Bekanntlich ist die Sitte, das Kpadü zu nehmen, bei den Indianern in
Peru, wo es Coca heisst, sehr allgemein; und ich glaube, dass sie von
dort nach Brasilien eingewandert sey. Auch diese rohen Völker nehmen,
so wie die höher civilisirten, Moden und Gebrauche von ihren Nachbarn
an. (6.)
Während Dr. S p ix den hiesigen Aufenthalt benutzte, um noch
einige Lamantine, Delphine und Krokodile für die Sammlungen zu erwerben
(alle diese Thiere werden in dem See und den benachbarten
Igarapes nicht selten gefangen); dehnte ich meine Ausflüge auch jenseits
des Teffe nach Nogueira, sonst Parauari, aus. Dieses Dorf liegt,
zwei Legoas westnordwestlich von Ega, in einer etwas höheren, ausserordentlich
fruchtbaren und angenehmen Gegend, am westlichen Ufer.-)
Im Herbeirudern bemerkten wir vor der, am Abhange des Seeufers
liegenden Kirche, eine Reihe ganz nackter Indianer neben dem Geistlichen
und einer verschleierten Frauensperson. Als ich mich der offenen
Kirche näherte, hörte ich zu meinem Erstaunen, dass man eben im
Begriffe sey, die Taufhandlung mit diesen Wilden vorzunehmen. Es
waren sechs Männer vom Stamme der Papuas u. Cauixänas am Yu-
purä. Gestern aus dem Walde angelangt, hörten sie eine ihnen unverständliche
dogmatische Erklärung, die der Geistliche gab, ohne ein
Zeichen innerer Theilnahme, und folgten ihm dann bewusstlos in die
Kirche, wo die Ceremonie vollzogen wurde, indem der Pfarrer einer
derben Mulattin, die das Amt der Pathe {Maya Angaba d. i. Seelenmutter)
übernommen hatte, und mir eine brennende Kerze in die Hand
gab, um die Festlichkeit der Handlung zu erhöhen. Ich erinnere mich
*) Diese anmuthige und gesunde Lage rechtfertigt die ^grlegung hierher, nachdem das
Dorf vorher schon an zwei andern benachbarten Orten gestanden hatte. 1.753. ward es hierher
von eineixTCarmelitenmissionär versetzt, und mit Familien, von den Stämmen der Ymmia,
Jumd, Amlud, Cyrü, Uayupi, Juri, Mariardna und Catauuixis bevölkert. (Monteir<^lo2.
Ribeiro §. 98— 100.) Wegen der gesunden Lage haben sich auch jnehrere Weisse hjer' niedergelassen.
Die Indianer s in d a lle in ein gleichförmiges Völkchen, das die Tupisprache
. spricht, verschmolzen.
nicht leicht einer schmerzlicheren Gemüthsbewegung, als die war,
welche mich beim Anblick dieser fruchtlosen Ceremonie ergriff. Nur
die Taufzeuge mochte vielleicht ein andächtiges Gefühl bei einer Handlung
der Barmherzigkeit, die sie eben ausübte, gewinnen. Die Indianer
gingen, nachdem sie ungeschickt genug ein Knie gebeugt und von
der Pathe einige kleine Geschenke erhalten hatten, ohne Weiteres
davon; ich sah sie am Abende in ihrem kleinen Kahne wieder den
heimathlichen Wäldern entgegenrudern. Es schien mir, als läge die
bitterste Ironie in dem ganzen Vorgänge, und mit Bedauern muss ich
sagen, dass er hier nicht selten vorkommt. Der rohe Wilde beträchtet
die Taufe entweder abergläubisch als eine Wahrung gegen die schwarzen
Künste seiner Feinde, oder selbstsüchtig als ein Mittel, sich einige
Bedürfnisse von den betrogenen Weissen zu verschaffen. Nicht selten
melden sich dieselben Individuen mehrere Male bei verschiedenen Pfarrern.
— Die Indianerinnen von Nogueira sind wegen ihrer Geschicklichkeit
in der Verfertigung irdener Geschirre berühmt. *) Wir gingen
von Hütte zu Hütte, um die etwaigen Vorräthe, und die Manipulation
kennen zu lernen, und fanden dieselbe gutmüthige Zuvorkommenheit
bei diesen Schülerinnen des Daedalus, wodurch sich die aldeirten India-
*) Für den eigenen Hausbedarf verfertigen sie jene grossen, oft drei Fuss im Durchmesser
haltenden, Platten (Japünd) , welche, auf einen Heerd von Thon eingemaüert, zum Trocknen
der Mandiocca dienen, ferner halbkuglige Schüsseln (NJiaempepo') von verschiedener Grösse,
gemeiniglich ohne Deckel (Cokendapdbd) , worin sie ihre Speisen kochen, seltner Krüge ([Reru)
und flache Pfannen (Peryryssabä) , und endlich die grossen Töpfe (Camotirri) , zur Aufbewahrung
ihrer Getränke. Alle diese Geschirre sind nicht glasirt, oft sehr massiv und plump gearbeitet,
und je nach den Verschiedenheiten des Thons von grauer, weisslicher oder röthlicher,
selten von fast schwarzer Farbe. Für den Handel machen sie mit grösserer Sorgfalt vorzugsweise
eine Art flacher Schüsseln von verschiedener Grösse, die, auf der einen Seite ausgeschnitten,
unsern Barbierbecken ähnlich sind. Wahrscheinlich hat ein solches ursprünglich zum
Muster gedient, lind diese fremde Form ist jetzt am ganzen Strome herrschend. Solches Geschirre
ist auf der innern Seite glasirt, oder vielmehr gefirnisst. Das Material dazu, ein grünlich
oder graulichweisser Thon, wird lange Zeit mit Anstrengung zwischen den «Händen geknetet,
ms er die gehörige Feinheit und Bildbarl^eit erhalten hat. Das Forftien» geschieht aus
freier Hand, und zwar, wie überhaupt von allen wilden Stämmen America’s , durch Aneinan-
derfugung dünner Thoncylinder, um ein gemeinschaftliches Centrum, die dann züsammenge-
strichen und innig mit einander verbunden werden. Das weiche Geschirre wird in die Sonne