Rio Tapajoz hervor, zerstörten die Niederlassungen, und machten sich so furchtbar, dass man
Truppen gegen sie absenden musste, denen sie mit grosser Unerschrockenheit widerstanden.
Im achten Deccnnium des vorigen Jahrhunderts kam eine mehr als zweitausend Köpfe starke
Horde derselben aus ihren Mallocas hervor, setzte über die Flüsse Xingü und Tocantins, und
zog, Krieg und Verheerung verbreitend, an die westlichen Grenzen der Provinz Maranhao;
hier aber erlitten sie eine schwere Niederlage durch die kriegerischen Xpinagez, so dass sich
nur Ueberbleibsel des mörderischen Kampfes nordwärts an die Flüsse Mojü und Capim ziehn
konnten, wo sie die portugiesischen Fazendas verheerten. Von den vereinigten Pflanzern gedrängt
zogen sie sich endlich wieder zu dem übrigen Stamme »am Tapajoz zurück. Das Gouvernement
sendete ein Detachement von 300 Mann gegen sie aus, welches zehn Tagereisen vom Ufer
jenes Stromes auf eine stark bevölkerte Malloca stiess, und sich ringsum von zahlreichen gerüsteten
Feinden umgeben sah. Nur mit Noth konnte es sich durchschlagen, und den Fluss
wieder erreichen; doch soll es den Mundrucüs einen Verlust von .beinahe 1000 Mann beigebracht
haben, wie ein Häuptling derselben, der zuerst ein Freundschaftsbündniss einging, gemäss
seinem Kerbholze, erklärte. Im Jahre 1803 ward die erste Aldea der Mundrucüs, S. Cruz
sieben Tagereisen oberhalb Santarem, am Tapajoz gegründet, und seit jener Zeit hat der ganze
Stamm mit den Brasilianern Friede gemacht; mehrere ihrer grossen Dorfschaften haben sich zu
Missionen umgestaltet und treiben Handel mit den Weissen. In S. Cruz, Bohim, Pinhel und
den übrigen Villas am Tapajoz zählt man 1000 Bögen (streitbare Männer), in der Mission von
Maulte 1600, in der von Juruty 1000 Köpfe. Dieser Stamm ist fleissiger, als irgend ein anderer.
Man rechnet, dass die in Villas am Tapajoz ansässigenMundrucüs jährlich 6000, die von-
Mauhe i5oo, und die von Canonici 800 Alqueires Farinha bereiten, welche grösstentheils nach
Santarem und den benachbarten Ortschaften ausgeführt werden. Ihren Geistlichen machen sie-
gerne grosse Mengen davon zum Geschenke^ Als wir von der Malloca Caiaue nach Canomd
zurückkehrten, war der Kahn mit vollen Körben angefullt. Im Jahre 1819 hatten die Mundru-
cüi 'von Canomd 900 Arrobas Nelkenzimmt, und eben so viel Salsa gesammelt, und in den
Handel gebracht. Bei solcher Anlage zu bürgerlichem Fleisse wäre die baldige Niederlassung
aller Mundrucüs unter dert Weissen zu erwarten , wenn keine Missgriffe der Regierung dazwischen
träten. Dahin aber gehört die Forderung, dass die Aldeas Contingentc für die öffentlichen-
Arbeiten in der Barra do Rio Negro und in Parä stellen sollen. Diese ’unpopuläre, den wahren
Interessen widerstrebende Maassregel hindert das Gedeihen von JSS Cruz, Canomd u. s. f ., und
wir hörten oft desshalb Klagen einsichtsvoller Patrioten. Schon früher (S. 1069.) habe ich erwähnt,
welch’ wesentliche Dienste die Mundrucüs dadurch geleistet, dass sie den Räubereien
der Mwras Einhalt gethan, und dieselben im Zaume gehalten haben. — Die Mundrucüs von
Canomd sind aus ihren Fluren am östlichen Ufer des Tapajoz durch den Rio Sucundury her-
ab°ekommen, und stehen mit den dortigen Mallocas in Verbindung. Der Ort an letzterem
Flusse, wo sie sich nach Canomd einschiffen, ist zehn Tagereisen davon entfernt, und die
Canoas der Kaufleute , welche Salsa und Nelkenzimmt kaufen, gehn bis zu jenem Porto dos
Mundrucüs ungescheut hin und her. (Der Rio Canomd ist oberhalb der Verbindung mit dem
Sucundury noch nicht befahren worden.) Von da kommt man in drei Tagereisen zu Lande an
den Tapajoz, welcher Strom bei S. Cruz und Uxituba passirt wird, um zu den östlichen grossen
Mallocas zu gelängen. V Was ich oben über die Züge der Mundrucüs berichtet habe«
erinnert an die ähnlichen Wanderungen derjenigen Tupis, die einst die Quinimurds von den
Küsten von Bahia und Pernambuco vertrieben haben; doch sind solche Völkerwanderungen nicht
die einzige Aehnlichkeit zwischen den Mundrucüs und jenen mächtigsten der brasilianischen
Ureinwohner. Sowohl viele Tupiworte in ihrer .Sprache, als namentlich manche Züge in ihren
Sitten machen es wahrscheinlich, dass auch sie zu dem grossen Volke, gehört haben, das schon
vor vielen Jahrhunderten zersplittert-, in Familien, Horden und Stämme aufgelöst, sich aus
Süden über ganz Brasilien verbreitet haben mag. (S. oben S. 1093. ffl.) Sprachproben:
Tupf Mundrucü Tupi Mundrucü
Feuer tatd taschd Banane pacoba bacobd
Wasser hy (y g l) hü Arm jud ( jübä) woi pd
Mond iassi aschial Haus, , . oca öcka
Frucht id id Blut* tuy (tuguy) tuü
Väter .*5.- paya paipai Kröte cururü gorägorä
Mutter maya maihii Milch camü (camy) icamutü (Busenwasser.
(Manche Worte haben Aehnlichkeit mit gleichbedeutenden in der Sprache der Chiquitos in
Paraguay z. B. Fluss und Himmel heissen in der Chiquitosprache ogirus und apez, in der der
Mundrucüs iguri und capi.) Wie die Tupisprache soll die der Mundrucüs nicht schwierig, und
kräftig seyn 5 auch wird sie mit viel Modulation gesprochen. Die drei Consonanten F , L und R,
die der Tupf fehlen, und somit zu der Bemerkung der Jesuiten Anlass gegeben, es seyen die
Topinambas Leute ohne F e , Le und Rey (ohne Glauben, Gesetz und König), kommen auch
bei den Mundrucüs selten oder gar nicht vor. — Um die Aehnlichkeit in den Sitten der Mundrucüs
mit denen der Tupis, gleichwie sie von den Geschichtschreibern berichtet worden, be-
merklich zu machen, mögen noch folgende Nachrichten. dienen. Die noch nicht aldeirten Mundrucüs
bewohnen grosse, offne Hütten in Gemeinschaft mehrerer Familien. Nach Macht und
Ansehen nimmt jeder Mann mehrere Weiber; er hängt in der ihm zustehenden Abtheilung des
Rancho seine Hangmatte neben der der ältesten Frau auf, die im Hause zwar nicht gleich der
Favoritin, aber als oberste Haushälterin waltet, und oft selbst ihm jüngere Weiber zuführt.
Eifersucht und Hader sind die Folgen dieser, hier stärker als bei andern Stämmen entwickelten
Polygamie, gegen welche Padre Gonsalvez auch hei seinen Neophyten beständig zu kämpfen
hat. Wie die Garaiben und die alten Tupis haben die männlichen Mundrucüs die Sitte, sich
bei der Geburt-eines Kindes mehrere Wochen lang in die Hangmatte zu legen, und die Pflege
der Wöchnerin, so wie die Besuche der Nachbarn anzunehmen; denn nur dem Vater wird das
Kind zugeschrieben; die Thätigkeit der Mutter dabei wird der des Bodens, der die Saat empfängt,
verglichen. Bald nach, der Geburt erhält der Säugling einen Namen, nach einem Thiere oder
einer Pflanze; diesen wechselt er aber während seines Lebens mehreremale, sobald er eine Hel-
denthat im Krieg oder auf der Jagd verrichtet hat. So geschieht es, dass eine Person ,nachein-.
der fünf oder sechs Namen annimmt. Der»- Sohn bildet, sobald er mannbar geworden, eine
eigene Familie, indem er ein Weib nimmt, das ihm entweder in der Jugend bestimmt worden,
ode* das er sich durch mehrjährige Dienste im Hause des Schwiegervaters erworben. .Nach
dem Tode eines Mannes muss dessen Bruder die Wittwe, und der Bruder der Wittwe muss deren
mannbare Tochter heurat&n, wenn sich kein anderer Bräutigam findet. Gewisse Verwandtschaftsgrade,
z. B. zwischen väterlichem Oheim und Nichte, gestatten keine eheliche Verbindung.
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