N A X 0
(Na x i a , ngr.)
S.
D i e grösste nnd fruchtbarste Insel der Kykladen. Sie hiess
in den frühesten Zeiten S t r o n g y l e , weil sie ziemlich gerundet
ist, nnd war von Thraciern bewohnt; es fehlte ihnen an
Frau en , sie wählten daher das kürzeste Mittel und raubten
Mädchen und Frauen in Thessalien, wurden aber von den
Thessaliern verfolgt und ihre Insel eingenommen, welche
diese wegen ihres glücklichen Klimas, ih re r grossen F ru ch tbarkeit
und Ueberfluss Dia (divina) nannten.
Ihres herrlichen Weines willen wurde sie auch wohl Dionysia
genannt.
Als aber wegen einer anhaltenden Dürre die Thessalier
die Insel verlassen h a tten , so liessen sich bald nach dem tro janischen
Kriege Karier auf der Insel nieder und gründeten
dort eine S tad t, die s ie , so wie die Insel selbst nach ihrem
Könige Naxos hiessen*). Später unterwarf Pisistratus
diese Insel den Atlieniensern, aber nach seinem Tode erlangten
sie bald ihre Freiheit wieder, und Naxos wurde damals
am blühendsten, bis es unter die Oberherrschaft der P erse r
kam; als diese aber die eigentliche Hellas unter Xerxes zu
*) Auch in Sicllien gab es eine Stadt N a x o s , die einst durch die
Chalkideer am Euripos, nebst einer ändern, Megara, im lOten Menscheii-
alter nach der Zerstörung von Troja am Abhange des Aetna erbaut wurde,
es waren die ersten Städte Siciliens; sind aber beide spurlos versunken.
Pausanias VI. 1.3, 4. Strabo VI. S. 266.
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unterjochen versuchten, kämpften die Naxier ritterlich mit den
ändern Hellenen zusammen in den Schlachten bei Salamis und
Platää, um Hellas und ihre Insel wieder zu befreien. Sie kamen
nochmals unter die Oberherrschaft der Athenienser, welcher
sie sich, als sie besonders im peloponnesisclien Kriege von
ihnen zu sehr bedrückt wurden, vergeblich zu entziehen suchten.
Während des Mithridatischen Krieges geriethen sie unter
die Oberherrschaft der Römer und als das oströmische Kaiserthum
gestürzt wurde, fielen sie in türkische Gewalt, bis
ihnen 1833 wieder ein freundliches Gestii’ii leuchtete und der
blasse Halbmond von der Insel verschwand.
Die Insel ist gross und wichtig und verdient daher wohl,
dass man das Wichtigste ih re r Geschichte aiifführe. In der
Mythe war Naxos berühmt, dass Bacchus auf seinem Zuge
hier längere Zeit re sid irte , da die Insel so günstig war, den
Anbau der Reben zu verbreiten and aus ihren Trauben einen
Göttertrank zu bereiten. E r war der Schntzgott der Insel,
deren grosse Fruchtbarkeit man ihm zuschrieb, hier hatte er
die vorzügliclisten F e s te , Tempel und Altäre.
Nahe bei der jetzigen Stadt fand Bacchus schlafend die
vom Theseus verlassne Ariadne; der M’eingott war schön,
ewig jugendlich und hatte süssen Rebensaft, so vergass die
reizende Königstochter des Theseus Untreue, wurde des Bacchus
Gattiiin (siehe I. Th. S. 8 5 4 ) und unsterblich; noch
heute soll der Naxoswein ein gutes Mittel gegen gekränkte
Liebe sein.
Geognostisch kann man Naxos als einen grossen Gebirgs-
stock betra chten, der ans Granit b e s te h t, welcher sich am
höchsten im nördlichen Theil der Insel hebt. Seine Seiten
sind mit Gneiss imd Glimmerschiefer, die Höhen aber mächtig
mit weissem Urkalk bedeckt. Bei der Stadt ist eine te r tiäre
Formazion aiifgelagert, so auch au der Nordspitze der
Insel. An nutzbaren Mineralien hat Naxos aiisscbliessend und
allein reiche Ablagerungen von gutem Schmirgel; auch schöner
Marmor könnte an ein Paar Stellen gebrochen werden, doch
benutzten ihn auch die Alten nicht, da er in Paros schöner,
¡''M.