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so oft ich hier vorbeikani, sammelten sich schnell alle und
fragten hin und hei*, was ich gefunden habe und noch suchen
solle.
Auf dem Wege nach dem Kastron oder Serail, Mie es
gewöhnlich hier genannt u ird , zeigen sich im Glimmerschiefer
einige bis zu 10 Zoll starke Schichten graugestreifter Marmor.
Unterhalb dem Schlosse steht in einer engen Thal-
schiucht ein colossaler marmorner Sarkophag, weiss und roth
marmorirt, rings um seine obere Kante sind grosse Stierköpfe
ausgehauen. E r ist in einem kleinen Werke, dessen Titel
mir entfallen is t, als Titelvignette gezeichnet. Die Verhältnisse
sind schön, aber die Arbeit und der Marmor sind
niclit besonders, e r mag viel gekostet und einem der Vornehmsten
gehört haben, je tz t dient er alten Weibern zum
M aschtrog, er verdiente wohl sorgfältiger anfbewahrt zu werden,
Ich begab mich in das sog. Kastron. Dieses alte Schloss,
was in seinen Ringmauern .die Stadt einschliesst, ist winklig gebaut,
wahrscheinlich in den ersten Zeiten der Venetianer, es liegt,
wie schon erwähnt, in einem finstein Winkel der Insel, auf
einem steilen, felsigen, ringsum isolirten Berge, der sich dicht
am Meer erhebt. Ich wollte h ie r von dem ersten Democheronten
der Insel, der die Stelle des Gouverneurs v ertritt,
Nachrichten über das einziehen, was von der Insel aus dem
Steinreich bekannt sei, wurde sehr freundlich aufgenommen,
erfuhr aber nur, dass bei Ajia Sosti ein alter Grubenbau und
daneben die alte Goldgrube in’s Meer versunken sei. Was
ich vom Lapis siphniiis s ag te , war völlig unbekannt. Zn
gleicher Zeit war ich ersucht worden, fü r den Admiral Dan-
dolo alles auf die Familie Gozzadini Bezug habende möglichst
zu erforschen. Was mir darüber bekannt wurde, werde ich
hier folgen lassen, da es zum Historischen der Insel gehört.
Doch zuvor erwähne ich , dass nah am Thore auf einer in
ein Haus eingemauerten Steinplatte mit grossen Buchstaben
XIEPEAZ eingehauen ist. Andre griechische alterthümliche
Ueberreste sah icli n ic h t, niemand machte mich auf der-
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gleichen aufmerksam, und das ganze Kastron durchzustören,
fehlte mir die Zeit.
lieber die einst auf Siphno residirende Familie der Gozzadini.
Die Familie der Gozzadini beherrschte seit dem 13ten Jahrhunderte
die Inseln Sifanto, Thermia, Zea, Kimoli, Polikandro
und Sikino. Aiisserdem besassen sie noch mehrere Lehen in
Naxos und Santorino. Sie bewohnten zwar öfters Naxos und
Thermia, ihre gewöhnliche Residenz war jedoch Siplino. Im
Kastron sah ich, wenn man zum Hauptthor hereingekommen ist,
links auf einer niedern Säule mit gothischen Minuskeln zu oberst
die Jahreszahl MCCC und darunter drei Zeilen, jede nur aus
etwa 6 Buchstaben bestehend, die zwar deutlich, aber doch
nicht zu enträthseln sind. Ueber dieser Säule is t zwischen
zwei Mauerbögen, auf einer Marmorplatte das Wappen der
Gozzadini ausgehaiien, und offenbar später eingemauert, wahrscheinlich
war es früher über dem äussern T h o re , denn was
soll es innerhalb der Ringmauer. Es hat wie da s , dessen
Zeichnung ich bereits besass, ein diagonal getheiltes, ovales
Wappenschild, dessen obere Hälfte silbern, die untere roth
is t ; um das Wappen rings herum sieht man eine ovale Umgebung
mit 1 2 , durch Einschnitte gesonderten, etwas gerundeten
Abtheilungen, die auf meiner Zeichnung als Kugeln
dargestellt sind. Das Wappen ist mit breiten Wappendecken
umgeben, über dem Platze, wo der Helm hervortreten sollte,
laufen gebogen zu beiden Seiten zwei grosse Federn herab,
über diesen und also auf dem Helm ragt eine bärtige, männliche
Gestalt so gross wie das Wappenschild empor, sie hat
beide Hände aufgehoben, die Linke fasst auf den Scheitel,
vom Kopf hängt an je d e r Seite ein unten umgerolltes Stück
Zeug, was über den Kopf g eh t, herab. Wo der Mann auf
dem Helm mit der Mitte des Leibes aufhört, steht auf einer
Seite N., auf der ändern G ., das heisst Nicolo Gozzadini.
Ueber dem Wappen steht MCCCC. Ihr anderes Wappen, was
einen Greiffenkopf fü hrt, fand ich im Schlosse nicht.
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