228 Buch X. Kap. 4. 30.
halt in Aegypten und Syrien, denn aus beiden Ländern theilt er
uns zahlreiche Beobachtungen und oft specielle Standorte der Pflanzen
mit. Einer im Gebirge bei Medina gesammelten Pflanze gedenkt
er II, Seite 580, und auch bei Mosul am obern Tigris scheint
'er botanisirt zu haben nach I, S. 69. Sehr oft spricht er von den
Pflanzen des Berberlandes und des äussersten Westens von Afrika;
dass er sie an Ort und Stelle gesehen, spricht er nirgends aus.
Nur eines Aufenthalts von v^enigen Tagen in Tunis erwähnt er
I, Seite 98, Wahrscheinlich machte er also von Spanien aus die
gewöhnliche Pilgerfahrt nach den heiligen Städten, verweilte dabei
einige Tage in Tunis, Hess sich bei der Rückkehr durch günstige
Anerbietungen, von denen wir gleich hören werden, in Aegypten
festhalten, und machte von dort aus Reisen durch Syrien und, wie
es scheint, bis Mesopotamien. In Aegypten lebte er unstreitig als
Leibarzt am Hofe des mächtigen Amirs Almalik Alkämil Mohammad
Ben Abi Bakr Ajüb (f 635 = 1238) und seines Sohns und
Nachfolgers AszszälaK Nagmaddin Ajub (f 647 = 1249). Dieser
machte ihn, wie Abulfeda mit klaren Worten sagt, zum Vorges
e t z t e n der Aerzt e und aller Botaniker (Alaschäbin) in
A e g y p t e n i), worunter doch wohl die Apotheker zu verstehen
sind. Ibn Abi Oszaibiah sagt: „aller Botaniker und der
S o c i e t ä t der Boschthat. " Das Wort kenne ich nicht. Dietz
scheint es für eine falsche Lesart statt Fosthäth (der bekannten
Stadt) gehalten zu haben. Er übersetzt: „praefectus est in Aegypto
reliquis herbariis Fustatique magistris." Sontheimer mag an Bostän,
Garten, gedacht haben, und übersetzt: „Er machte ihn zum
Vorsteher über die übrigen Pflanzenkenner und Besitzer von Pflanzenanlagen."
Halten wir uns lieber an Abulfeda, der es besser
wissen konnte als alle Neuern. Auf Befehl desselben Fürsten
schrieb Ibn Baithär, wie er selbst in der Vorrede sagt, seine
g r o s s e Heilmittellehre, also vermuthlich erst nach dem Tode
des Vaters, dem sie, wie Ibn Abi Oszaibiah sagt, gewidmet war.
1) Wie Casiri dieselben Worte übersetzen konnte: Cunctis academiarum
guffragiis Aegypti renunciatus est archiaterj bekenne ich nicht zu verstehen.
B u c h X. Kap. 4. §. 30, 229
Auch fehlt wenigstens unsrer Uebersetzung jede Zueignung. Ibn
Baithár starb zu Damaskus im Jahr 646 (1248). Ich hob die
kleinen Irrthümer Ibn Abi Oszaibiah's hervor, nicht weil mir viel
darauf anzukommen schien, sondern um an diesem Beispiel zu
zeigen, wie selbst einer der zuverlässigsten arabischen Biographen,
sogar wenn er von einem ihm selbst befreundeten Zeitgenossen
spricht, immer noch einer kritischen Controle bedarf.
Ibn Baithár's berühmtes Werk war handschriftlich schon früh
in Europa bekannt; schon Alpagus Bellunensis, ja schon
Simon Januensis kannten und benutzten es. Aufmerksamer
auf seinen hohen Werth ward man erst durch Casiri, der es nach
seiner Art unmässig lobt, und durch den Gebrauch, den einige
Neuere, wie de Sacy, davon machten. Immer lebhafter ward das
Verlangen nach einem Abdruck des ganzen Werks, und gab meinem
ehemaligen Collegen, dem früh gestorbenen D i e t z , den Hauptantrieb
zur Ausdehnung seiner grossen wissenschaftlichen Reise bis
nach Madrid. Gleich nach seiner Rückkunft erschienen seine
Analecta medica ex libris mss. Primum edidit Fr. R, Dietz«
Fasciculus I (et unicus), in quo insunt:
1, Elenchus materiae medicae Ibn Beitharis Malacensis
secundum códices mss. Arábicos Escurialenses, Matritenses,
Parisiensem, Hamburgensem. Pars I.
2, Catalogus codicum mss. de re medica Sanscritorum Londinensium.
Lipsiae 1833. 8.
Dieser Elenchus enthält die schon erwähnte Biographie Ibn Baithár's,
eine ausführliche Beurtheilung seines Werks, und einen Auszug
aus den beiden ersten Buchstaben desselben. Das Urtheil
über Ibn Baithár fiel sehr ungünstig aus. Als klassisch gebildeter
Philolog stiess sich Dietz an der unbehülflichen Form arabischdidaktischer
Darstellung in zusammengelesenen Excerpten, zwischen
denen das eigene Urtheil selten hindurchschimmert; als fanatisch
hippokratischer Praktiker fand er die Armuth an eigenen
therapeutischen Beobachtungen gradezu verächtlich, und den botanischen
Gehalt z^ wwdigen fehlte ihm die Einsicht, Per dürftige