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412 Buch XI. Kap. 3. §. 60.
*SigiIis (Genitiv statt siliginis) —, Tanazita, auch *Tanezatum ge-
Secale cereale. schrieben.
Solsequium. *Vittonica —, Betónica offici-
*Spelta —, Triticum Spelta. nalis.
Das sind die ersten Rudimente unsrer Flora Germanica, die
ihren Reichthum jetzt nach Tausenden zählt! Aber die Arbeit
eines Jahrtausends liegt auch dazwischen.
§. 60.
Kein Studium der Medici n unter und bald nach Karl
dem Grossen.
Stützte sich aber die Pflanzenkunde neben, oder vielmehr noch
vor der Landwirthschaft bisher auf die Medicin, als deren treue
Dienerin wir sie von den frühesten Zeiten her kennen lernten, so
entbehrte sie dieser Zuflucht zur Zeit Karls des Grossen und'seiner
nächsten Nachfolger fast ganz. Es gab fast keine Medicin
mehr, wenigstens kein Studium derselben, ausser bei Griechen und
Arabern, mochten auch Quacksalber hie und da noch die Stelle
der Aerzte vertreten, und ein oder das andere medicinische Buch
von einem schlaftrunckenen Mönch auf Befehl seines Abtes abgeschrieben
werden. Mönche nahmen sich der Kranken um Goües
willen an, und die Heilmittel, deren sie sich wenigstens vorzugsweise
bedienten, waren Gebet Weihwasser und die Reliquien der
Heiligen. Man hat wohl gesagt, Karl der Grosse hätte in seinen
Kathedralschulen ausdrücklich auch die Medicin zu lehren verordnet.
Es finden sich in seinen Capitularien nur ein paar Worte,
die man so gedeutet hat; ich gebe jedoch des Zusammenhangs
wegen auch die vorhergehenden. Das im Jahr 806 zu Thionville
(Villa Theodonis) erlassene Capitulare, bei Pertz pag. 131 sq.
fängt so an :
1. Ut lectiones in ecclesia distincte legantur.
2. Ut cantus discatur et secundum ordinem et morem Romanae
ecclesiae fiat: et ut cantores de Mettis revertantur.
Buch XI. Kap. 3. §. 60. 413
3. De scribis ut vitiose non scribant. Ut unusquisque episcopus
et abba et singuli comités suum notarium habeant.
4. De caeteris disciplinis ecclesiae ut secundum cánones et
regulam fiant.
5. De compoto ut veraciter discant omnes. De medicinali
a r t e ut infantes hanc discere mittantur.
6. De ecclesiis etc.
Man sieht, das Alles bezieht sich auf den Kirchen dienst, der
so verwahrloset war, dass weder die Vorleser zu lesen, noch die
Vorsänger zu singen, noch die Schreiber zu schreiben geschickt
waren. Nachdem der Kaiser diese Mängel gerügt, auch die zur
Beobachtung der Festtage nothwendige Kenntnis s des Kalenders
den Geistlichen zur Pflicht gemacht hat, fährt er fort: „Es sollen
auch Kinder (infantes) geschickt werden, um die Heilkunst
zu erlernen," und geht dann sogleich zu andern kirchlichen Bedürfnissen
über. Das dünkt mich klar genug. Kinder lässt man
nicht Medicin studiren, auch ist von einer Schule für sie zu diesem
besondern Zweck gar keine Rede i). Die Heilkunst, die sie erlernen
sollten, konnte nur Krankenpflege sein. Die Kraft zu heilen,
so weit es nöthig war, mochte der Kaiser bei den Geistlichen
vermöge der empfangenen Weihe auch ohne Studium voraussetzen.
In dieser Meinung bestärkt mich die Menge der Arzneipflanzen
im Capitulare de villis. Wozu ihr Anbau auf jedem Kammergut,
wenn es noch wie zur Römerzeit geachtete Aerzte und Arzneiverkäufer
gab? Als Hausmi t tel , meine ich, sollten sie dienen,
woran es kein Volk zu keiner Zeit fehlen Hess. Ich finde auch
nicht, dass Karl einen Leibarzt gehalten hätte2); vielmehr ver-
1) Eben so urtheilt schon Bar toi. Corte, notizie istoriclie intorno a medid
scrittori Milanesi. Milano 1718, vi 4., pag. 17.
2) Freind (hist, de la med. I I I , p. 6) giebt ihm mit Bezug auf Buläus
(Ust, antiqq. universit. .Paris. I, pag. 573) zwei jüdische Leibärzte namens
F e r r a g u t h u s und B u h a h y l i h a Bengesla; und versichert, letzterer hätte
auf des Kaisers Befehl das Buch Tacui n geschrieben. Schon der arabische
Titel verräth den Abu Ali Jahi a Ben G'ezla, der im barbarischen Latein
oft auch Buhual iha genannt wird. Er lebte aber nach seinem Uebertritt
zum Islam nicht an Karls Hofe, sondern in Bagdad, und starb im Jahr 1100,
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