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SANTORINO.
F eu e r hoch zum Himmel empor. In den nächstfolgenden
Nächten war die Erscheinung noch herrlicher. Nach der gewöhnlichen
Ankündigung durch unterirdische Donnerschläge
sah man grosse Feuergarben, blitzend von Millionen Flammen
und Sternen sich in die Luft erheben. Diess Feuerwerk
ward durch eine Flammensäule unterbrochen, die sich diesen
Garben entwand und in der Luft v e r lo r , nachdem sie lange
unbeweglich mit ih re r FJammenzunge in die Höhe gelodert
hatte, während die Feuergarhen mit Funken wie ein Sternen-
regen umhersprühten.
Nun hatten sich die schwarze und die weisse Insel so
weit in die Breite ausgedehnt, dass sie zusammen nur Eine
Insel bildeten. Die Felsen hatten je tz t 4 Oeffnungen, oft
brach das F eu e r aus allen zugleich, oft nur aus zweien h e rvor
und ohne das vorige heftige Getöse, Es war nunmehr,
als höre man aus der F erne das Gebrüll wilder Thiere.
Am 12ten Sept. aber fing das frühere starke Getöse wieder
an und stärker als es gewesen; das Krachen war, als ob
eine grosse Armee auf einmal losfeuerte. Dicke Rauchwolken
verfinsterten den Horizont, Asche, Sand und besonders eine
grosse Alenge Bimssteine wurden viele Meilen weit fortge-
scbleudert. Das Meer war weit und breit mit Bimssteinen
bedeckt, die, wie bei frühem Ausbrüchen, an die Küsten
von Makedonien, von Kleinasien und bis an die Dardanellen
getrieben wurden.
Die Einwohner von Santorino verliessen ihre Häuser und
suchten eine Zuflucht in Felsenhöhlen. Niemand wagte im
Schloss zu Skaros zu bleiben, Mas bei seiner Lage auf einem
steilen vulkanischen Felsenrande jeden Augenblick herabstürzen
konnte. Dieser mörderische Regen von glühenden Steinen,
Asche und Sand zerstörte, verbrannte, verschüttete alle
Produkte der Insel.
Am 18ten Sept. erfolgte ein Erdbeben, Mas auch Santorino
e rs ch ü tte rte , jedoch keinen Schaden verursachte. Die
neue Insel njihm dabei beträchtlich an Grösse zu. Glüliende
Steine sausten einige Tage hindurch wie Bomben durch die
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L uft und fielen mit furchtbarem Gekiach auf die nahen Inseln
und in das Meer herab. Die kleine Kammeni ward von
solchen glühenden Steinen mehrmals überdeckt, vornehmlich
am 21. S ep th r., wo sie in der F e rn e oft mit ro th e r Gluth
überschüttet erschien.
An diesem Tage erfolgte auf einen furchtbaren Schlag,
wobei drei Blitze den Himmel durchzuckten, eine so heftige
Erschütterung, dass der grosse Fenerschlund auf der schwarzen
Insel zur Hälfte verschüttet einsank, wobei glühende F e lsenstücke
von ungeheurer Grösse weit in’s Meer geschleudert
wurden. Man glaubte nun, die grösste Heftigkeit des Ausbruches
sei v o rü b e r, aber am 24. Sept. ging der Aufruhr von
neuem los und, Mcnn man es sich denken kann, mit verdoppelter
Kraft. Unter schrecklichem Getöse erfolgte ein Erdbeben,
was auf Santorino so stark w ar, dass die Häuser
wankten und die Thüren aus ihren Angeln sprangen. Das Meer
schäumte und schwarze Felsen traten aus seinem Schooss
hervor. Aus dem grossen Feuerschlunde kamen in -i Stunde
5 bis 6 mal Flammen heraus und die stärksten Menschenstimmen
verschollen, es konnte keiner den ändern verstehen.
Man glaubte, die Insel werde untergehen und jed e r Augenblick
verdoppelte die Schrecken des vorigen.
So tobte der Vulkan, bald heftiger, bald minder, Monate
lang fo rt und wie der Mensch sich an Alles gewöhnt,
so machten auch die auf der Insel gebliebenen Einwohner sich
nicht mehr viel aus dem Höllenspectakel. Am schrecklichsten
war der 15te April.
Die neue Insel h a tte unter der Zeit nach und nach an
Grösse zugenommen.
Endlich wurde gegen Ende Mai 1 7 0 8 , grade Ein Jahr
seit dem Anfang dieser Schreckensscenen, Hephästos allmählig
ru h ig e r, das unterirdische Getöse legte sich, F eu e r und Rauch
nahmen ab.
Der 15te Juli war der erste vollkommen ruhige Tag, das
Meer war still und der Himmel heiter. Einige Santoriner bekamen
Lust die neue Insel zu besehen, sie calfaterten daher
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