' S P^ ' •
.V 4 » 1 * 1
a
)'i n VI Cl II
II
i ft s-'"
y'Vf'
tl "
t
« .'i
•
442 Buch XI. Kap. 4. §. 64.
Grossen zu gewinnen sich schmeicheln durfte, ehe denn er ein
G e i s t l i c h e r ward. Der Pabst nahm die beiden Freunde huldreich
auf, lernte sie schätzen, und entliess sie erst nach längerem
Aufenthalt in seiner Umgebung auf ihre Bitte mit einem Empfehlungsschreiben
an den Abt nach Monte Cassino. Jetzt erst, im
Jahr 10o6, fanden beide zugleich Aufnahme als Mönche im Kloster.
Aber von des Alfanus medicinischer Thätigkeit meldet die
Geschichte grade von der Zeit an nichts mehr, weder von seinen
Studien noch seiner Praxis. Sicher liess der strebsame Mann die
Klosterbibliothek nicht unbenutzt, versagte kranken Brüdern seinen
ärztlichen Rath nicht, und ertheilte vielleicht gar diesem oder jenem
etwas medicinischen Unterricht; allein für die Geschichte der Medicin
kann das alles schon deshalb nicht von Erfolg gewesen sein,
weil sein Aufenthalt im Kloster kaum etwas über ein Jahr dauerte
Fürst Gisulfus von Salerno, der ihn von früher her persönlich
kennen und schätzen, oder dem er von frühern salernitanischen
Bekannten empfohlen sein mochte, berief ihn 1057 zum Abt des
Klosters des heiligen Benedict bei Salerno, und machte ihn bald
darauf zum Erzbischpf von Salerno selbst i), wo er 1086 starb Im
Verzeichniss seiner Schriften bei Petrus Diaconus 2) kommt nichts
Medicmisches vor; erst Trithemius^) (lebte von 1462 — 1519), ein
für die ältere Zeit und zumal, wenn es sich um weltKche Schriften
handelt, oft unzuverlässiger Literarhistoriker, berichtet, Alfanus
hatte geschrieben quaedam profundi sensus opuscula, nämlich de
umone verbi dei et hominis liber singulus, de unione corporis et
animae hber singulus, de quatuor humoribus corporis über singulus.
Genau dasselbe mit denselben Worten, doch ohne Trithemius
zu nennen, sagt Mari 4) mit dem auffallenden Zusatz, jene Bücher
hatten unter den Handschriften der Klosterbibliothek im achten
1) Chrontcon monasterii Casinensis cap. 8, bei Perzt l c. pag 701
V -Petrus Diaconus de viris illustr. Casin. cap. 19, bei Graevius l. c.
pag, 362,
^ 3) Trithemius de scriptoribus ecclesiasiicis cap. 323, pag. 83 des Abdrucks
in Fahricii hibliotheca ecclesiastica.
4) Marus ad Petrum Diaconum de vir. illustr. Casinensibus, l. c. pag. 364.
B u c h XL Kap. 4. §. 64. 443
Fach links gestanden; ob noch, das hätte er^ fleissiger Erkundigung
ungeachtet, nicht erfahren können. Dieser Zusatz aus dem Munde
eines an sich nicht sehr zuverlässigen Schriftstellers, wofür anders
konnte man ihn halten, als für einen Kunstgriff zur Verdeckung
der an sich eben so unlautern Quelle, aus der er stillschweigend
geschöpft hatte? Beider Ehre ist für dasmal gerettet durch einen
neuen höchst überraschenden Fund^). In der Bibliothek zu
Avranches in der Normandie, die vor Zeiten mit den normännischen
Niederlassungen in Unteritalien in vielfachem Verkehr stand, entdeckte
man vor kurzem einen Codex, der unter des Alfanus
Namen und unter dem Titel P r e n n o n fisicon {TZQ^LVOV q)vöiyiCov^
i d est stipes natural ium, eine alte lateinische üebersetzung
des wohlbekannten griechischen Werks des N eme s ios von der
N a t u r des Menschen enthält. Ein zweites Exemplar derselben
üebersetzung soll sich gleichfalls in der Normandie, in der Bibliothek
der Abtei Le Bec befinden Nun ist alles klar. Nemesios
handelt in-seinen beiden ersten Kapiteln von der Seele (des
Menschen, und ihrem Ursprünge aus Gott, dem sie sich durch
Entsagung aller Sinnesgenüsse sogar anschliessen kann), im dritten
von der Verbindung des Körpers mit der Seele, im vierten
und den folgenden vom Körpe r (wobei er ausgeht von den
bekannten vier Flüssigkei ten, welche die Alten unterschieden).
Das entspricht genau dem Inhalt der drei angeblichen Bücher des
Alfanus bei Trithemius und Mari. Es leidet mithin gar keinen
Zweifel, dass beide von derselben Üebersetzung des Nemesios
sprechen, von der sie vielleicht nur die ersten Kapitel kannten,
und worüber Mari leicht einige mündliche Nachricht erhalten haben
konnte. Beide schreiben sie unserm oft genannten Alfanus L
1) Im Journal des s a van s 1851 erstattet Renan Bericht über ein mir
unbekanntes Werk unter dem Titel: Documents inédits pour servir à l'histoire
littéraire de VItalie. Darin stehen pag. 244 die oben mitgetheilten Nachrichten»
Aufmerksam darauf machte mich H äs er durch sein Lehrbuch der Geschichte
der Medicin S. 279.
2) Citirt wird zu dieser Nachricht a. a. O. : Rav ai s s on^ rapport sur les
bibliothèques des départements de VOuest ^ pag. 185 et 391^
-'s
=" fr^i l
' ä
t