Aus dem See von Acunam zurückgekehrt, landeten w ir , um die
Nacht zuzubrihgen, auf einer Insel am südlichen Ufer des Stromes. Am
Tage vorher hatten die Indianer die erste noch übrige Praya mit Schild-
kröteneiern entdeckt, und sie rechneten auch hier auf gleichen Fund;
statt dessen brachten sie nur Eier vom sogenannten Camäleon (Gattung
Iguana oder Lophyrus) , welche, leicht mit Erde und Blättern bedeckt,
am Ufer Vorkommen. Sie waren durch eine Bande von Störchen darauf
geleitet worden, die diesen Eiern mit grosser Begierde nachstellen.
Obgleich die jungen Thiere in den Eiern schon stark ausgebildet waren,
verzehrten sie sie doch als einen Leckerbissen. Jene Störche (Ciconia
americana) und einige grosse Reiher (Garga branca, Ardea Egretta)
waren gegenwärtig die einzigen Wasservögel, die wir fanden. Die Indianer
behaupteten, auch 9ie seyen nur Nachzügler der übrigen, welche
sich, wegen des hohen Wasserstandes des Amazonas, jenseits der Katarakten
des Yupurä und nach Norden gewendet hätten. Diese Bemerkung
reiht sich an die Beobachtungen des Herrn v. Humboldt an, gemäss
welchen die Wasservögel vom Orenoco nach dem Frühlings-
aequinoctium, d. h. zur Zeit der ersten Hochwasser, nach Süden ziehen,
weil ihnen dann der hohe Wasserstand an jenem Strome zu wenig
Nahrung gestattet. Ueberhaupt aber habe ich den Yupurä während
der Monate December bis Februar arm an Vögeln jeder Art getroffen.v)
Die Nacht vor dem Weihnachtstage dunkelte plötzlich über uns ohne
einen Stern am Firmament; doch bald ward sie, gleichsam zur Feier,
von tausend Leuchtkäfern erhellt, welche, wie durch Zauber erweckt,
aus allen Gebüschen hervorflogen.
Die Reise ward entweder zwischen Inseln oder am nördlichen Ufer
fortgesetzt. Der Yupurä mag hier in seiner grössten Ausdehnung im *)
*) Die Indianer machen ihre Provisionen an Wasservögeln: Störchen (Jabüru \ Tujujü) ,
Enten (Ipecu) i Tauchern (Oird -megodri), Kibitzen (Aty Aty) , Reihern (Acard), und kleinen'
und grossen Enten (Potery und Goanana) in den folgenden Monaten. Die dann zu Tausenden
getödteten Vögel werden im Moquem getrocknet, und\ dicht aufeinandergepresst, zwischen
den Blattscheiden der Pacova Sororoca , einer baumartigen Musacee (Urania amäzonica, M .),
oder gewisser Palmen im Giebel der Hütte aufbewahrt.
Hauptcanale höchstens das Viertheil einer Seemeile, und von einem Ufer
des Festlandes zum andern noch einmal so viel Breite haben; an vielen
Stellen ist die Tiefe nur geringe, die mittlere Tiefe im Hauptcanale etwa
fünf bis sechs Klafter. Die Beschwerlichkeiten wuchsen durch die zunehmende
Strömung, viele untergetauchte Stämme, zahllose Mosquiten,
eine schwüle Hitze bei trübem Himmel und häufigen Regen. Aller
Anstrengung der Indianer ungeachtet, erreichten wir daher das Dörfchen
S. Joäo do Principe erst nach fünf langen Tagereisen. Es liegt
auf dem nördlichen, hier ziemlich erhöhten, Ufer, eine Viertelstunde
unterhalb der Mündung des Pur eo s, eines der beträchtlicheren Beiflüsse
auf der Südseite. Dieser L u g a r , die äusserste Niederlassung der Portugiesen
im Yupurä, war i. J. 1808 durch den damaligen Gouverneur,
J. J. V ittorio da Costa, den Schwiegervater meines Begleiters Zany,
errichtet und mit Familien vom Stamme J u r i, Coretu und Jäm a , die
in den benachbarten Wäldern haussten, besetzt worden. Die wohlmeinenden
Absichten des einsichtsvollen Gründers, der durch die Ortschaft,
in deren Nähe mehrere Anführer jener Stämme Pflanzungen
besassen, einen lebhafteren Verkehr beabsichtigte, sind grossentheils
durch die Einrichtung vereitelt worden, den Indianern einen Weissen
zum Richter zu geben. Wie fast überall wo ein Solcher, ohne Con-
trolle der Geistlichkeit oder anderer Behörden, über die einsamen Indianer
zu walten hat, kamen mit ihm Bedrückung, Intriguen und Noth,
und die meisten Ansiedler haben sich wieder in ihre Wälder zurückgezogen.
Jene drei Stämme hatten drei Reihen von Hütten, die aus
hölzernen Pfosten, mit Wänden von Flechtwerk und Lehm und Dächern
von Palmblättern, auf öffentliche Kosten errichtet worden waren. Gegenwärtig
waren nur noch einige Familien von Juris und Coretus vorhanden
, und auch diese hatten sich bei der Nachricht von unserer Ankunft
versteckt, oder zu ihren Nachbarn geflüchtet, die auf den Rossas,
entfernt vom Dörfchen, wohnen. Die Frohnen, welchen diese armen
Indianer, unter dem Vorwände des öffentlichen Dienstes, lediglich für den
Eigennutz des Richters unterworfen werden, machen ihnen vor der
Ankunft eines jeden Weissen bange; und nur mein, mit dem Charakter