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Die Altertliüiner und das Grab zu Palaeopolis
auf Andros.
Gegen Abend gelangten wir in eine grosse, felsige, theatralische
Einbuchtung der Küste, in welcher alles üppig
grünte; ein Halbkreis kahler Felsenmassen schloss oberhalb
den grossen Garten ab , unten das Meer. Hier blühte einst,
geschützt vor dem rauhen Boreas und der wüthenden Levante
(Ostwind), eine mächtige S tad t, bedeutend noch unter der
Herrschaft der Venetianer. Aber auch sie ist vertilgt, nur
einige grossartige Ueberreste und die Gebeine weniger Bürger,
die noch in den Gräbern ruhen, sind geblieben.
Zur Erinnerung, dass sie in den ältesten Zeiten erbaut
wurde, nannte man diesen Platz Palaeopolis, die alte Stadt,
sie war daher wohl die älteste Stadt der Insel, wie diess an
ändern Orten vorzugsweise den zuerst erbauten Platz bezeichn
e t, und war also die von Andreus erbaute und nach ihm
benannte Stadt Andros.
In der Mitte des Halbkreises der obern, kahlen F e lsenmassen,
die oft fast überhängend von dieser Seite nur
sehr schwer erstiegen werden können, rieselt ein kleiner, nie
versiegender Bach h e rab , er giebt Fruchtbarkeit und Fülle
dem abgeschlossnen Thale und bildet in der nassen Jahreszeit
oft einen kleinen Wasserfall. Da wo er den rauhen, kahlen
Fels verlässt und fruchtbaren Boden b e rü h rt, eilt er durch
hohe Gebüsche grossblühender Myrten und glühenden Oleanders.
Es krümmen sich Terrassen um den Abhang, bewachsen
mit schwarzbeerigen Maulbeerbäumen und mit kleinen
Gärten b e se tz t, hin und wieder steht ein einsames Häuschen.
Etwas weiter herab zeigen sich mit Gebüsch wild verwachsen
Buinen der alten Burg, deren äusseres Thor aus grossen
Balken von grünem Glimmerschiefer noch zu sehen is t; auch
ein Paar lateinische Inschriften aus den Zeiten der Venetianer
finden sich hier.
Unter dem alten Schloss fangen wieder Terrassen an.
mit Weinstöcken und Mays. In der Wasserriese wächst hohes
Rolir, und Weinranken sclilingen sich von einem Maulbeerbaum
zum ändern. Weiter hinab von den Terrassen unter dem Schloss
wird der Abhang flacher, so dass Felder vorgerichtet sind;
wo diese am nördlich sich hebenden Abhang aufhören, sind
viele geölFnete G räb e r, in einem schon umgestörten fand sich
ein bronzener Ohrring von 2 Zoll Durchmesser.
Noch weiter herab unter der vorletzten Terrasse findet
man Ueberreste eines Tempels, der dem Dionysos heilig war.
Hier liegt eine starke Marmorsäule, zur Hälfte aus der Erde
hervorragend; au den Seiten des schmalen Gartens sind einige
Steintafehi mit Inschriften, welche man da fand, aufgestellt.
Die bemerkenswertheste von allen scheint die folgende zu sein.
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Ganz nahe hei diesem Platze liegt auf der nächsten T e r-
rassenmaiier eine lange Steinplatte mit Inschrift.
Ueber der Terrassenmauer, wo die Säule lieg t, ist ein
kleiner Garten mit grossen Alaulbeerbäiimen und daneben mit
Mays bepflanzt, hier stiess der Eigenthümer Dimitri Lucretzi
beim Bearbeiten' seines Gartens auf eine sehr grosse Gliramer-
schieferplatte, e r hob sie mit seinen 3 erwachsenen, rüstigen
Söhnen auf, und fand darunter einen länglich viereckigen,
ausgemauerten hohlen Raum, dessen Seitenmauern, die aus
flachen Glimmerschieferstücken aufgeführt sind, sonst mit
Mörtel bekleidet und mit verschiedenen Farben bemalt gewesen
sind. Längs der Hinterwand läuft eine etwa 18" hohe
und bre ite , niedrige Mauer, wie eine Bank hin, auf dieser
stand einst im nördlichen Theile in Lebensgrösse die wundervoll
gearbeitete Statue eines jungen Apollon von parischem Marmor,
mit wohlerhaltener Politur. E r ist völlig unbekleidet,
nur über die linke Schulter hängt ein zusammengefaltetes
Tuch bis an die Hälfte des linken Armes. Der Kopf mit
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