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304 B u c h X. Kap. 6. §. 42.
seines Sultans, bis auch dieser nach kurzer Zeit starb. Er unterrichtete
daselbst fast den ganzen Tag über in verschiedenen Wissenschaften,
unterandern auch in der Medicin, und widmete die
Nächte seinen eigenen Studien. Aufs neue begab er sich dann
nach Kahirah und lebte von der Grossmuth der übrigen Söhne
Szaláh Addin's, als jene furchtbare Pest und Hungersnoth, die er
in seinem Werke so meisterhaft beschreibt, hereinbrach. Um die
Zeit machte sich Szaláh Addin's Bruder zum Herrn von Aegypten
und einem grossen Theile Syriens, und nöthigte seinen Neffen zur
Flucht. Abd Allathif begab sich nach Jerusalem, wo er eine Zeit
lang Vorträge hielt und schriftstellerte, dann im Jahre 604 (1207—^)
abermals nach Damaskus, wo er sich in gleicher Weise beschäftigte,
doch so, dass er jetzt vorzüglich als Arzt, zuvor mehr als Grammatiker
glänzte. Von da begab er sich nach Aleppo und nach
Klein Asien, wo er mehrere Jahre verweilte im Dienste des Prinzen
Alá Addín Daúd Ben Bahraim Fürsten von Arzengán (in
Adserbaigán), und widmete ihm mehrere Bücher, bis dieser kleine
Fürst in Gefangenschaft gerieth und entsetzt ward. Fast ein Jahr
lang 625—626 (1228 — 9) irrete Abd Allathif von Stadt zu Stadt,
bis er sich wieder in Aleppo niederliess, und sich vornehmlich mit
der Medicin, ausserdem jedoch auch noch mit der Tradition Grammatik
und andern Wissenschaften sowohl als Lehrer wie auch als
Schriftsteller unermüdlich beschäftigte. Noch als Greis entschloss
er sich zur Pilgerfahrt nach Mekka, gelangte jedoch nur bis Damaskus
wo er erkrankte und 629 (1231) im Alter von zwei und siebzig
Jahren sein thätiges Leben beschloss.
Diesen grösstentheils einer Selbstbiographie entnommenen
Nachrichten füge ich noch einen Zug hinzu, um das Bild des enthusiastischen
Naturforschers zu vervollständigen. Wir kennen schon
die Vorliebe arabischer Schriftsteller für Auctoritäten aller Art und
die Schüchternheit, mit der sie ihre eigene Meinung nur selten
einer fremden entgegen zu stellen wagen, diesen für Irrthum wie
für Wahrheit gleich conservativen Sinn. Abd Allathif hatte ein
grosses Werk über Aegypten geschrieben; dasjenige, was wir noch
besitzen, ist nur ein von ihm selbst gemachter Auszug daraus,
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aber ein Auszug alles dessen, was er selbst zu beobachten
G e l e g e n h e i t fand, und oft genug spricht er darin die Ueberzeugung
aus, wie sehr eine selbst gemachte jede fremde Beobachtung
überwiege. Daher er denn auch manchen berühmten Vorgänger
ungewöhnlich scharf kritisirt. Die beiden letzten Kapitel
seines Werks schildern in lebhafter tief ergreifender Weise die von
einem Erdbeben und einer anhaltenden Dürre begleitete Hungersnoth
und Pest, die er selbst in den Jahren 597 und 598 (1201
u. 1202) zu Qahirah erlebte. Die stets wachsende Seltenheit der
Nahrungsmittel und Sterblichkeit der Thiere und Menschen hielten
gleichen Schritt. Erst ass man das Fleisch der Hunde, dann das
halb verwester Thiere und Menschen, bald fing man an, Menschen
absichtlich zu tödten, um sich an ihrem Fleisch zu sättigen. Ganze
Dörfer und Städte starben aus; Menschengerippe und verwesende
Leichname, welche zu bestatten es an Kraft gebrach, lagen auf
Feldern Strassen und in den Häusern umher. Abd Allathif benutzte
diese seltene Gelegenheit zu ana tomi s che n Untersuchung
e n und zur Aufklärung von Zweifeln und Irrthümern, die er in
des Galenos Darstellungen zu bemerken glaubte. Er beschloss,
e i n e ber icht igt e menschliche Anatomi e zu schreiben, und
wirklich befindet sich in dem Verzeichniss seiner fast sechzig Bücher
und Abhandlungen, womit Ibn Abi Oszaibiah seine Biographie
beschliesst, deren Titel de Sacy unübersetzt Hess, und wovon Wüstenfeld
in seiner Geschichte der arabischen Aerzte (nr. 220) nur
39 aufzählt, ein Liber sufficientiae de anatomia, was wir
leider nicht mehr besitzen. Dass er auch mehrere, und darunter
ein grosses Werk über die einfachen He i lmi t t e l geschrieben,
dessen auch Wüstenfeld gedenkt, sahen wir schon früher aus dem
am Schluss des vierten Kapitels abgedruckten Artikel aus H'aggi
Chalifah's Bücherlexikon.
In Abd Allathifs k l e i n e r em Werke über Aegypt e n handelt
das zweite Kapitel des ersten Buchs von den merkwürdig
e n P f l a n z e n Aegyptens. Es werden deren nur einige zwanzig
aufgezählt; einige derselben begnügt sich der Verfasser als einheimisch
oder cultivirt in Aegypten nur zu nennen; andre beschreibt
Meyer, Gesch. d. Botanik. III. 20
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