JBarra do R io N eg ro , welche im Canzleistyle F orta leza genannt wird,
noch keine Villa, sondern blos Lugar (Dorf). Sie liegt am nördlichen
Ufer des R io IVegro, etwa eine deutsche Meile entfernt von der Vereinigung
desselben mit dem Amazonas, auf einem ungleichen, durch
mehrere kleine Bäche zerschnittenen Terrain, und besteht, wie alle
übrigen Villas des Estado, fast lediglich aus einstöckigen Häusern, deren
Wände aus Balken, Flechtwerk und Lehm, die Dächer meistens
aus Palmblättern erbaut sind. Die Häuser liegen weit aus einander, und
bilden einige unregelmässige Strassen. Das unseres Freundes Z a n y
schien das stattlichste von allen, und hatte selbst vor der Residenz des
Gouverneurs voraus, aus zwei Stockwerken erbaut zu seyn. Es fehlt
übrigens in diesen Wohnungen nicht an den Bequemlichkeiten, welche
in heissen Ländern Bedürfniss sind; und obgleich so weit vom Ocean
entfernt, findet man dennoch zahlreiche Spuren des Handels inMeubeln,
vorzüglich aber in kleineren Gerätschaften des Hausrathes. - Nebst der,
dem Gouverneur von Para untergeordneten, höchsten Autorität, gewöhnlich
einer Militärperson, residiren hier der Ouvidor und der General-
vicarius der Provinz. Die Geschäfte eines Juiz de Fora versieht ein
Juiz ordinario. Die Provinz hat überdiess ein Schatzamt und die übrigen
untergeordneten administrativen Stellen ebenso, wie die anderen.
Es fehlte noch an einem Arzte, Apotheker, und Schullehrer. Der grösste
Theil der Bevölkerung, neue Einwanderer aus Portugal, oder Abkömmlinge
von diesen, meistens mit indianischer Blutsmischung, betreibt Handel
mit den Producten seiner Fazendas und den, im Tausche von Indianern
erhaltenen, Naturerzeugnissen. Doch ist dieser Handel verhält-
nissmässig sehr geringfügig, und der bereits in Santarem bemerkliche
Mangel an baarem Gelde wird hier immer fühlbarer. Es ist kaum anzunehmen,
dass in der ganzen Provinz Rio Negro eine Summe* von
mehr als 3o,ooo harten Thalern Münze vorhanden sey. Aus diesem
Grunde sieht die Regierung sich veranlasst, die Rente der Provinz nur
durch den Zehent der Naturerzeugnisse zu erheben. Schwerlich dürfte
dieser in der ganzen Provinz mehr als zwölf Contos de Reis betragen,
obgleich hier von dem Mandioccamehl nicht wie in andern Provinzen
fünf, sondern zehn Procent entrichtet werden. Einen sehr beträchtlichen
Theil des Zehents macht die Abgabe vom Schildkröteneierfett aus.
Sie dürfte etwa tausend Töpfe {P otes) betragen, welche, in Para verkauft,
drei Contos rentiren. Der Zehent ist übrigens auch auf Hühner,
Schweine u. s. w. ausgedehnt, und Generalpächtern überlassen. Die
Staatsdiener übernehmen gewöhnlich einen Theil dieses. Zehents statt
der Besoldung. *) Bei dem geringen Einkommen der Provinz erscheinen
die Bemühungen des A lm e id a d a G am a L o b o , der die Provinz um
das Jahr 1781 bis 88 verwaltete, um so verdienstlicher, die Finanzen durch
Anlegung von Fabriken zu verbessern, in welchen er Indianer gegen
geringen Taglohn für Rechnung der Regierung beschäftigte. Seine beiden
Schöpfungen, eine Baumwollenspinnstube mit Weberei und eine
Töpferei, bestehen noch. - Erstere rentirt täglich ohngefahr 16,000,
letztere 4j000 Reis. In dem Spinnhause, einem ziemlich grossen, niedrigen
Gebäude, waren zwanzig bis dreissig Indianerinen beschäftigt.
Die hier bearbeitete Baumwolle, grösstentheils Zehent, ist sehr fein
und gut; allein der Faden, welchen die Weiber auf schlecht construir-
ten Rädern spinnen, ist grob, und eben so unvollkommen sind die, gegenwärtig
nicht alle beschäftigten, Webstühle. Früher soll bisweilen
täglich eine R.olle (R o llo de Panno) im Wierthe von 32,000 R. fabri-
cirt worden seyn. Die Weiber verdienen wöchentlich jm Durchschnitte
800, die webenden Männer 1,200 R. Man rechnet, dass jede Spinnerin
täglich wenigstens ein halbes Pfund Baumwollengarn liefert, wofür
100 R. bezahlt werden. Die Töpferei benützt einen weisslichen und
einen röthlichen Thon, die auf dem südlichen Ufer des Stromes bedeutende
Lager bilden. Man bearbeitet ihn grösstentheils nur zu unglasir-
tem Geschirre, besonders den Töpfen für das Schildkröteneierfett, und
zu Ziegeln. Auch hier arbeiten mehr Weiber als Männer, um gleichen
*) Ein Topf Sehildkröteneierfett wird von ihnen zu 1,280 Reis, der Korb Mehl von Man-
diocca zu 5oo R ., die Arroba Taback zu 3,20ö R., das Pfund Guarand zu 640 R ., der Metzen
(Alqueire) Castanien um 320 R. übernommen. — Der Sold des Gouverneurs beträgt 5ooo' Cru-
sados, und der des Ouvidors, welcher zugleich Provedör da Fazenda (Fiscal der Finanzen) ist,