weilen bilden ihre gleich Lanzen emporragenden Aehrenscliafte einen eigentümlichen Zug
in der Physiognomie der Landschaft0).
Es ist ein Vorrecht der Tropenländer, jene reiche und üppige Vegetation, die dort
Ton einer mächtigeren Sonne herrorgerufen wird, nicht blos über die Erde zu verbreiten,
sondern auch hoch in die Luft, auf die Stämme der Urwälder zu erheben. Nichts vermag
ein wahreres Bild von der Fülle und Kraft des americanischcn Bodens zu gewahren, als ein
dichtbelaubter Stamm, den parasitische Gewächse im bunten Wechsel der Farben und Ge.
stalten überziehen und- auaschmücken. Unter den Monocotyledonen sind es neben den, so
eben betrachteten, Ananasgowächsen, vorzüglich noch zwei Pflanzengruppen, wodurch solche
hängende Gärten gebildet werden! die O r c h id een„und die A r o id e e n oder F o t h o s
g ew ä c h s e , heide höchst ausgezeichnet! jene durch die wundervollenFormen und den Farbenschmelz
ihrer Blumen, diese durch die colossalen und seltsamen Umrisse ihres saftiggrünen
Laubes. Auch in Europa sind manche Arten der Orchideen hehannt: fast alle (söge,
nannte Satyrionen) wachsen hier in der Erde; aber in den Tropen beider Welthälften wu-
ehern die meisten und prächtigsten Formen (die sogenannten Epidendreen«) auf Baumen,
ci.!a ü ..m erhaben über andere Mapzengeschlechler. Der phantasievolle Natursinn des
Orients hat diese- Eigenschaft- ergriffen; die Javaner behaupten, jene Gewächse, B o n g a
B o k i , d . * Blumen der Fürstinnen"’), bezeichneten schon durch diesen Standort ihr adeliges
Geschlecht, und seyen würdig, ausschliesslich den Frauen der Herrscher zum Schmucke
zu dienen. Man mag von der seltsamen Gestalt unserer Frauenschuh-Blumen (Cypripedium
Calceolus, L.) und unserer Bagwurzarten /OpfiryjJ auf den Luxus der Formen schliessen,
welchen die Orchideen in heissen Ländern entwickeln. Gleichsam als strebe die Natur in
ihnen das Fremdartigste nachzubilden, gleichen ihre Blumen bald Fliegen, bald Schmetterlingen
oder Vögeln, in den wunderlichsten Stellungen am saftiggrünen Laube aufgehangen,
das zwischen fleischigen Knollen aus der Erde hervorbricht, oder mit dicken Büscheln langer
silberweisser Wurzeln sich an Stämmen, rtnd Aesten festklammert. Ja manche dieser
blumenreichen Parasiten (Aeriics) ', eines sehr lebhaften Alhmungsprocesses mittelst der fleischigen
Biätlel’ fähiv, grünen, ihrer Unterlage beraubt und in Körben aufgehangen, Jahre
lang fort, 'und erneuen auch hier ihre bunlfürhigcn Blüthen. Unter diese Baumwurzler gehört
auch die Vanille (VanSlla aromatica, Sw. Tah. n . i. 4 0 , ausschliesslich den amenca-
nischen Tropen eigen, und wie durch die Blumen, so durch das edle Arom ihrer Früchte
ausgezeichnet. In heissen Schluchten überziehen andere Gattungen (z. B. Oncidium, Tab.
I. x. 2.) mit silberglänzenden, weitverbreiteten Stengeln die Flächen des dürren Gesteins,
durch die bunteste Farbenpracht ihrer Blumen’ verherrlichet.
.) S„ erhebt sich das Endmliriwu xpcadbiU (Tab- I. X. 4.).über die Öranitfelsen in der Previu.
Bahia. Wir haben dieser Manie (S. T5t.) bereit, als Pnfu raiotili, erwähnt, sowie einer andern, verwandten
r Bromelia U M tinctori. (Tab. I. § 5.) als einen tauglichen gelben Farbestoff j.efcrnd.
Da Pelit Themars, der die Orchideen der Mascarenhas-Inseln beschrieben, unterscheidet alle
Gewächse der Familie nach dem Standorte in jene beiden Hauptgruppcni die Satyrionen und die
Epidendreen. ” *,V . _ ,
•**) Der Name der Blume der Fürstinnen gilt vorzüglich von dem Anßraecum scriptum, Kumpn.
Amboin. VI. t. 42.
Wenn in den Orchideen Alles auf, eine sorgfältige Ausarbeitung des pflanzlichen Stoffes
zu eigentümlichen Formen hindeutet, so hat dagegen die Natur in der Schöpfung der
Aronstauden (A r o id e a e ) nach grossarligem Maassstabe gearbeitet. Unbekümmert um das
Spiel zarter, zu seltsamen Blüthen gleichsam verwebter und verschmolzener Blätter, den
Effect des bunten Farbenschmelzes verachtend, hat sie hier grosse grüne Massen zu grot-
tesken, bald einfachen, bald zweitheiligen, gefingerten oder gefiederten Blättern von mancherlei
Umrissen ausgebreitet. Das Blatt unter dem kolbigen Blüthenstande ist in eine rohe,
oft gefärbte, Tute zusammengerollt. Wie solches auch bei andern trübgefärbten Blumen
bemerkt wird, giebt diese Hülltute ( Spatha) , bisweilen einen aasartigen Geruch von sich
(Arum campanulatum, Roxb., Dracontium foetidum, L .) ; auch eine eigentümliche Wärme
Entbindung aus diesen Scheiden ist (z. B. bei Arum italicum, L.) wahrgenommen worden.
Bei manchen Aroideen , wie z. B. dem gemeinen Aron (Arum maculatum, L .) Eu-
röpa’s , birgt sich der Stamm unter der Form von mehlreichen Knollen, die in tropischen
Ländern ein wichtiges Nahrungsmittel geworden sind (so die Inhame, Calladium esculen-
tum, Vent.). Bei andern klimmt er gewunden, und strickartige Luftwurzeln aussendend,
an den Bäumen hinan, oder er steht, von elfenbeinweisser Farbe, in die Quere geringelt
(Calladium arborescens Vent., liniferum, Nees. Mart.) mit grossen pfeilförmigen Blättern
gekrönt, gleich Palisaden in dichten Reihen am Ufer der Gewässer (Tab. I. vm. 2. *)
W ü r z s c h i l f e und B a n a n e n (Pisang). Diese beiden Pflanzenfamilien gehören fast
ausschliesslich den Tropenländern an, und wenn jene in der alten W elt vorzuherrschen
scheinen, dürfte die neue ein Uebergewicht an diesen enthalten. Das Blumenrohr (Cßnna)
und der gemeine Pisang (Musa paradisiaca, L . , die Pala des Plinius) sind bekannte Repräsentanten
der schönen Gewächse in unsern Gärten. Auch in ihnen, wie in den Aroideen
, hat sich das Blatt zu grosser Ausdehnung entfaltet, ja die Musa zeigt fast von allen
Pflanzen die grössten einfachen Blätter; aber dieser Theil ist hier zarter, weicher als bei
den Aroideen organisirt, von einer eigentümlichen milden Färbung und einem seidenartigen
Glanze, zum Theil der Wirkung seiner'eigenthümlichen Berippung, denn von den starken
Mittelnerven laufen fast rechtwinklig zahlreiche Adern parallel mit einander nach dem
Blattrand hin. Der Scheidentheil dieser Blätter bildet bei vielen gleichsam vorzugsweise
den Stamm, der aus dicht über einander gerollten Blattscheiden besteht, und desshalb
schwach und saftreich ist: so verhält es sich unter anderm bei dem Pisang. Bei vielen
Würzschilfen (Curcuma,Amomum, Alpinia) erreicht das Stammgebilde nur da, wo es unter
der Erde bleibt, eine gewisse Festigkeit und Ausdauer: ästige, beschuppte und geringelte
Triebe, vorzüglich reich anSatzmehl, und an einem eigenthümlichen, auch dem oberirdischen
Kraute zukommenden, Aroma (wie beim Ingwer), oder an lebhaften Farbestoffen
(Curcuma). Andere (Maranta, z. B. M. Tonkat, Aubl. Tab. I. v i. 3.) erheben ihreSten- *
♦) Folgende sind die auf unsern Tafeln abgebildeten Aroideen , deren Grösse zwischen zehn und
zwei Fuss wechselt. Tab I. vm. 2, àalladium liniferum, N. M .; vm. 4. Pathos crassinervius, Jaca.
vn, 5. Calladium grandifolium, W. Tab. II. v„. | Dracontium polyphyUum, L . VI, 2. | g § g |
esculentum, Vent 3. C. erythropus, Mart. 4. C. sägittaefolium, Vent. 5. Die auf Felsen wachsende
Carludovica (Salmia) acummata, Ruiz. 6. Pathos aeäulis, L. 7. Calladium violaceum.
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