Eierfett; gegenwärtig ist das Erträgniss viel geringer. Unsere Indianer
behaupteten, dass die Schildkröten sich, nach den hier erlittenen Verfolgungen,
in den benachbarten grossen See von Cadaiäs und durch
dessen Nachbarflusse, z. B. den Unini und Guiyunf, in den Rio Negro
gezogen hätten. Von der ersten (östlichen), fast drei Viertelstunden
breiten, Mündung des eben erwähnten Sees an, bis zu der des L a g o
d e C o a r i , welche wir am 16. November erreichten, haben wir kaum
einmal den Strom in einen einzigen Körper vereinigt gesehen. Nach
allen Seiten ergiesst er sich, anderthalb bis zwei Stunden breit, in
Canäle {P a r a n a -m ir irrt) zwischen zahlreichen, niedrigen, bebuschten
Inseln. Majestätisch ist der Anblick dieser ge waltigen, sich in allen Richtungen
zwischen, der üppigsten Vegetation hin verbreitenden Wasser-
Fläche. W ir hatten bald mit Strömungen, bald mit Untiefen zu kämpfen
, so dass, da überdiess alle Arten von Mosquiten stets in dichten
Wolken über uns schwebten, diese langsame Fahrt auch die männlichste
Geduld zu erschöpfen drohte. Besonders waren die Nächte, wel- /
che wir auf den P r a y a s von Jaga ra und U ru ta r i zubrachten, eine
Zeit der Qual und des Schreckens; denn wenn w ir , vom Schlafe überwältigt,
gegen die Stiche jener Harpyen unempfindlich geworden waren,
schreckte uns das Geschrei der Wachen auf, die , von grossen,
überaus kühnen, Kaimans oder von Onzen angegriffen wurden. W ir
befanden uns jetzt zwischen den Inseln der S o r im o e s oder V o r im a u s v ) ,
wie sie Padre A cu nna nennt, der von diesem Stamme, als dem mächtigsten
auf dem ganzen Strome, eine sehr günstige Schilderung macht.
Gegenwärtig wär nicht eine Spur indianischer Bevölkerung weder auf
*) Wir haben schon .obenYS. 1094. auf die Synonymie der Worte Sorimdo (port. 'Plur.
Sorimoes) und Yurimaus hingewiesen. Wahrscheinlich ist das letztere Wort aus Yurü Mund,
und Aba oder Ava, Mann, zusammengesetzt, indem, wie diess auch in dem Worte Omaua
oder Omagua erscheint, Aba in Aua oder Agua akgewandelt worden ist. (DieVeränderungen
dieser Art kommen in der'Lingua guaranitica oft vor: z.B. Jauarete oder Jaguarete, die Onze;
Tauä oder Tagua„ Gelb.) Yurü-m-aua hiessedann eigentlich: Mund-Mann, weil sie um den
Mund schwarz tatowirt waren. Gleich gebildet ist das Wort Yurü-pixuna, Schwarzmaul. Es
ist übrigens auffallend, dass weder A cunna, noch dessen Umschreiber, Pagan, von dcnnationel-
len Abzeichen der verschiedenen Stämme am Amazonas nur ein Wort reden.
den Inseln, noch auf dem Festlande anzutreffen. An vielen Stellen fanden
wir dichte Cacaowäldchen; und auf höheren Puncten standen zahlreiche
Bubunhapalmen, eine zweifelhafte Andeutung ehemaligen Anbaues
in dieser, nun der Zeugungskraft des Pflanzenreichs wieder anheimgefallenen,
Einsamkeit. Wie erfreulich musste uns daher seyn,
endlich die höheren, mit Wald bekränzten Ufer von Letten oder von
röthlichem Sandstein an der Mündung des L a g o d e C o a r i aus der gleichförmigen
Landschaft hervortreten zu sehen. Die Mündung dieses Sees
erweitert sich, im Süden von zwei kleinen Inseln, zu einem grossen
Becken von fast zwei Legoas Breite und sechs Legoas Länge. Seine
Ufer erheben sich nur wenig, und sind am Gestade mit Buschwerk,
weiter landeinwärts mit hoher Urwaldung bekleidet. Wir fanden seine
Gewässer ziemlich klar, und von grünlicher Farbe (daher L a c x>ert
auf d e l ’Isl e ’s Karte zu A cu nna) , und die Strömung gegenwärtig sehr
unbeträchtlich. Im Ganzen ist er seicht, namentlich gegen die Ufer
hin, so dass in der stärksten Trockne nur ein fahrbarer Canal zum
L u g a r d e AlveUos übrig bleibt, welcher drei Legoas innerhalb des
Sees, auf der Ostseite, gelegen ist. W ir hatten nur die Hälfte des
W e g e s zu dieser Ortschaft zurückgelegt, als eine finstere Nacht um
uns dunkelte, und da der geringste Windstoss die stillen Wasser hoch
aufwühlte, so sahen wir uns lange gefährdet, bis uns angestrengtes
Rudern, über die Untiefen hinweg, gegen Mitternacht in den Hafen
brachte.
A lveU o s , von den Indianern C o a r i genannt, eine von den Carme-
liten angelegte Mission *) enthielt ursprünglich Indianer von den Stämmen
*) M onteiro berichtet ^ . 97), dass die Ortschaft zuerst in Paratary gegründet, von da
auf die Insel Goajaratuva, dann nach der Küste von Guanamd, und endlich hierher verlegt
worden sey. Solcher Wechsel der .Localitäten ist mit vielen Ansiedelungen am Amazonas
vorgenommen worden, indem die späteren Erfahrungen über das Klima, über Beschaffenheit
des Bodens, Handelsverkehr, über die Nachbarschaft feindlicher Indianer, oder häufiger Mos-'
qU;ten, ja wohl auch die individuelle Neigung des Missionärs zur Veränderung des Wohnsitzes
Veranlassung gab; In einem Lande, das überall gleichsam unbekannte Reichthümer zu enthalten
schien, und wo*so wenig Aufwand nothwendig ist, um sich häusliche Unterkunft zu
verschaffen, wird solche Neigung zum Wechsel doppelt leicht erklärlich.
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