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im Walde wir Rauch aufsteigen sahen, theils wegen der Onzen, die
wir Vormittags am Ufer saufen sahen, oder deren Fährten uns beim
Anlanden zur Bereitung des Mittagsmahles begegneten. Die Krokodile
waren schon seit den Fallen von Cupati sehr selten geworden, weil
starker fliessende und kühlere Gewässer (hier im Hauptstrome gewöhn*
lieh von 23° R.) ihnen und den Schildkröten minder behaglich sind. Am
zweiten Tage passirte ich die Mündung des Rio F r a (Honigfluss), am
dritten die des Rio Uvania, der vielleicht nach dem Rio dos Enganos
(Cunhary oder Tauaxamim) der wasserreichste Beifluss iti diesem Gebiete
ist, wenigstens nimmt die Breite des Bettes von min an noch mehr
ab, und mag im Durchschnitte gegen hundert und fünffiig Klafter betragen.
Am Abende, des dritten Tages fand ich an dem kleinen nördlichen
Beiflusse Jui den ersten Granit zu Tage, anstehend. Es ist ein kleinkörniges,
sehr dichtes, fast porphyrartiges Gestein von röthlichter Farbe,
und hie und da noch von der Formation des Sandeisensteins in acht
bis zehn Fuss mächtigen Schichten bedeckt. Im Strome und an seinen
Ufern erschienen wiederholt ausgedehnte Lager der bereits erwähnten
Breccie aus Quarz, Jaspis und jenem Sandsteine. Bänke davon, die
hie und da das Wasser durchsetzen, drohten die Fahrzeuge zu beschädigen,
und zwangen zu grossen Umwegen. Diese Formation verschwand
aber gänzlich, als wir am Morgen der vierten Tagereise einige Windungen
erreichten, die die Indianer Passü (Pougo) agu, d. i. grosse
Löcher, nannten. Der Fluss arbeitet sich hier zwischen grotesken Granitblöcken
durch, und bildet mehrere Wirbel, die während des Hochwassers
gefährlich zu passiren seyn sollen. Hier war es, wo mir zuerst
die seltsame bleigraue Farbe der Felsen überall an ihrer Oberfläche,
wo sie von Wasser berührt werden konnte, auffiel. Die Gegend erhält
durch diese monoton und düster gefärbten Felsenmassen, welche,
von der Sonne beschienen, einen matten Glanz verbreiten, einen schwer-
müthigen Charakter. Ich habe diese dunkelgefarbte Schichte nur an
Granit, und zwar an sehr harten Arten desselben, gefunden; vielleicht,
weil weichere Gebirgsarten eher neue Oberflächen bilden, als die alten
auf diese eigenthümliche Weise verändern. Auch der harte, ganz weisse
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Sandstein von Cupati ist da, wo er vom Wasser berührt ward, mit einer
kastanienbraunen Schicht an der Oberfläche versehen, welche sich nur
als eine gradweise, von Aussen nach Innen geschehene, Oxydation des
Eisens darstellt. Unstreitig spielt dieses Metall auch bei der Färbung
der Granitflächen eine wichtige Rolle (vergl. II. S. 709.); aber eine chemische
Analyse hat noch nachzuweisenin wie ferne hier Zersetzung
mittelst der tropischen Sonne und des Wassers und Absetzung aus dem
letzteren untereinander greifen. Als wir- Pougo - assü passirt hatten, schien
sich Alles zu verbünden, die Schifffahrt noch mühseliger und trauriger
zu machen. Die Strömung, nach meinen Messungen y2 bis y3
Fuss in der Secunde, machte bisweilen die äusserste Kraftanstrengung nö-
thigj wenn wir eine Ecke zu doubliren hatten. Die Indianer, sonst von unverwüstlicher
Ausdauer, fingen an, schwerer am Fieber zu erkranken und
sich,über die Plage der Pium lebhaft zu beklagen; und ich konnte ihr Murren
wohl rechtfertigen, wenn ich ihre blutigen Rücken betrachtete. W e gen
der häufigen Riffe und Klippen durften wir auch nicht mehr wagen,
bei kühlem Mondenschein zu fahren, wo jene plagenden Harpyen sich
zurückziehen. In gleichem Maasse als die Gewässer reissender, die
Ufer steiniger, würde der Wald um uns her zwar niedriger aber auch
dichter; finster hängt er über den Fluss herein, kein Vogel lässt sich in
ihm hören, kein Wild kommt an’s Ufer herab, und schwer und grausenhaft;
lastet die Einsamkeit auf dem Gemüthe des Reisenden. Zu all dieser
Noth gesellte sich die Bösartigkeit jenes Soldaten, den wir von Para
als Sauvegarde mitgenommen, der sich aber, seiner früheren Aufführung
gemäss (wir erfuhren später, dass er ein Degradado aus Portugal
war) immer deutlicher als ein widerspenstiger, ja aufrührerischer Geselle
zeigte, und seine Hülfe im Nothfalle zu entziehen suchte. So war
er eines Abends mit seiner Montaria zurückgeblieben, und da auch der
andere Nachen, den ich zum Fischen auf das jenseitige Ufer geschickt
hatte, ausblieb, musste ich allein auf einer Sandinsel anlanden, um die
Nacht zuzubringen. Die Indianer erblickten hier Fusstritte von Menschen
im Sande, die sie den feindlichen Umäuas zuschrieben, und sie erschracken
hierüber so sehr, dass sie in den Kahn springen, und entfliehen wollten.
IIT. Theil. , 159