als Deutscher, deutschen
Lesern gegenüber, den botanischen Alterthümern unsres
Vaterlandes schuldig, namentlich Karls des Grossen berühmtem
Capitulare de villis, unsrer Hildegardis aber nach Sprengeis Verunglimpfung
eine Ehrenrettung. ' J a wäre ich vertrauter mit altdeutscher
Sprache und Literatur, ich hätte vielleicht noch manches
herbeiziehen sollen, unterandern die in Jakob Grimm's deutscher
Mythologie so trefflich erläuterten Pflanzen. Doch dazu wäre ein
Zurückgehen auf die mir theils unzugänglichen, theils nicht ganz
verständlichen Quellen jenes Werks unerlässlich gewesen: es ging
über meine Kräfte,
Nur zweierlei, worauf mich ein sinniger Freund des deutschen
Mittelalters kürzlich aufmerksam machte, will ich, da der Text
schon gedruckt ist, hier wenigstens kurz berühren. — Unter den
Berichtigungen und Zusätzen zum dritten Theil seines althochd
e u t s c h e n Sprachschatzes (1837) lieferte mein ehemaliger
Kollege Gr äff ein Verzeichniss von beinahe 500 altdeutschen
Pflanzennamen, die in seinem Werke zerstreut vorkommen. Hiätte
ich es früher gekannt, vielleicht hätte es mir bei Deutung solcher
Namen manches mühsame und oft fruchtlose Nachsuchen in so
vielen ungeordneten Glossarien erspart. Möge es nun meinen
Nachfolgern dazu dienen.
Derselbe Graff Hess im dritten Bande seiner Diut i ska eine
Bearbeitung der Genesis in deutschen Versen spätestens aus dem
XII. Jahrhundert abdrucken, worin unterandern auch der Paradiesgarten
beschrieben wird. Alle Bäume und Kräuter wuchsen
darin, durch Hitze oder Kälte oder sonstige Unbilden der Witterung
unbeschädigt, einträchtighch neben einander. Als die bemerkenswerthesten
werden genannt: Lilien, Eosen, Sinamin (Cinnamomum?),
Zitwar (Cedoaria), Galgan (Galanga), Pfeffer, Balsam,
Weihrauch, Thymian, Myrrhe, Crocus, Ringeln (Calendula), Dill,
Chonele (Cunila, d. i. hier unstreitig Satureja hortensis), Fenchel,
Lavendel, Päonien, Salvei, Raute, Narde, Balsamite, Minte, Eppich,
Kresse, Laktuke, Astrize (Astrantia?) und Feigbohnen (Lupinen).
Mitten darunter standen endlich die beiden mystischen
Bäume, der des Lebens und der des Todes oder der Erkenntniss.
Man sieht daraus wenigstens, welche Pflanzen jene Zeit vor andern
schätzte. Ein heutiger poetischer Paradiesgärtner würde
schwerlich den Thymian zwischen den Weihrauch und die Myrrhe
mitten hinein pflanzen.
Ein unübersteigliches Hinderniss bei der Bearbeitung dieses
Bandes lag für mich in meiner unzulänglichen Kenntniss nicht
nur der altdeutschen, sondern auch der arabischen, meiner vollständigen
Unkenntniss aller andern orientalischen Sprachen. Gern
hätte ich daher die Geschichte der morgenländischen Botanik ganz
ausgeschlossen, hinge sie nicht mit der abendländischen durch
tausend Fäden zusammen. Und jedenfalls stand mir, trotz aller
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