den Flüssen des Estado do Gram Para, und trug auf diese Weise allerdings zur geograpliisehcn
Kenntniss des Landes bei. So unternahm M anoel P ires in den Jahren 1656 und 1657 zwei
Reisen, eine bis zu der Mündung des Rio Negro, die andere in letzterem Strome weit aufwärts,
und indem er davon mehr als tausend Indianer nach Para zurückbrachte, ergriff er zugleich
von jenen entlegenen Gegenden für die Krone von Portugal Besitz. Bald darauf ward ein
Detachement von Soldaten an der Einmündung des Rio Negro fixirt, welches den Auftrag hatte,
den Sclavenhandel in jenen Gegenden zu beschützen (Destacamenlo de Resgaté) , und später
den Grund zur Villa da Barra do Rio Negro legte, deren Befestigung unter dem Gouvernement
von Antokio de Albuquerque Coelho im Jahre 1671 angelegt würde. Aus jenen Gegenden
wurden die Juripixunas oder Juruünas (Schwarzgesichter) herbeigeschleppt , mehrere unter sich
verwandte Stämme, welche sich durch einen- schwarztatowirteu Flock (Malha) im Gesicht au's-
zeichnen, sehr gelehrig und von milden Sitten, und auch noch gegenwärtig, wo sie an Zahl
bedeutend abgenommen haben, als Ruderer und zuverlässige Arbeiter vor Andern beliebt. Wie
beträchtlich die Anzahl der auf den Strömen aus dèm Innern herabgebrachten Indianer war, lässt
sich aus dem Umstande schliessen, dass bisweilen auf einmal mehr als tausend jener Unglücklichen
in Parä zum Kauf ausgestellt wurden. Oft verhelilten. die Menschenjäger ihre Feindseligkeiten
nicht, oft aber beschönigten'sie sie durch éin boshaftes Verfahren, das schon der Padre
Acunna rügte, indem sie Kreuze^ in der Nähe der indianischen Ortschaften aufrichteten, und
wenn sie diese nach einiger Zeit nicht mehr vorfanden, eine Verletzung des Christenthums
zum Vorwand eines feindlichen Einfalls gebrauchten. Nach und nach entstanden, als Anhaltpunkte
für den Menschenhandel, hie und da an den Ufern der Flüsse im Sertdo mehrere Blockhäuser
oder einzelne Fazendas, und derTraffik mit rothen Menschen ward auf ähnliche Weise wie
der Negerhandel in Africa organisirt. Wo aber die Indianer diesem feindseligen Beginnen sich
mit List oder Gewalt widersetzten, da ward ein furchtbares Blutbad angerichtet, oder ein wahrer
Vertilgungskrieg gegen sie geführt. Der ehrwürdige Antonio V ieira , jener charakterkräftige
Jesuite, der eben so muthig als beredt die Menschenrechte der Indianer vertheidigtè, giebt in
seinen Berichten an den König die Gesammtzahl derselben im Estado do Gram Para und Ma-
ranhao, (welcher damals auch Searä und Piauhy mitbegriff) auf zwei Millionen an, und behauptet,
dass die Portugiesen während der ersten vierzig Jahre ihrer Niederlassung in jenen
Gegenden vierhundert indianische Wohnsitze zerstört hätten. Wenn auch die erstere Behauptung
sehr übertrieben scheint, da Andre- de Barros, ein anderer späterer jesuitischer Schriftsteller,
die indianische Bevölkerung nur auf Zweimalhunderttausend angiebt, so ist doch so
viel mit Sicherheit anzunehmen, dass jenes grausame und weitausgedehnte System der India-
nersdaverei dem <?edeihen des Estado von Para tiefe, auch jetzt noch fühlbare, Wunden geschlagen
habe. Je mehr die Interessen der portugiesischen Ansiedler sich mit di.esèm Handel
verflochten, um so muthiger kämpften die Jesuiten entgegen, allein ihre grossmüthigen Anstrengungen
erlagen den feindseligen Bestrebungen der Bürgerschaft und der übrigen geistlichen
Corporationen. So mächtig'war jenes Interesse, dass, als nach der Restauration von Portugal,
König Johann IV. im Jahre 1652 die Freiheit der Indianer wieder herstellen wollte, die Gouverneurs
in Maranhdo und Para durch Volksaufstände gezwungen wurden, jene milden Gesetze
zu modifiziren. Ja die Jesuiten, mit V ieira an ihrer Spitze, wurden sogar aus dem Lande
getrieben (1661.), weil sie sich den gesetzwidrigen Menschenjagden widersetzten, und nach
ihrer Vertreibung wurden jene nur um so lebhafter fortgesetzt. Da die Mächtigtsen im Lande,
also gerade auch die Mitglieder der Magistrate, daran Antheil nahmen,. so wurde die Einführung
der als Kriegsgefangene eingehandelten Indianer (Indios de Resgaté) sogar unter der Autorität
der Municipalitäten vorgenommen, bis im J. 1679 die Verbote des Indianerhandels erneuert,
die Jesuiten wieder eingesetzt, und ihnen die Administration und Sorge für die Indianer
übergeben wurde, eine freilich stets von dem Volke und den übrigen geistlichenOrden höchlich
gemissbilh'gte Maassregel. Von nun an begann eine den Indianern günstigere Periode, denn
da die Jesuiten viele Niederlassungen (Aldeas) im Innern gründeten, wo sie zahlreiche Horden
von Indianern vereinigten, durch milde Behandlung zu gewinnen, zu civilisiren und mit dem
Anbau von Lebensmitteln und Handelsartikeln zweckmässig zu beschäftigen suchten, so fanden
diese hier Zufluchtsorte vor der Barbarei ihrer Verfolger. Man fing dann an, sie besser zu behandeln
und ihren Werth höher zu schätzen. Die Indianer befanden sich bei den Jesuiten in einem
Zustande der Bevormundschaftung, zu welchem sich' ihre Indolenz sehr eignete. In einer
halben Freiheit, den-Wäldern, woraus man sie herabgeführt hatte, noch nahe und nicht berührt
yo'n dem Zwang einer städtischen Civilisation, lebten sie hier in grossen Gesellschaften
sehr behaglich, und- sie zogen diesen Aufenthalt dem unter den weissen Colonisten bei weitem
vor. Es war ihnen erlaubt, einen Theil dés Jahres entfernt. von der Aldea zuzubringen ; für
ihre Arbeiten, mit Ausnahme derjenigen, wodurch sie die gemeinschaftlichen Mundvorräthe vermehren
halfen, wurden sie durch nützliche oder .nothige Stücke des Hausrathes oder durch
Kleider bezahlt. Sie winden in der christlichen Religion unterrichtet, und zu dem Gedanken
einer gewissen Verpflichtung gegen den Staat''angewiesen. Die Sprache, in welcher man mit
ihnen verkehrte, war die Tupi-Sprache, die sogenannte Lingua geral brasilica, von welcher sich
die Guarani-Sprache nur als Mundart unterscheidet. Diese Sprache, ursprünglich das Eigenthum
der Topinambazes, ward von den Geistlichen ausgebildet, und die gesammte Bevölkerung des
Estado do Gram Parä hatte sich dieselbe so sehr angeeignet, dass man sie bis zum Jahre 1757
auf der Kanzel gebrauchte, und auch. gegenwärtig für den Verkehr im Innern noch nöthig hat.
Jener Zustand der-Indianer war unstreitig der günstigste, sowohl für sie selbst, als für die
Interessen des Staats, welcher von Zeit zu Zeit die Vermittelung der geistlichen Väter in Anspruch
nahm, um Indianer zur Arbeit in den öffentlichen Werken, zu dem Ruder-und Fischer-
Dienste u. dgl. zu erhalten. Auch andere geistliche Orden, vorzüglich die Carmeliten, nahmen
auf ähnliche Weise Theil- an der Civilisation der Indianer, und alle bereicherten sich durch
den Fleiss derselben, indem sie die kostbaren Naturproducte dès Landes unter der Aufsicht der
Missionäre im Innern sammeln, und in dié Klöster an der Küste hinabschiffen liefen. Die
Jesuiten hatten eine Menge csolcher Missionen längs der Küste des Festlandes, auP*der Insel
Marajó und im Innern am Amazonenstrome, sogar bis an der äussersten Grenze des portugiesischen
Gebietes, am Rio Javary. Der Zustand der Aldeas blieb blühend, bis zur Auflösung
des Jesuitenordens, bei welcher Veranlassung- im Jahre 1759 aus Parä und Maranhao nicht
weniger als 112 Jesuiten nach Europa deportirt wurden. D e L a Condamine , welcher die Missionen
dem Amazonas entlang im Jahre 1741 besuchte, schildert sie als wohlhabend und blühender,
als die spanischen Missionen in Mainas. Die jesuitischen Etablissements wurden nun den
übrigen-geistlichen Körperschaften übertragen. Im Jahre 1718 sollen nach B erredo (Annaës, S.
322.)''-neunzehn Aldeas der Jesuiten, fünfzehn der Kapuziner, zwölf der Carmeliten und
fünf der Merccnarios bestanden haben. P ombal, eben so sehr durch falsche Berichte als durch
chimärische Furcht und eingewurzelten Hass gegen die Jesuiten irregeleitet, hat durch die