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Spalten in diesem Kalkstein sind voller Krümmungen und Höhlungen,
in welchen sich später röthlichgelber Thon abgesetzt
hat. Die Einwohner haben an 3 Punkten zwischen diesen
Spalten und Höhlungen hineingearbeitet, um diesen Thon her-
ausziihoien und dann zu Töpfergeschirr zu verarbeiten.
Dieser Thon enthält kleine grünlichweisse Glimmerblättchen,
besonders auf den Spalten, auch enthält er zuweilen
Parthien eingemengte feine Sandkörnchen, e r braust nicht mit
Säuren, brennt sich ro th , ist ziemlich feuerbeständig ’und
schmilzt erst bei Weissglühhitze zn einem dunklen, schmutziggrünen
Glase.
Der Gouverneur der Insel und die , welche die Insel am
genauesten kennen, sagten mir: diess sei der einzige ihnen
bekannte Platz auf der Insel, wo sich eine rothe Erde finde.
Sie wussten, dass Theophrast angiebt: die im Alterthum geschätzteste
rothe Farbe sei von Keos gekommen. Strabo, welcher
gegen 400 Jahr später lebte, erwähnt nichts von dieser
rothen Farbe. Nim übersetzen diess einige Mennige, andre
rothen Ocher. Mennige fand sich aber bis je tz t nur und auch da
noch problematisch in Blasenräumen vulkanischer Schlacken
(Lava) als Seltenheit, etwas dergleichen findet sich auf dieser
Insel nicht und rother Ocher auch n ich t, der nicht nnbekannt
sein könnte; denn so etwas ausgezeichnetes wissen die Bewohner
der Insel re ch t g u t, um so m eh r, da er in bedeutender
Menge Vorkommen müsste; denn jene rothe F a rb e gewährte
einen ansehnlichen Ausfuhrartikel, wie das nachfolgende beweist.
Während ich nämlich im F rühjahr 1836 den letzten
Bericht über die Kykladen ausarbeitete, fand man auf der
Akropolis von Athen ein Actenstück aus dem steinernen Archiv,
welches dort aufbewahrt wurde, es enthielt einen Vertrag
der Athenienser mit den Lieferanten in Keos über die
dortige rothe F a rb e , worinn unter ändern bestimmt war, dass
mir athenische Schiffe zur Abfuhr gebraucht werden dürften,
die also nicht unbedeutend sein konnte, wenn sie Schiffsladungsweise
geschah, mochten die Schiffe auch klein sein. Dr.
Ross, der mit der Aufräumung der Akropolis beauftragt war.
theilte mir gefälligst jene Nachricht mit, die auf der wohlerhaltenen
Marmorplatte eingegraben war.
W’^as diese rothe Farbe war , lässt sich bergmännisch mit
aller Wahrscheinlichkeit folgendermaassen erklären.
Man findet nämlich am nördlichen Hafen Woiirkari in der
Nähe, wo Karessos lag, Stückchen Bleiglätte und gelbes, dichtes
Bleioxyd. Wurde also dort eine Art Masticot gebildet,
so fabricirte man auch Mennige; es wurde also wohl Glätte,
auch wohl gefrischtes Blei aus den nahen Gruben des Laii-
riongebirges hie rhe r gebracht und Alennige fabric irt, da man
in der Lauria an Holzmangel litt.
Im Bericht der Expedition scientif. de More'e ist aiifge-
fü h rt: in der Gegend des Klosters St. Maria befänden sich
Gänge von Bleiglanz, die noch nicht schienen bebaut worden
zu sein. Ein Kloster St. Maria giebt es aber auf der ganzen
Insel und vielleicht in ganz Griechenland nicht; es wurde mir
jedoch der Grieche zugesandt, welcher damals als F ü h re r gedient
hatte und wir begaben uns daher sogleich nach diesem
wichtig zu sein scheinenden Platze.
Das Kloster Aj i a Al a r i n a , welches im westlichen Theil
der Insel liegt, ist verlassen, es ist an einen schönen viereckigen
altgriechischen Thurm aiigebaut, den je tz t eine Unzahl
Dohlen bewohnt. Die Zinne ist mit weissem Marmor
v erziert, auch der Gesims über jedem F en ste r besteht aus
weissem Marmor; der schöne, noch ziemlich gut erhaltene
colossale Thurm macht einen gewaltigen Abstand zu den engen,
leicht daran gebauten Mönchszellen, die erst seit 2 Jahren
verlassen und schon zerfallen waren, während e r schon Jah rtausende
vorüber schwinden sah. ^ St. oberhalb dieses Thurms
sieht mau die mächtigen Ueberreste eines ändern Thnrmes.
Hier lag wohl das alte Poëessa, dem diese zwei Thürrae zum
Schlitz dienten.
Unterhalb des Klosters zieht sich eine tie f eingeschnittene
Schlucht herab, von deren Ausgang sich eine kleine mit Gesträuch
bewachsene Ebene bis an das nahe Meer erstreckt.
Beide Gehänge der Schlucht wurden sorgfältig begangen. Es
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