c.
• • : .
;
rif
:: !
r
iii
516 Buch XI. Kap. 5. §. 70.
daselbst schon vor der Mitte des zwölften Jahrhunderts neben den
sogenannten artistischen Studien auch das Civilrecht gelehrt ward,
und fügt hinzu: „dasselbe gilt von den p h y s i s e h e n und medic
i n i s c h e n Studien, welche noch vor dem E^nde des Jahrhunderts
von Giraldus Cambrensis, Roger Infans, Morlaeus und
Andern in Oxford betrieben wurden." Ich habe über diesen Zusatz
kein Urtheil, weil mir die Quellen fehlen, aus denen sich die
Thätigkeit der genannten Männer in Oxford ergeben soll, "Wood
und Ward; doch darf ich nicht unbemerkt lassen, dass Daniel
M o r l a y seine mathematisch-astronomischen Kenntnisse z u Toledo
bei den Ar abe r n erworben hatte, und dass mir von medicinischen
Leistungen der Genannten nichts bekannt ist. Auch von andern
e n g l i s c h e n Schriftstellern vor dem Ende des zwölften Jahrhunderts
verdient höchstens einer hier genannt zu werden wegen
einer Schrift, die vielleicht schon ins folgende Jahrhundert fällt,
und über die wir, da sie nur handschriftlich zu Cambridge existirt,
nicht urtheilen können. Der als Dichter rühmlich bekannte Galf
r i d u s de Vino s al v o (Vi n e s a u f ) , auch An g l i c u s genannt,
weil er, ein Normann von Geburt, doch sein Leben in England
zubrachte, soll einen Tractat in Prosa de P l ant a t ione arborum
et conservat ione fructuum^) geschrieben haben, und soll
darin handeln de modo inserendi arbores aromaticas, fructus conservandi,
vites et vina cognoscendi, vina inversa (umgeschlagene,
sauer gewordene Weine) seu deteriora reformandi. Sind diese Angaben
richtig, so ist von Palladius bis auf Petrus de Crescentiis,
das heisst vom fünften bis zu Anfang des vierzehnten Jahrhunderts
dieser Galfrid vielleicht der einzige georgische Schriftsteller lateinischer
Zunge. Bei seinem Aufenthalte in Rom widmete er dem
Pabst Innocentius III., welcher 1178 — 1180 regierte, ein Gedicht,
soll jedoch 1245 noch am Leben gewesen sein. In welchem Lebensalter
er den genannten Tractat geschrieben, ist unbekannt.
1) Fahricii hihliotheca latina med. et irrfim, aetatis, edid. Mansi, tom. Ili
•pag, IS,
Buch XL Kap. 5. §. 71. 517
§. 71.
I n Deutschland die heilige Hildegardis.
D e u t s c h l a n d besass um dieselbe Zeit wohl einige Domund
Klosterschulen, die sich vor andern auszeichneten, doch keine
derselben verdiente schon damals den Namen eines Studium generale,
und Hess sich auch' nur von fern mit den englischen französischen
oder italiänischen Anstalten der Art vergleichen. Aber
einer Schr i f tstel ler i n rühmt es sich, die sich, wie man auch
sonst über sie urtheilen mag, nach ihrer Kenntniss der Natur- und
Heilkunde den salernitanischen Frauen dreist gegenüber stellen darf.
Geboren 1099 zu Bechelheim an der Nahe und von ritterlicher
Herkunft, lebte H i l d e g a r d seit ihrem achten Jahre im
Kloster der Benedictinerinnen zu Disibodenberg, nahm hier später
den Schleier, und ward 1136 zur Aebtissin des Klosters erwählt.
Im Jahr 1148 bezog sie mit einigen ihrer Schwestern ein auf ihren
Antrieb neu erbautes Kloster auf dem St. Ruprechtsberge bei Bingen,
und hier beschloss sie 1179 ihr äusserlich still dahin geflossenes
Leben, daher sie auch oft H i l d e g a r d i s de Pinguia
genannt wird. Innerlich war ihr Leben gewiss desto bewegter.
Schon früh kam sie in den Ruf besonderer Heiligkeit, und soll all
ihr Wissen, sogar die Kenntniss der lateinischen Sprache, nicht
erlernt, sondern durch Eingebung empfangen haben. Auch wunderbare
Visionen und die Gabe der Weissagung schreibt man ihr
zu, und weltliche und geistliche Fürsten, Kaiser und Päbste wechselten,
besonders in Gewissensangelegenheiten, Briefe mit ihr, die
noch vorhanden und gedruckt sind. Vornehmlich soll sie jedoch
ihren Ruhm den unter dem räthselhaften Titel Sciviae erschienenen
drei Büchern ihrer Visionen verdanken. Einige andre theologisch
mystische Werke von ihr liegen noch ungedruckt. Von dem
allen, ich gestehe es, kenne ich nichts.
Aber als ehrwürdiges Denkmal des Alterthums und einer zu
jener Zeit nicht gemeinen Naturkenntniss empfehlen sich zumal
deutschen Naturforschern ihre vier Bücher der Physica.
C t r : ; ^ ' ^ r-Si,
m
-.1