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8 B u c h IX. Kap. 1. §. 3.
selbst dem Werk eine verhäl tnissmässi g späte Stelle in der
medicinlsclien Literatur anwiesen. Später als im VIII. Jahrhundert
könne es jedoch nicht geschrieben sein, weil es nach Ihn Ali
Oszaibiah durch Jasia Ben Chaled ins Arabische übersetzt dieser
aber im Anfang des IX. Jahrhunderts hingerichtet sei.
Wenige Jahre darauf sprach sich auch L a s s e n 2) über denselben
Gegenstand also aus: „Zu den früher von den alten Indern
angebauten Wissenschaften kam Avahrscheinlich erst in diesem
Z e i t r a u m (d. h. in der Periode von Buddha bis auf Vikramäditja,
543 - 57 v. Chr.) die Medicin hinzu obgleich die einheimische
Ueberlieferung ihr einen viel ältern Ursprung zuschreibt,
nämlich mit dem Divodäsa, einem König von Ka^i, welcher eine
Verkörperung Dhanvantari's, des Gottes der Heilkunde gewesen
sein soll . . . Aus dieser zwar erst in den Puräna sich findenden
Erzählung, die aber gewiss viel älter ist, lässt sich entnehmen,
dass in der Stadt Ka9i eine alte berühmte Schule der Medicin
war, von wo aus sie verbreitet und fortgepflanzt worden ist.
1) Siehe Dietz analecta^ pag. J22.
2) Lassen, indische Alterthumskunde II. S. 511 ff. Der Haupttitel dieses
Bandes trägt zwar die Jahreszahl 1852; allein die erste Abtheilung desselben,
woraus jene Stelle entnommen, erschien schon 1849,
3) Stenzler a. a. O. S. 452 sagt: „Die Zahl der Wissenschaften (vidyas)
wird von indischen Schriftstellern verschieden angegeben. Ich finde
bald 4, bald 14, bald 18 erwähnt. Die letzte Zahl wird erst voll, wenn zu
den 14 noch die H e i l k u n d e die WafFenkunde die Musik und die Regierungskunst
hinzugerechnet werden (vergL Wilson^ Wishnu Purana pag. 284).
Es wäre wenigstens möglich, dass die Zählung der Heilkunde unter den vier
letzten Wissenschaften so gedeutet werden müsste, dass der Kreis der 14
Wissenschaften schon früher abgeschlossen gewesen, und die Werke über
Medicin und die drei andern Wissenschaften erst später hinzugekommen wären.'^
— Dasselbe scheint Lassens Meinung zu sein.
4) „Divodäsa wird sonst von Dhanvantari unterschieden. Die obige Darstellung
möchte jedoch den Vorzug verdienen, weil die andere erst in den
Puräna vorkommt. Es gab zwei Könige namens Divodäsa, aber auch der
jüngere ist viel zu alt, weil er in der Zeit der Pändava lebte." Anmerkung
von Lassen. Die Pändava sind das Heldengeschlecht, welches in dem grosseh
Epos Mahäbhärata gefeiert wird.
Buch IX. Kap. 1. §. 3. 9
Su^ruta darf als der wirkliche Verfasser des ältesten Werks über
diese Wissenschaft gelten. Seine Mitschüler möchten eher als Nachfolo
er denn als solche betrachtet vrerden. Jedenfalls beweist ihre
Zahl, dass es mehrere alte berühmte Lehrer der Heilwissenschaft
gab.' Das jenem zugeschriebene Werk . . . . verdiente von einem
Kenner dieser Wissenschaft, der zugleich eine gründliche lienntniss
des Sanskrits besässe, genau untersucht zu werden, um die
Stufe zu bestimmen, welche die Heilwissenschaft und Heilkunst bei
den alten Jndern erreicht haben. Da dem Verfasser dieses Werks
die dazu erforderliche Kenntniss abgeht, will er sich auf die Bemerkung
beschränken, dass nach der Sprache zu urtheilen der in
V e r s e n abgefasste Thei l des ächten Textes in diesem
Z e i t r a u m geschrieben sein kann; ob dieses Merklich d^
Fall sei, muss einer genauem Untersuchung anheim gestellt bleiben.
Die Sprache zeichnet sich durch Einfachheit und Klarheit
aus, und kann in dieser Beziehung der der epischen Gedichte an
die Seite gesetzt Averden, obgleich die Abwesenheit von ältern Formen
eine etwas spätere Zeit andeutet. Ob Sugruta wirklich der
Verfasser sei, möchte schwer zu bestimmen sein; ich sehe jedoch,
wie schon gesagt, keine Schwierigkeit in der Annahme, dass ein
Mann dieses Namens die Kenntnisse seiner Vorgänger zusammenfasste,
und in einem systematisch geordneten Werke niederlegte.^^
Ich fasse jetzt die von Wi l son, Stenzler und L a s s e n gewonnenen
Resultate kurz zusammen. Di e beiden erstgenannt
e n wagen keine obere Grenze für die Entstehung des Susruta
anzugeben, sie begnügen sich mit der Erklärung, so alt, wie
die indische Sage es mache, könne es nicht sein. Als untere
G r e n z e findet Wi l son das IX. oder X. J a h r h u n d e r t nach
C h r i s t u s , weil die Purina, die seiner erwähnen, so hoch hinaufreichen;
Stenz 1 e r das VIII. Jahrhundert, weil es zu Anfang dieses
oder höchstens am Ende des folgenden Jahrhunderts ins Arabische
übersetzt ward. Lassen sagt umgekehrt über die untere
Grenze kein Wort, über die obere lässt er sich genauer^ aus.
Ihm scheint die indische Medicin überhaupt erst in der Geschichtsperiode
von 543 bis 57 vor Christus entstanden zu sein. Dass sie