448
-Xj i
# I
ìì
Buch XL Kap. 4. §. 64.
piant etc." Demnach könnte man das Hospital für ein öffentliches
Krankenhaus halten; allein in derselben Urkunde wird dem Abt
zur Pflicht gemacht, für gewöhnlich mit seinen Mönchen zu speisen,
und nicht Tag für Tag mit den Hospitibus in Fleischspeisen
zu schwelgen. Es diente, wie sich aus zahlreichen Stellen in Dufresne's
Glossar ergiebt, zur Ausübung der Gastfreiheit, Aufnahme
von Pilgern und Reisenden aller Art, vornehmen und geringen,
die zwar, wie wir sehen, wenn sie krank waren, auch Pflege fanden;
ob ärztliche Behandlung, bleibt zweifelhaft. Mag nun aus
den klösterlichen Hospitälern, mag sogar aus den Infirmitorien
später hie oder da eine wahre Heilanstalt entstanden sein: klar ist,
dass sich aus dem blossen Vorkommen dieser Namen durchaus
noch nicht auf eine Heilanstalt, vielweniger auf einen blühenden
Zustand der Medicin schHessen lässt.
So geben uns denn die ächten historischen Quellen nicht
allein in dem langen Zeitraum, von der Zerstörung des Klosters
durch die Sarazenen bis auf Constantinus Africanus, sondern noch
weit darüber hinaus, in mehr als drei hundert Jahren über die
p r a k t i s c h e Ausübung der Medicin zu Monte Cassino
noch viel weniger Auskunft, als über gelehrte Aerzte,
n ä m l i c h gar keine.
Ich setze noch Eins hinzu: auch von einer Klosterschule
zum Unterricht im Trivium und Quadrivium, wie schon Karl der
Grosse deren so viele bei den Klöstern seines Reichs stiftete, finde
ich zu Monte Cassino vor Desiderius oder vielleicht wenig früher
nicht die schwächste Spur. Erst P e t rus Damiani soll in einem
seiner Briefe i) an Desiderius die Schule für Knaben, die er zu
Monte Cassino gefunden, deshalb loben, weil sie nicht, wie öfter
geschehn, die Strenge der Heiligkeit entnerve. Mir aber scheint
die Stelle grade das Gegentheil zu bezeugen, dass Petrus daselbst
1) Petri Damiani epistolarum Uber II epist. 17 cap. 16 ad finem, in
Ejus dem operibus, edid. Cajetanus, torn. I I I pag. 279 (edit. Paris. 1642 in
fol.).^ Die der meinigen entgegensetzte Auslegung findet man unterandern
bei Tosti storia della badia di Monte Cassino I pag. 356.
Buch XI. Kap. 4. §. 65. 449
gar keineKnaben fand, sondern nur Greise und würdige Männer.
Mögen meine Leser selbst urtheilen. Petrus schreibt: „Inter
ceteros autem virtutum flores, quos in illo agro pleno, cui benedixit
Dominus, reperi, fateor, hoc mihi non mediocriter placuit,
quod ibi scholas puerorum, qui saepe rigorem sanctitatis
enervant, non inveni, sed omnes aut senes, cum quibus utique
nobilis vir sedebat in portis ecclesiae, aut juveni l i vivendi
d e c o r e laetantes."
Des Klosters grosses nicht hoch genug zu schätzendes Verdienst
bestand in der Fortpflanzung des wissenschaftlichen Geistes
unter den Mönchen überhaupt, und in der Erhaltung und Vervielfältigung
altrömischer Classiker, vorzüglich unter Desiderius, vielleicht
auch in der Uebersetzung einiger griechischer Werke ins
Lateinische zu einer Zeit, in welcher die Kenntniss dieser Sprache
ausser Griechenland selbst zu den Seltenheiten gehörte. Dem
bis zum Ueberdruss oft wiederholten Einfluss des Klosters auf die
Wiedergeburt der Medicin, und der Ableitung der salernitanischen
Schule von ihm fehlt jede historische Grundlage. Ich freue mich
zu sehen, dass jetzt auch Renzii), früher einer der eifrigsten Vertheidiger
des Zusammenhangs beider Anstalten, diesen Zusammenhang
verwirft, und zwar aus andern nicht minder wichtigen Gründen,
als ich geltend machte, nämlich wegen der viel weitern geographischen
Entfernung beider Orte, als wir Nordländer uns einbildeten,
und vorzüglich wegen ihrer scharfen politischen Getrenntheit
in früherer Zeit. Darauf beschränkt sich jedoch unsre
Uebereinstimmung. Das hohe Verdienst Monte Cassino's um die
Medicin überhaupt gehört noch fortwährend zu Renzi's Lieblingsvorstellungen.
§. 65.
D i e salernitanische Schule der Medici n vor Cons
t a n t i n u s Africanus.
Hier verlässt uns unser bisheriger treuester Führer Petrus
Diaconus. Das Chronicon Salerni tanum eines Ungenannten
1) Renzi collectio Salernitana J, pag. 128 sq.
M e y e r , Geech. d. Botanik. III.
. f f
A
I
Ì
•m