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Rio Madeira. Geooraphisches. Der Madeira, dessen südlichste Gewässer, die des Rio
Guapaix, Guapehy oder Rio Gralide de la Plata oder Mis<jue, den neunzehnten Breitengrad
berühren, wächst während eines Laufes von 512 Lieues in gerader Linie von S .-S .-W . nach
N.-N.-O. zu einem Strome erster Grösse an. Seine Hauptmündung in, den Amazonas hatte,
als wir sie., zuerst, im October, bei geringem Wasserstande erblickten, eine Breite von 930,
später, im März eine Breite von mehr als 1000 Klaftern. . In der Mitte fand die Sonde Grund
in 23 und 27, an den Ufern in 5, 9 und 10 Klaftern Tiefe. Seine Gewässer sin.d trübe, im
Strome angeseheir grünlich gelb, und niemals so erdfarbig „gelb, als die des Amazonas.' Die
Temperatur seines Wassers fanden wir damals = 20T§ ° R . , während die der Luft, bei trübem
regnerischen Wetter, =: 20,$° R. war. Seine Geschwindigkeit betrug damals 2 #— 26 Fuss
In der Minute. Die stärkste Entleerung des Stromes fällt in die Monate September und Octp-
ber; von Ende October bis im den April schwillt er an, und bildet seinp->Ueberschwem-
mungen. Die Mündung eröffnet sich zwischen zwei niedrigen Landspitzen,'-welche, so wie die
Ufer aufwärts, gleich denen des Amazonas, mit der eigenthiimlichem Vegetation-des Alagadisso
oder Cad- Ygapo bedeckt sind re in .ungleicher, dichter, verworrener Wald, dessen Bäume von
zahlreichen Lianen (darunter viele Cissussträuchej durchschlungen, weit hinauf den Schlamm
der Ueberschwemmung an sich tragen. Cacaobäume und die staclihgen/Schlingstauden der
Salsaparilha sind häufig, . und in etwas höheren Gegenden des Ufers der. Castanheiro, welcher •
die Nüsse von Maranhäo liefert. Innerhalb der Mündung breitet sich der Strom an ^mehreren
Stellen noch mehr, bis zuJ*200 und 1300 Klaftern aus; im Allgemeinen aber beträgt seine
Breite bis an die Katarakten und über diese hinaus 700 bis 800 Klafter. ^Selten ist jedoch diese
Fläche ganz frei .von Inseln, deren es unzählige, bald in . der Mitte bald an den Seiten des
Stromes; giebt, wo sie durch Bildung von Canälen die Schifffahrt"«leichtern. .Diese Inseln,
von denen einige, wie die llha dos Muras, mehrere Legpas in der Länge messen, sind flach
und niedrig, an den Rändern meistens in Sandufer (Prayas) äusgebreitet, und in der Mitte
mit einer ’ dichtenijjmmergrünen Vegetation^ gleich denen des Amazonas, bedeckt. ..Während
der Hochwasser werden sie mehr oder weniger überschwemmt, und durch. die Macht, der
Strömung in Gestalt und Vcrtheilung verändert. Im untern. Stromgebiete entstehen" sic fortwährend,
wenn bei, niedrigem Wasserstande entblösste Prayas sich mit einem Anfluge von
Gras und Waldung überziehen. Im- Gebiete der Katarakten. sind sie häufig unveränderliche
Felsinseln. Die Ufer, zwischen denen der majestätische Strom hinfluthet, bestehen.bis zu den
Katarakten aus lockerem Erdreiche, Letten und Thon, selten nur 'aus festem Gestein, welches,
nach den darüber eingezogCnen Erkundigungen, ein Sandstein, von weisser oder bräunlichro-
ther Farbe, ähnlich dem von Canomä , seyn soll. In den ersten Tagereisen nach Süden sind,
die Ufer von unbedeutender Höhe, und werden bei Hochwasser in ihrer ganzen Ausdehnung
überfiuthet. Sie bestehen hier aus lockerer schwärzlicher Erde oder aus graulichem feinen Letten.
Die ersten höheren Ufer von rothem Thone, Ribanceiras de Guara piranga, _ erscheinen
südlich vom Flusse Mataura und von da an weiter bis zu den Fällen hin. In diesen Breiten
tritt der, durch höhere Ufer eingeschlossene, Strom nur durch die Niederungen an den Mündungen
'der Flüsse und der SeCn , die' sich in ihn * ergiessen , in das benachbarte Flachland,
worüber er seine Ueberschwemmnng oft bis zu einer Breite von zwei oder drei Legpas ausdehnt.
Der Mangel an festem Gesteine, und die Gevyalt der Fluthen sind die Veranlassung,
dass sich die Ufer oft in grossen Stücken ablösen, und mit den auf ihnen wurzelnden Bäumen
in den Strom'stürzen , • grosse Gefahr für die längs der Ufer steuernden Canoas. In gleicher
Art, wie an der Mündung, sind die Ufer.bis; zu den Katarakten ;^unds jenseits derselben von
der Vegetation des Ygapo’bedeckt. Ihr Ansehen ist gleich verheert und traurig; nur da, wo
sich das Terrain höher erhebt, erscheint.ein freundlicher reinlicher, von der Ueberschwemmung
freier Urwald, oder hie und da, an den Mündungen der Seitengewässer, breiten sich Wiesen,
mit Buschwerk-geziert, aus. .Unglaublich gross is! die Zahl der Seen und Flüsse, welche sich
auf beiden Seiten in den Madeira ergiessen, und diese Fülle von Zuströmungen ist oberhalb
der Fälle nicht geringer, als unterhalb derselben. Bis zu den südlichsten Katarakten zählt man
auf .der Ostseite wenigstens fünfzehn Flussmündungen, welche, obgleich bis auf zwei, den
Rio Jamary und den Gi-parana, vpn geringer Länge, denno'ch eine beträchtliche Tiefe-haben.
Der erstere dieser Seitenflüsse bringt seine Gewässer de’in Madeira in einer Mündung, die 240
Varas (Ellen), der letztere in zweien, deren eine 287, die aridere 177’ Varas breit ist. Auf
der Westseite fallen weniger Flüsse in den Madeira, und die meisten aus Westen- kommenden
haben, wegen »der Nähe des Rio Puruz, eine geringe Ausdehnung ;.„um so beträchtlicher , ist der
aus S .-W . herströmende Rio Beni der Portugiesen. Er bringt^ dem*. Mittelstamme des Madeira-
Stromes nicht nur eine diesem gleiche Wassermasse, sondern auch den Namen zu , denn dieser
Beni (Uene, Uerii'ist in der Maypuré-, Fluss, Uni oder Une in der Omagua- und dervMo-
xos-Spraclie Wasser) heisst jetzt bei den; Brasilianern Madeira. Die Geographie dieses Beni liegt
noch vollkommen im Dunkeln. Nicht blos in den früheren Karten, z. B. der Jesuiten 'von .
Moxos, sondern selbst noch in vielen neuen, wird er mit dem östlichen Hauptaste des Ucayale
dèm Paro-Beni (d. i. temer Fluss, dessen Vereinigung mit dem Tambo, nach eineiri peruvia-
nischen Manuscripte, in iio° 31' s. B. und 75® 24' w. L. v. P. fallen soll: Lister Maw, Passage
from the Pacific to the Atlantic, p. 4720 verwechselt. Bei der Vereinigung der ebenfalls
trüben Gewässer des Beni (in 10® üi1 Zp{‘ sj B.) mit dèrien des; östlichen Hauptastes, der von
hier aus gen S;<’ zu Mamorè (ursprünglich ’’Inim), .oder wohl auch schonJjfßuapore, genannt
wird, misst die Mündung des ersteren 494, die des letzteren 440, beide vereinigt messeft hier
900 Kift. Nebst diesen zahlreichen, mächtigen Flüssen verstärken den Strom auf beiden Seiten
bis ' weit; über die Katarakten hinauf unzählige Seen, oft von der Ausdehnung vieler Quadratmeilen
, welche sich ihm durch kurze oder lange, flussähnliche Canäle verbinden. Sie sind
keineswègsisReste der jährlichen Überschwemmungen, sondern meistens selbstständige Wasseranhäufungen,
gebildet durch-mächtige, aus dem flachen Boden ausbrechende, Quellen, die.sich
bei zunehmendem Wachsthum seeartig ausgedehnt haben. Wunderbar ist' die Wasserfülle die->
ses Bodens, indem jeder Brunnen, jede, Quelle alsbald zu einem unübersehbaren Wasserspiegel
anschwillM Die Regenzeit hat einen verhältnissmässig geringen Einfluss auf das Steigen, und
Fallen-dieser'Séen, aber bei den Ueberschwemmungen des Stromes sind sie es, welche zuerst
das ansteigende Gewässer aufriehmen. Dann-wird auch ihr ursprünglich klares Gewässer getrübt.
Doch sind nicht alle Seen von dieser Natur; manche scheinen allerdings aus den zu-
rückbleiberiddn Flüthen gebildet; ihre Ufer sind uribegrenzt, und sie verlieren sich in unabsehbare
Sümpfe, welche nie aufhören, -.bei erneuerten Ueberschwemmungen ihre Unreinigkeiten
mit den trüben Gewässern der Nachbarschaft zu vermengen. 'Die meisten dieser Seen aber
haben ein krystallhelles, reines, .wohlschmeckendes Wasser, das kälter'und leichter als das des
Stromes ist^und desshajb von wohlschmeckenderen Fischten bewohnt wird. Wir wissen nicht,
von welcher Beschaffenheit das Wasser des verrufenen Sees Jurupari - pird (Teufelsfisch)' auf
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