126 B u c h X. Kap. 2. §. 14.
Abd ArraKmän an seine Palme,
Auch du, schlank aufgewachsne Palme,
Bist Fremdling so wie ich allhier.
Algarbien's Schmeichellüfte säuseln
Liebkosend durch die Locken dir.
Nahrhafter Boden hegt die Wurzel,
Die Krone strebt zum Himmel auf.
Doch Baum, vermöchtest du zu fühlen.
Du hemmtest nicht der Thränen Lauf.
Dich rührt kein Unbestand des Schicksals,
So peinigend fürs Menschenherz;
Indessen ich in Thränen bade
Beim nagenden Erinnrungsschmerz.
Ich tränkte mit des Auges Quellen
Den Palmenwald im Eufratthal,
Mich überlassen dankvergessen
So Strom wie Palmen meiner Qual,
Der Qual, dass mich Geschickestücke,
Der Benu Abba's wildes Schwerdt
Beraubten all der süssen Pfänder,
Die nur die Heimath uns gewährt.
Du bist, o wohl dir! keiner Sehnsucht
Zum Vaterlande dir bewusst;
Doch mich, so oft ich sein gedenke.
Mich überwältigt sein Verlust.
So bereitete Abd ArraHman I. zu Cordova, wie sein Zeitgenoss
Almanszür zu Bagdad, die sogenannte goldene Zeit vor. Er
selbst konnte sie noch nicht herbeizaubern, denn den Künsten und
Wissenschaften genügt die Gunst des Augenblicks nicht, sie bedürfen
der langsamen stetigen Entwicklung, und entfalten sich
daher oft erst lange nachdem die Sonne am politischen Horizont
die höchste Höhe erreicht hatte. Für Spanien trat diese Periode
'Iii
i II:
B u c h X. Kap. 2. §. 14. 127
ein unter dem achten Chalifen, dem dritten namens Abd Arr
a l i m ä n , mit dem Beinamen N^szir Lidinallah, Beschützer
des Glaubens (regierte 912—961), und seinem Sohn und Nachfolger
H'akim IT., mit dem Beinamen Almos t ans z i r Billah^),
der auf Gott Vertrauende (regierte 961—976). Des Vaters ungewöhnlich
lange Eegierung war in ihrer ersten Hälfte kriegerisch.
Parteien wütheten seit langer Zeit im Innern, er vernichtete sie;
die Franken bedroheten ihn, er schlug sie in einer entscheidenden
Schlacht; im nordwestlichen Afrika machte er grosse Eroberungen.
Den zweiten friedlichen Theil seiner Eegierung verwandte er grossentheils
auf riesenhafte Bauten, einige der Schaustellung höchster
Pracht, andere, als Landstrassen, Wasserleitungen u. dgl. m.,
dem gemeinen Nutzen gewidmet. Wichtiger für uns ist die Nachricht
von Versammlungen gelehrter Männer, die unter seiner Regierung
in den Wohnungen der Grossen seines Hofes, also gewiss
nicht ohne seinen Einfiuss gehalten zu werden pflegten 2). Bei
dem Vazir Abu Amar Ahmad Ben Said, dessen Haus jedem Gebildeten
oiFen stand, pflegten Dichter und Gelehrte aller Art, bei
dem Qadhi Ibn Zarb die Gesetzkundigen und Theologen, bei des
Königs beiden Leibärzten Isa Ben Isliäq und Abul Qasim Chalaf
Ben Abbäs Azzahräwi die Aerzte Astronomen und Naturforscher
sich zu versammeln, ob regelmässig, wird nicht gesagt. Wie dergleichen
Versammlungen später in Deutschland England Frankreich
und Italien zur Bildung gelehrter Akademien führten, ist bekannt.
Zwar einen so glänzenden Erfolg hatten sie zu jener Zeit in Andälos
noch nicht, doch verdient ihr Dasein als Vorkeim höherer
Entwickelung unsre Aufmerksamkeit, und jedenfalls legt es ein gutes
Zeugniss ab von der geistigen Regsamkeit der Zeit.
Fremde Gesandtschaften vermehrten, wie zu Bagdad, so auch
zu Cordova unter Abd ArraÜmin's III. Regierung den Glanz des
Hofes. Der griechische Kaiser Konstantinos Porphyrogenetos
sandte dem spanischen Chalifen kostbare Geschenke, die dieser
1) So nennen ihn zwei arabische Historiker bei Casiri I I , pag. 37 und
201. Ahulfeda II, pag. 530 nennt ihn vermuthlich irrig Almontaszir.
1) Conde a. a. 0. I, S. 425.
r'^i
i.-ii
t -'S
r Ii
• if