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188 B u c h X. Kap. 4. §. 24.
sten bei einer schweren Krankheit consultirt. Dies öffnete ihm die
reiche fürstliche Bibliothek, deren seltene Schätze er nicht oO-e nuoö-
ZU rühmen weiss. Er behauptet sie so angestrengt fleissig benutzt
zu haben, dass er schon in seinem achtzehnten Jahre sich aller
Wissenschaften bemächtigt, und seitdem nichts mehr zugelernt
hät;e. Das klingt prahlerisch; bedenkt man indess, wie das Studium
der Araber hauptsächlich im Memoriren bestand, und erwägt
man seinen eigenen Ausspruch: „damals war mir mein Wissen
sogar gegenwärtiger als jetzt, doch jetzt ist es gereifter," — so
gewinnt jene scheinbare Prahlerei einen andern Sinn; es heisst
dann nur noch, er hörte jetzt auf zu memoriren, und fing an das
gesammelte Material selbstständig zu verarbeiten. Das folgende
bes.ätigt diese Deutung noch mehr, denn nun erzählt Ibn Sinii von
den Werken, die er geschrieben, einer Enkyklopädi e aller
n i c h t mathematischen Wissenschaften, einem grossen
Werke in zwanzig Büchern übe r Gesetzkunde und einem Werke
von der Tugend und dem Laster. Ibn Alqofthi lässt ihn
sagen, er hät.e das erste dieser Werke ein und zwanzig Jahr alt
geschrieben, eine Angabe, die sich weder bei Abulfarag noch bei
Ibn Abi Oszaibiah wäederht)lt. Gleich nachdem er von diesen
seinen schriftstellerischen Arbeiten gesprochen, erzählt Ibn Sina
mit kurzen Worten den Verlust seines Vaters, wodurch er in den
Besitz seines, wie es scheint, beträchtlichen Vermögens kam, seine Anstellung
als Staatsdiener, und seine Uebersiedelung von Bochara nach
Korkang, wo ihn der die Wissenschaft ehrendeVazir freundlich empfing,
dem Fürsten Abu Ali Ben Mämün vorstellte, und ihm einen Jahrgehalt
verschaflTte. Aber Ruhe fand er dort nicht, sondern durchzog bald
darauf viele Städte Chorasan's, bis er nach G'ürgän kam in der
Absicht, sich zu Qäbüs, dem Ziadenfürsten von Dilhem zu begeben,
grade als derselbe auf eine schmäliche Weise umgebracht wurde
(403, d. i. 1012 oder 1013). Ibn Sin^ ging nun nach Dahistan,
wo^ er schwer erkrankte, und von da auf längere Zeit zurück nach
G'ürgun, wo er seinen Freund Algurgani kennen lernte. — Damit
bricht seine Selbstbiographie ab. Nach Kondemir und Ibn Challikan
soU der Verlust seines Vaters, nach Chüad Emir (bei Hawr
B u c h X. Kap. 4. §. 24. 189
mer-Purgstall) auch sein Eintritt in den bocharischen Staatsdienst
in sein zwei und zwanzigstes Lebensjahr fallen. Indem Hammer-
Purgstall dieser Zeitbestimmung Glauben schenkt, folgert er daraus
mit Recht, Ibn Sina könne nicht erst 370, er müsse schon 365 geboren
sein. Denn Núli II. starb 387, und sein Sohn und NachfoloO
er Manszur II.,' der letzte Samanidenherrscher über Bochará,
ward nicht völlig zwei Jahr darauf geblendet und entthront. Ziemt
es aber, historische Zeugnisse mehr zu wägen als zu zählen, so
halte ich doch das Geburtsjahr Ibn Síná's 370 fest, und nehme
an, dass er schon in seinem neunzehnten Jahre, also 389, gleich
nach Beendigung seiner Studien seinen Vater verlor, seine Anstellung
nicht mehr von Null, sondern von Manszur empfing, und kurz
vor oder nach dessen Entthronung das unglückliche Bochará für
immer verliess. Dies vorausgesetzt, kann Ibn Sina die erwähnten
schriftstellerischen Arbeiten entweder nicht schon zu Bochará, oder
nicht erst nach seinem ein und zwanzigsten Jahre geliefert haben;
jedes von beiden ist möglich, beides zugleich nicht. Die Zahl ein
und zwanzig, die ich nur bei Ibn Alqofthi finde, erregt deshalb
den Verdacht der Unächtheit; und daraus, dass Ibn Siná gleich
nach der Darstellung seiner Studien von seinen schriftstellerischen
Arbeiten spricht, vermuthlich nur um den Zusammenhang zwischen
beiden nicht zu unterbrechen, folgt nicht, dass die später erzählten
Lebensereignisse auch der Zeit nach erst später eintraten. Nachlässige
oder historisch nicht gehörig orientirte Schriftsteller mochten
es nöthig finden, dem Schriftsteller zur Vollendung so grosser
Werke einige Jahre (18—21) zu lassen, und die später erzählten
Ereignisse noch ein Jahr später (22) anzusetzen. Was Ibn Challikan,
Kondemir und Chuad Emir sonst noch von Ibn Sina berichten,
ist grossentheils so unglaubhaft, dass wir ihnen auch jene
Missgriffe wohl zumuthen können. Ich rechne zu ihren Fabeln
unterandern die Geschichte vom Untergange der fürstlichen Bibliothek
zu Bochará durch Brand, den Ibn Siná selbst angelegt hätte,
um, was er aus den Büchern gelernt, für eigene Erfindung ausgeben
zu können; als ob jene Bibliothek die einzige gewesen wäre;
ferner die Gelehrtenjagd des mächtigen Gaznewiden Sulthán Mahi
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