und wir ruderten, begünstigt vom wiederkehrenden Ostwinde, am südlichen
Stromufer aufwärts. Als die Sonne des i 3. Septembers aufging,
erfreute uns ein ungewohnter Anblick. Am nördlichen Ufer des Stromes
erschien uns eine Reihe tafelförmiger, langgestreckter Berge, deren
erster Eindruck uns unwillkührlich die Bildung der Tafelberge in
Piauhy zurückrief. Vor den Bergen schwammen einzelne ganz niedrige
Inseln, deren saftiges Grün um so glänzender aus der in Sonnenschein
spiegelnden Fluth hervortrat, als der Hintergrund sich in ein duftiges
Blaugrün kleidete. Nur der östlichste Berg, welcher sich niedriger als
die übrigen darstellte, zeigte an einzelnen Abhängen die röthliche Farbe
des Gesteins, alle übrigen erschienen überall von dichter Waldvegetation
bedeckt. Diese Berge, die Serra de Parü, deren einzelne, von
Osten anfangend, die Serra de Almeirim, J^aimi-buraco, Tucumain-
tuba, Uaramü, Jutahi und Para.ua-coara genannt werden, erstrecken
sich von der P'illa de Almeirim bis Monte A legre; bilden jedoch keine
ununterbrochene Reihe, sondern treten um so deutlicher auseinander, je
weiter man nach Westen schifft. Ich habe sie im Atlas so abgebildet,
wie sie sich uns gleich anfänglich, etwa eine Legoa westlich von der
Mündung des Canals Aquiqui in den Amazonas darstellten. Im Allgemeinen
nehmen die Schiffer nicht mehr auf die Ebbe und Fluth Rücksicht
, sobald sie Gurupd in Osten hinter sich gelassen haben 5 doch übt
diese periodische Wasserbewegung noch einigen Einfluss auf die Reise
in den Canälen von Aquiqui. Von hier aus gen Westen erschien uns
der Strom öfter in seiner vollen Breite, von etwa drei Legoas, ohne
von Eilanden unterbrochen zu seyn. Die Bewegung seiner ungeheuren
Wassermasse, durch keine Zwischenufer gebrochen, war um so rascher
und gewaltiger. Wir glaubten uns, dem Schaukeln des Fahrzeugs
gemäss, auf hohem Meere zu befinden. Die Schifffahrt ist auch
gerade an diesen Küsten gefährlich, wo Schiffe, welche auf Untiefen
gerathen, durch die heftige Strömung zerschellt werden können. Frü-
herhin zog man aus diesen Gründen vor, entweder von der Mündung
des Aquiqui aus, die nördliche Küste zu suchen, oder innerhalb der
Canäle zu bleiben, welche jene Wasserstrasse des Aquiqui mit der Bifurcation
des Rio Guajara verbinden. Dieser Fluss kommt nämlich
parallel mit dem Järaucü zu den Amazonas herab, und ehe er sich
mit diesem verbindet, treten seine Bifurcationen, deren man vier oder
sechs zählt, mit denen des Jaraucu zu einem Netze von Canälen zusammen,
auf welchen also von Porto de Möz aus eine sichere, aber
wegen vieler Windungen und der unaufhörlichen Verfolgung durch
Mosquiten langweilige und lästige Schifffahrt möglich wird. Desshalb
zieht man jetzt vor, im Strome selbst längs der Küste zu reisen, wo
man drei Tagereisen braucht, um eben so viel Weg zurückzulegen,
als binnen fünf Tagen auf den Canälen. Fast hätten wir bereuen'müssen,
nicht diesen sicheren Weg eingeschlagen zu haben, denn zwei
Tage ununterbrochene Anstrengung von Seite der Mannschaft hatten
uns doch nur etwa acht Legoas westwärts gebracht, weil der Ostwind
sehr schwach wehte; und als dieser in der Nacht vom 14. auf den i 5.
September, nach einem ift Nordost aufsteigenden Donnerwetter, welches
uns nicht erreichte, zunahm, gingen wir mit vermehrter Geschwindigkeit
stromaufwärts, bis uns das Geschrei der vordersten Ruderer erschreckte,
dass wir nur in anderthalb Klafter Wasser gingen. Wir befanden
uns nun in einer dunklen, sternelosen Nacht, bei heftigem Winde
und hochgehendem Strome, auf den verrufenen Sandbänken von Mauary
(Magoary). Das Segel ward eiligst eingezogen, die Igatiübas (d. i.
Schiffschnabelmänner, Proeiros, die vordersten Ruderer) mussten son-
diren und durch anhaltendes Rufen vom Befunde Nachricht geben, während
die ganze übrige Mannschaft mit Stangen arbeitete, das Canoa in
ein tieferes Fahrwasser zu bringen. Mit Sonnenaufgang hatten wir
eine andere Mündung jener unter einander verbundenen Canäle erreicht,
die Furos de Mauary oder Mauary-ajura-para genannt werden, und
in sie einlenkend fuhren wir den ganzen Tag zwischen dem Festlande
und einer niedrigen Insel hin. Die Physiognomie dieser niedrigen Landschaft
erhält sinen ganz eigenthümlichen Gharacter durch die zahllosen
Ambaubabäume (Cecropia peltata, L i ) , deren weissrindige, sanftgeschwungene
Stämme in bedeutender Höhe über dem übrigen Buschwerk
der Ufer das Laub ihrer ellenlangen lappigen Blätter ausbreiten. Rudel
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