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schon die Avenigen mir zugänglichen Fragmente vielfache Spuren
eines streng schulgerechten Baus. Es ist ein System der Baumzucht
und des Ackerbaus, errichtet auf physikalischer Grundlage,
ausgehend von allgemeinen Principien, allmälig fortschreitend bis
in das feinste Detail der Behandlung jeder besondern Culturpflanze,
und ihrer Benutzung, wobei auch die nutzbaren wildwachsenden
Pflanzen nicht vergessen werden. Neben diesem System her und
mit ihm aufs engste verknüpft, zieht sich ein anderes eben so durchgearbeitetes
System der Astrologie, und vielleicht neben diesem
noch eins der Magie durch das ganze Werk. Doch letzteres, wenn
es vorhanden war, hat Ibn Alawwam so aufgedröselt, dass uns
statt leitender Grundsätze der Zauberkunst nur die Anweisung zur
Bereitung verschiedener Talismane und dergleichen mehr übrig
blieb. Zu den astrologischen Vorschriften bedurfte es einer fest
geregelten Zeitrechnung, und indem Qútsámi den grössten Werth
bei allen landwirthschaftlichen Verrichtungen auf die Constellation
des Mondes und der Sonne legte, so musste er ausser den Mondsmonaten
zu 28 Tagen auch feste Sonnenmonate in Anwendung
bringen. Jene benennt er nirgends mit eigenen Namen, sondern
begnügt sich, vom Neumond oder Vollmond aus entweder die
Grade am Himmelsbogen, die der Mond durchlaufen soll, oder auch
nur die Tage zu zählen. So bezeichnet er das erste Mondsviertel
durch vierzehn Ta^e oder neunzio; Grade n o o ach dem Neumond u. s. w.
Die zwölf Sonnennionate aber werden bald durch den Eintritt der
Sonne in die verschiedenen Zeichen des Thierkreises, bald und zwar
am häufigsten gradezu durch ihre bekannten syrischen Namen bezeichnet.
Darauf, dass unter den Zeichen des Thierkreises auch
schon die Wage vorkommt i), die den Griechen zu des Aratos Zeit
noch unbekannt war, lege ich keinen Werth, da mich Ideler 2) überzeugt
hat, dass all jene Zeichen nicht von den Griechen erfunden,
sondern ihnen von den Orientalen überliefert waren, und folglich
J) Z. B. bei Ihn Alawwam 7, pag. 223 und öfter.
2) Ideler über den Ursprung des Thierkreises, in den Abhayidlungen der herliner
Akademie der Wissenschaften aus dem Jahre J838, 77, S. 1 ff.
bei den Nabathäern früher als bei jenen im Gebrauch sein konnten.
Allein die Eintheilung des Jahrs in zwölf fest geregelte vom Monde
unabhängige Sonnenmoaate ohne Schaltmonat empfingen nach den
Untersuchungen desselben gelehrten Chronologen die Syrer und
nächstdem andere Orientalen erst von den Makedoniern. Auch
diese hatten ursprünglich Mondsmonate von 28 Tagen, und erst
s e i t d em e r s t e n J a h r h u n d e r t u n s e r e r Z ei t r e c h n un o kommen
unter denselben Namen, welche früher die Mondsmonate führten,
immer häufiger die Sonnenmonate vor, deren sich Qútsámi
bedient. Früher als um diese Zeit kann er daher schwerl
i c h geschrieben haben, und unstreitig entspricht auch die
systematische Anordnung, das Ausgehen von allgemeinen Principien,
dieser Zeit besser als jener grauen Vorzeit, in welche ihn
Quatremere versetzt.
Auch an mancherlei Angaben, die eine Bekanntschaft mit griechischen
Schriftstellern wahrscheinlich machen, fehlt es nicht, wie
sich sogleich zeigen wird.
Das Wichtigste bei allen landwirthschaftlichen Verrichtungen
ist der Stand des Mondes. Aussaat, Anpflanzung, Veredelung der
Bäume, kurz alles, was wachsen soll, gedeihet am sichersten in den
ersten vierzehn Tagen nach dem Neumonde, nicht so sicher in den
nächst folgenden Tagen u. s. w. Jede Bewässerung Düngung Bearbeitung
des Bodens dagegen ist am zuträglichsten in den nächsten
vierzehn Tagen nach dem Vollmonde, weniger sicher in den
nächst folgenden Tagen u. s. w. Dasselbe lehrten bekanntlich Griechen
und Eömer 2), indem sie meinten, das Gegentheil befördere
ein übermässiges Wachsthum des Unkrauts. Zugleich ist dabei
auf den Stand der Sonne zu achten. In jedem der zwölf Sonnenmonate
herrscht eins der vier Elemente vor, wie folgende Tabelle
zeigt, in welcher ich statt der syrischen Namen der Monate und
1) Ideler, Handbuch der Chronologie, 1, Berlin 1825, S. 393 ff., besonder s
Ä 397 und 429 ff.
2) Columell. II, cap. 5. Plin. XVIIl, cap. 32, sect. 75. Pallad. X, tit. L
Geoponic. II, cap. 21 ad finem.