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ward also 703 (1303 oder 4) geboren. Zwei mächtige Triebe bekämpften
sich in seiner Brust, die unbezwingliche Reiselust, und
der von religiöser Schwärmerei genährte Hang zu einem beschaulichen
Eremitenleben.
Jene Reiselust trieb ihn zuerst zur Pilgerfahrt n o ach den heilioo- en
Städten, weiter von Arabien aus gegen Süden nach der Ostküste
Afrika's und zurück nach Mekka, dann gegen Xorden nach Kleinasien
bis in die Krim und ins südliche Russland, ferner östlich
über den Indus bis nach Delhi, der damaligen Hauptstadt des
indisch-moßlimischen Reichs, wo er als Richter zwei Jahr lang verweilte.
Mit Freuden jedoch übernahm er eine Sendung des dortigen
Sultans nach China, wohin er sich zu Wasser über Calcutta
Zeilan Sumatra u. s. w. begab, nur auf den Malediven dadurch eine
Zeit lang zurückgehalten, dass sein SchiiF ohne ihn absegelte. Ich
übergehe die Kreuz- und Querzüge, die er gemacht, namentlich
seine öftere Rückkehr nach der Stadt Mekka als Pilger. Erst nach
vier und zAvanzig Jahren, 750 (1349) sah er seine Vaterstadt wieder.
Aber Ruhe fand er noch nicht, Andâlos zog ihn an, auch
dieses Land musste er kennen lernen ; und von dort zurückgekehrt,
ging er, vermuthlich im Auftrage des Sultan's von Marokko, nach
dem Sudan, und lieferte unterandern die ältesten Berichte über
Melli und Timbuktu, die wir besitzen. Auch diese Reise vollendete
er glücklich, und verlebte seine spätem Jahre von 755 bis zu seinem
Tode 779 (1377 oder 78) in seinem Vaterlande in hohem
Ansehen i).
Spiegelt sich in diesem unstätten Leben die eine Seite seines
Wesens, so tritt doch auch die andre schon merklich genug hervor
in seiner wiederholten Rückkehr nach Mekka, der ausserordentlichen
Aufmerksamkeit, die er, wohin er kommt, den religiösen Anstalten
widmet, in seinem häufigen Besuch andrer heiliger Orte, besonders
der Gräber verstorbener und Wohnsitze noch lebender Heiliger,
vor allem aber in dem, so oft er einen jener Männer antraf, sich
i ) So bestimmt Mac Guck in de Slane im Journal Asiatique, série IV,
tom. 1 (1843) pag. 183 sein Todesjahr, und Andre sind ihm gefolgt. Die Quelle
dieser Angabe finde ich nicht. Alles übrige ergiebt sich aus dem Werke selbst,
erneuernden Schwanken, ob er weiter ziehen, oder bleiben und
das Eremitengewand anlegen solle. Zwar trägt die Reiselust stets
den Sieg davon, doch auslöschen kann sie den Durst nach einem
ganz der Betrachtung Gottes gewidmeten Leben nicht. Mit Recht
hat man Ibn Bathuthah's Werk seinem Gehalt nach mit dem des
Kauf- und Staatsmannes Marco Polo verglichen; der Färbung
nach gleicht es weit mehr den Berichten mancher moderner Missionare.
Der Natur gönnt der Pilger selten einen freundlichen Seitenblick,
doch gehen so viel Naturmerkwürdigkeiten an ihm vorüber,
dass er uns auch davon gleichsam absichtslos manches mitzutheilen
sich nicht erwehren kann.
Etwas getrübt wird uns sein eignes Bild in seinem Werke
durch die Art, wie es entstand. Auf Befehl seines ihm sehr gewogenen
Herrn, des Sultans von Marokko, dictirte er seine Reiseerinnerungen
einem gewöhnlichen Schreiber, ein gelehrter Grammatiker
und berühmter Kalligraph Ibn G'ozai redigirte diese
Blätter nicht ohne eigne Zuthaten in weniger als drei Monaten.
Zwar setzt er seinen Einschaltungen gewöhnlich seinen Namen vor,
doch ganz unverändert scheint er auch Ibn Bathuthah's Angaben
nicht wiederholt zu haben, und schon wegen Neuheit der Gegenstände
Hessen sich Irrthümer dabei kaum ganz vermeiden.
Eine englische Uebersetzung eines Auszugs aus dem Werke
von Samuel Lee erschien zu London 1829, in 4. Das vollständige
Original nebst einer französischen Uebersetzung unter dem
Text erscheint jetzt in der Collection d'ouvrages Orientaux, publiée
par la Société Asiatique, besteht indess bis jetzt erst aus zwei
Bänden, die uns nur erst bis ins südliche Russland führen. Der
Titel heisst:
Voyages d' Ibn Bato u ta, texte Arabe accompagné d'une traduction
par C, D e f r eme r i e et le Dr. B. R. Sanguinetti.
Paris, I, 1853, H, 1854, in 8.
Einzelne Partien des Werks wurden jedoch schon früher von verschiedenen
französischen Orientalisten in französischer Uebersetzung,
zum Theil auch im Original, und mit schätzbaren Anmerkungen
begleitet, herausgegeben, (je»au verzeichnet findet maß sie in der
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