Wohlbehagen von einer Erhöhung, von einem Gebüsche zum andern.
Der Berg selbst, welcher diese anmuthige Landschaft schliesst, indem
er parallel mit dem Strome von O. nach W . läuft, ist an seinem untern
Abhange mit gleicher Wiesenvegetation, oben aber mit einem
lichten Walde grosser Bäume, besonders vieler Castanheiros, bewachsen.
Auf dem steilen Wege findet man nirgends ein anderes als das angegebene
Sandeisensteingebilde. Kleine Quellen kommen aus den Flanken
des Berges auf die Wiesen herab, und die Waldung der Höl& hegt
behagliche Kühle. Nördlich von dem Berge von A hneirim laufe eine
ähnliche Erhöhung des Terrains in n.-n.-westlicher Richtung mehrere
Stunden weit fort. Sie ist ebenfalls mit Waldung bedeckt, in welcher
die Castanheiros vorherrschen. In den Monaten Mai bis Juli reifen die
grossen Früchte ihre Nüsse, die dann von den Einwohnern eingesammelt,
und zu 640 Reis für den Alqueire verkauft werden. Die Figur
dieses Berges hatte die grösste Aehnlichkeit mit den Tafelbergen von
Piauhy, und es ward mir deutlich, wie zwischen den einzelnen isolirten,
einander ähnlichen Bergen, die von hier aus bis M onte A leg r e dem
Strome parallel laufen, die Flüsse der Gujana mit langsamem Laufe und
ungehindert dem Hauptbecken Zuströmen können. Diese Reihe bildet
nur die Vorberge der Grenzcordillere, zwischen Brasilien und Cayenne,
welche von den aufwärts fahrenden Böten erst nach acht Tagen erreicht
wird, wo sie Fälle in den Flüssen bildet. Es war dieser M o rro do
A lm eirim der letzte Berg, den ich in America besteigen sollte. Mit
einem wehmüthigen Gefühle überschaute ich von ihm aus nochmals die
grosse Landschaft des Amazonas. Vor mir in Süden die üppige, glänzend
grüne Waldung, deren Saum mit dem duftigen Horizonte zusammenfloss
, näher der Strom, der, einem Meerarme gleich, sein gewaltiges
Gewässer nach Osten in die unübersehbare Wasserebene hinaus-
fuhrte, über mir, durch schwere Regenwolken hervorblickend, der
dunkelblaue Tropenhimmel; und das ganze, grossartige Bild von einer
glühenden Sonne beherrscht, die eben nach Westen hinabsank. Ich
segnete im Geiste jene zukünftigen Jahrhunderte, welche den herrlichsten
Strom der Erde von gebildeten, freien und frohen Menschen bewohnt
sehen werden, und unter heissem Danke, der waltenden Liebe dargebracht,
welche mich durch so viele Gefahren auf und an ihm schützend
geleitet hatte, stieg ich wieder zu seinen gelblichen Fluthen hinab.
Der Leser, welcher bis hierher wohlwollend die Wechselfälle der Reise
mit mir getragen, mag hier ebenfalls von den grossartigen, gleichsam
elementarischen, Anschauungen der südamericänischen Erde Abschied
nehmen, denn wenig nur habe ich von jetzt bis zur Rückkehr auf den
Ocean zu erzählen.
Wir fuhren bis A rra y o lo s (3.) am nördlichen Ufer des Amazonas hinunter.
Hier, wo er seine Fluth mit verdoppelter Macht durch den nördlichen
Canal d eB ra g a n za nach N.-O.#gegen das Cabo de N orte hinausführt,
durchschnitten wir die' Hauptströmung, und setzten nach Gurupä auf
das südliche Festland über. So verliessen wir denn den grössten der
Ströme (4.), und gelangten in das Gebiet, welches durch regelmässige
Ebbe und Fluth die Herrschaft des Oceans anerkennt. Zum zweiten
Male vertieften wir uns, mit den Ebben abwärts schiffend, in die laby-
rinthischen Canäle zwischen der Insel M arajö\ wir irrten noch einmal
in den qualmenden Wäldern dieser feuchten Gründe umher; glücklich
schifften wir über die stürmische Mündung des R io Tocantins; wir
begrüssten wiederum die Niederlassungen in den düstern Waldungen
am Igarape -m irim , an den reinlichen Gestaden des schwarzen M o ju ,
und Hessen endlich zum letzten Male in einer trüben Nacht, am 16.
April, den wohlgeprüften Anker im Hafen von P a ra fallen.
Anmerkungen zum sechsten Kapitel.
( 1 . ) Rio Madeira, (Rio da Madeira.) Historisches. Dieser Strom, von den Anwohnern gewöhnlich
A Madeira, von den Indianern Cayary, d. i. weisser Fluss, genannt, ohne Zweifel
der bedeutendste Nebenfluss des Amazonas, ist, ebenso wie sein gesammtes Flussgebiet in
vielen -Beziehungen der Gegenstand von Zweifeln und falschen Berichten gewesen; und in der
von uns, Dr. Spix und mir, bekannt gemachten Generalkarte von Südamerica hat Hauptmann
W eiss eine Darstellung von ihm geliefert, welche, obgleich in manchen Puncten mit den von
uns während der Reise in Brasilien gesammelten Materialien und namentlich auch mit der
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