Anmerkungen zum dritten Kapitel-
/,.) Nach der i. J. 1808 veranstalteten trigonometrischen Messung hat derjenige Theil der
Bahia de Goajard, worin sich der Mo; ü, zwischen der äussersten Spitze des Festlandes inN. 0 .
und dem in S.W , gegenüberliegenden Lande am Canal von Carnapijo über 1200 Klafter Breite.
Die Messung D e la Condaminr’s =749 Tois. bezieht sich auf einen oberen Theil'des' Flusses,
wo man bereits die Ausbreitung der ganzen Bai aus dem Gesichte verloren hat. Dieser Dimensionen
ungeachtet» gehört der Mojü doch nur zu den Beiflüssen des vierten Ranges. Seine
Quellen liegen jensoits des vierten Parallelkreises in steinigen Waldungen, aus welchen er,
parallel mit dem Tocantins, herabkömmt. So weit er vermöge seines Wasservorrathes mit
kleinen Canoas befahren werden kann, ist er auch frei von Fälle*. In dem unteren Theile des
von ihm durchströmten Gebietes hat er weniger Fall als der Guamd, was sich unter Anderm
aus seiner Doltaverbindung mit dem Igarape-mirim und dadurch mit dem Anapu ergiekt, welcher
nebst seinem Beiflusse Meroe als eine Bifurcation des Supiuba zu betrachten ist. Aus diesem
Grunde dürfte auch die in ihm bemerkbare Pororoca viel schwächer, als die im Guamd
seyn. Die Ufer des Moju, bis weit gegen Süden mit dichten, hohen, an feinen Tischlerholz-
Arten, dem Nelkenzimmthaume und der Castanie von Maranhdc^ichen, Urwäldern besetzt, sind,
so wie die seines beträchtlichen Nebenflusses, des Acard, schon acht Meilen oberhalb Jacuarary
fast ganz ungehaut. Die anwohnenden Indianer sind , nach Cazal , Corogr. II, S. 293., yom
Stamme der Ammaniüs, Pochetys und Gex. Wir konnten aber in Jacuarary nichts Bestimmtes
über diese Horden erfahren, welche schon in sehr- geringer Anzahl vorhanden zu sayn
scheinen.
(2.) Unter allen Palmen Südamerica’s ist keine so vielfach von den Schriftsteilem gefeiert
worden , als die Mauritia ftexuosa., L. (Mart. Palm. S. 45- «• 4o-> Besonders Gumilla (Oren.
c. 9.) erörtert in frommer Beredsamkeit den mannichfalügen Nutzen, welchen sie den, unter
ihr wohnenden, Guaraünos darbietet. Zu Kähnen, Planken, Dachsparren und anderem Holz-
Geräthe verwenden auch die brasilischen Indianer die colossalen Stämme derselben; aber die
Gewinnung eines feinen Amylums aus dem Marke, gleich dem Sago Ostindiens, ist ihnen
fremd, wahrscheinlich desshalb, weil sie nicht, gleich Jenen, in den feuchten Gründen, worin
die Palme wächst, feste Wohnsitze, haben, und in den trockneren Wäldern die Mandioccabauen.
Blätter und Blattstiele verwenden sie ebenfalls zu Flechtarbeit; auch "trinken sie den süssen
Saft, welcher aus den abgehauenen Fruchtästen hervorquillt oder sich in Gruben sammelt, die
sie in den gefällten Stamm geliauen haben. Seltener bereiten sie ein Getränke aus dem Absude
der Früchte, indem sie dSzu den Beeren der Palmen Batauä und Assai den Vorzug geben; aber
eben so wenig cckel als ihre nördlich wohnenden Brüder, kennen und schätzen sie das Gericht
aus den Larven von Curculio palmarum, welche sich zahlreich in dem gefällten Stamme ent
wickeln. Die Bemerkung Gili’s , dass man unter der Mauritia nirgends vergeblich nach Wasser
grabe, welches sich' in dem nur wenige Fuss tief eröffneten Boden alsbald ansammele, hatte
ich ebenfalls zu machen Gelegenheit, und sie erhält doppelte Bedeutung bei der geographischen
-Betrachtung ausgedehnter Landstriche, deren Erhebung über den Ocean uns, wenigstens gros-
sentheils, unbekannt ist. Ich habe (a. 0. a. O.) ausgesprochen, dass die Mauritia nur selten
in einer Höhe von mehr als achthundert Fuss über dem Meere erscheine. Bis zu dieser Höhe
dürfte, im Allgemeinen, das grosse Becken von Piauhy ansteigen, dessen Hauptstrom, der Par-
nahyha, in seinem, mit feuchten Wiesen und zerstreuten Wäldern bedeckten, Flussgebiete vorzüglich
mit vielen Mauritien geschmückt ist. Auch in den nördlich davon liegenden Flussgebieten,
des Itapicurü, Mearim und Tury-apu, erscheint sie häufig. Auf der Insel Marajó wächst
sie besonders in der nordöstlichen, mit Camposvegetation bedeckten, Hälfte, denn sie liebt ’einen
freien Stand. Längs dem Amazonenstrome landeinwärts erschien sie uns seltener, als ans
den Küsten, und nur auf den Inseln oder an den Seen des Festlandes, aber, was von einiger
Wichtigkeit seyn dürfte, im Yupurd stellte sie sich nicht selten zu ganzen Wäldern vereinigt
dar, und wiederholte gleichsam das Bild der Mündungen des Hauptstromes. Herr von Humboldt
hat sie am Fusse des Berges Duida bemerkt; nach der Versicherung meiner Indianer im Yu-
purä findet sie sich an den westlichen Beiflüssen des Rio Negro, und dürfte man annehmen,
dass sie sich von diesen niedrigen Binnenländern bis zum Flussgebiete des Orenoco', seinem
Delta, der Insel Trinidad und den Llanos von Cumana verbreite. In Essequebo, Surinam und
Cayenne erscheint sie nicht tief landeinwärts. Wahrscheinlich erstreckt sie sich also in einem
weiten Kreise ringsum das Hochland von Parime, und hilft einen niedrigen Landstrich bezeichnen,
dessen wesentlichster Charakter sein Quellenreichthum ist. Viele andere Palmen erheben
sich zu gleicher Höhe mit der Mauritia, aber ihr Boden ist nicht auf gleiche Art wasserreich,
und wir schliessen hieraus, dass sie nicht sowohl Feuchtigkeit aus der Luft anziehe,
als vielmehr nur in feuchtem Grunde wachse.
(3.) Wir haben schon früher (II. S. 572.) Einiges über den Rio Tocantins beigebracht,
glauben aber diese Nachrichten hier, als am geeignetsten Orte, noch etwas weiter ausführen zu
müssen, da ein Seitenblick auf die grossen Ströme, welche sich in den Amazonas ergiessen,
die Geographie des letzteren und seines Stromgebietes erläutern möchte.
Tocantins. Geschichtliches uhd L itkbXhiscbes. Die erste Nachricht über die Entdeckung dieses
grossen Stromes giebt Bkhhedo (Anna'és §§. 1191 und 1200 — 1204-)- Im Jahre 1673 sendete Pedro
Cezar de Mkhkzks , Gouverneur des Estado von Gram Para, einen der Conquistadores des oberen
Amazonas und Rio Negro, den Fr. da Mota F.vixäo ab, um den Strom kennen zu lernen. Die erste
Veranlassuug zu der Unternehmung hatten flüchtige Indianer vom Stamme der Guarajüz gegeben,
die den Tocantins herabgekommen waren, unfeinem Pauli sten , Pascoal Paks dk Araujo , zu entgehen,
welchen seine Sclavenjagden bis hierher geführt hatten. FALcäo traf diesen Abentheurer, zog sich
aber vor ihm zurück. Am Ende des folgenden Jahres und Anfangs i 675* übernahm der Padre Art.
Raposo Tavarks , der in Lissabon persönlich glänzende Erwartungen von der Entdeckung der Gold-
Minen in diesem Stromgebiete erregt hatte, eine bereits ausgerüstete zweite Expedition, die jedoch
ebenfalls fruchtlos ablief. Die Entdeckung des ganzen Verlaufes des Stroms fällt in das zweite Decennium
des vorigen Jahrhunderts, indem Gap. Diogo Pinto da Gaja , auf Befehl Bkrredo’s , des
Annalisten, welcher 1718. das Gouvernement übernommen hatte, stromaufwärts fuhr, die Vereinigung
des Tocantins und Araguaya erkannte, und den letzteren Strom bis zum zwölften Grad s. B. verfolgte.
Der andere östliche Hauptast des Tocantins, der Rio Maranhäo, ward vom Jahre 1728 an bekannt,
als in seinem Flussgebiete Goldminen entdeckt und eifrig betrieben wurden (vergl. II. S. 587.). Ein
Decennium später bestimmten die Jesuiten Diogo Soarks und Domihgos Chapaci mehrere Breiten am
oberen Theile des Stromes. Dass die erste Reise stromabwärts von Goyaz nach Para im Jahre 1773,
bewerkstelligt worden sey, haben wir bereits erwähnt (II. S- 572.). Um die Schifffahrt auf dem