Platzregen auf freiem Felde ausgesetzt wäre. Am zweiten Tage gelangte ich durch einen See
und den Jucurapd einen reissenden Nebenfluss, in den Ipd, dessen Mündung, woran die Ortschaft
steht, ich am fünften erreichte. Der Solimoes war jetzt schon so angeschwollen, dass
keine Sandbank mehr hervorragte, und der anliegende Wald fünfzehn bis zwanzig Fuss unter
Wasser gesetzt war. Am Solimoes fand ich Indianer vom Stamme Uaraicu. Sie sind nicht
tätowirt, haben aber die Ohren, die Unterlippe und den Nasenknorpel durchbohrt. Mit den
meisten Nachbarn haben sie die Gebräuche bei dem Heurathen, beim Wochenbette, (nach welchem
sich die Frau sechs -Monate lang vom Manne entfernt, und bei ihren Verwandten in einer
andern Hütte wohnt), das Räuchern der Jungfrauen, und die Probe männlicher Standhaftigkeit
durch Peitschenhiebe gemein. Ihre Feste werden ohne Maskenzüge gefeiert. Sie glauben an
einen Gott und an einen Teufel; beide wohnen oberhalb der Erde. Der letztere erscheint nur
dem Paje unter menschlicher Gestalt. Ehre-Deichen verbrennen sie mit nach Osten gekehrtem
Antlitz und ausgestreckt. Die Asche des Verstorbenen wird in der Hütte aufbewahrt.— Auf dem
Solimoes reiste ich nun Tag und Nacht abwärts; in zwei Tagen kam ich von Ipd nach Fonte-
ßoa, in einem von da nach Ega, und in vieren voxj da endlich wieder in die Barra do Rio
Negro, wo ich am 3. Februar eintraf.
Anmerkungen zum dritten Kapitel.
(l.) Die Ortschaft (Lugar) von Alvaraés, ehemals S. Christovdo, liegt auf der Ostseite des Flüsschens
Uraud, dessen schwarze Gewässer sie theilweise auch von der Hinterseite einschliessen. Sie
heisst in der Lingua geral Caypara, was so viel als Hürde', Stall (Curral) bedeutet, ein Name, der
davon herrühren soll, dass man die Indianer, welche ehemals, vorzüglich aus den Wäldern am Yu-
purd, eingefangen würden, hier zu verwahren pflegte. Das Dorf ward im Jahre 1758. gegründet,
da man Indianer hierher übersiedelte, die vorher am Tijuaca, einem Verbindungscanale zwischen
dem Tupurä und dem See Amand, vereinigt lebten. Seine ersten Bewohner waren vom Stamme der
Udrü, die man Coca nennt, weil sie sehr oft diess Wort, das in ihrer Sprache Nein heisst, wiederholen,
ferner von denen der Arnaud, Uaymd, Tucuna, Alarua, Passé, Cauiari, Miranha, die fast
alle aus den Wäldern am Yupurd, und Marauhas, die vom Yurud hierher geführt worden waren. Die
letzteren sind Anthropophagen. Die Gegend von Alvaraés ist angenehm, und sehr fruchtbar, besonders
gedeiht die Mandiocca vortrefflich ; doch haben dié Einwohner viel von den Garapanas und Pium
zu leiden. (Ribeiro, §■ 105 — 106. Monteiro §. 103.)
(2.) De la Coud abuse giebt (Relat. S. 97.) die Landspitze von Parauari aß denjenigen Ort an,
wo P. Teixeira, auf seiner Rückreise aus Quito, den Grenzstein zwischen den spanischen und portugiesischen
Besitzungen gelegt habe, eine Annahme, gemäss welcher jener Grenzstein mehr als zwei
Grade östlich von den Niederlassungen gestanden haben würde, welche die Portugiesen seit mehr
als hundert Jahren am oberen Solimoes gegründet haben. Die portugiesischen Schriftsteller (Monteiro,
§. 104. 105.Und Ribeiro, §, 108— 147.) bemühen sich daher weitläuftig, die Grundlosigkeit der
Behauptung des französischen Akademikers darzuthun; und es unterliegt wohl keinem Zweifel, dass
Cohdambe irrig die Mündung des Aguarico, eines nördlichen Beiflusses des Napo, an welchem Tki-
xeiba den Marco aufgestellt hatte, mit dem Parauari verwechselt habe. Dieser Grenzstein ward (nach
Ribeiro, §. 122.) unter dem Gouvernement von Alexandre de Sovza F beirk durch die Portugiesen
recognoscirt und erneuert, fallt aber nach der jetzigen Bestimmung schon weit westlich von der
factischen Grenze Brasiliens. Teixeira’s Expedition hatte bei der Reise stromaufwärts an dem Orte
Parauari eine Aldea der Curucicaris getroffen, deren Bewohner Goldblättchen als Ohrenschmuck (Nam-
by pora) trugen, und jene erhielt davon die Namen der Aldea do Ouro. Diese Goldblättchen kamen
vielleicht von dem Rio Apaporis. (Vergl. Gap. 4. Note • 5.)
(3.) Der Yurud (Jurud) , welchen Pagan Amarumayo nennt, ist bis jetzt den Brasilianern nur
wenig bekannt geworden, denn die zahlreichen Stämme an seinen Ufern (Mostkiko führt deren §. 124.
zweiunddreissig an, mir nannte man als die wichtigsten die Marauhds, Catuquinas, Catauuixis,
Canamarés und Ardo) sind kriegerisch und den Fremden abhold. Sie bedienen sich 'fast alle vergifteter
Waffen, und sind nur in geringer Zahl in die Ansiedlungen herabgeführt worden. Die Expeditionen,
welche, um Salsaparilha und C-acao zu sammeln, im Yurud etwa zwanzig Tagereisen stromaufwärts
machen, erreichen auf diesem Wege die Fälle noch nicht, bis zu denen wenigstens dreissig
Tage gerechnet werden sollen. Die Strömung des Yurud ist stärker, als die seines westlichen Nach-,
bars, des Jutahy. Die Breite seiner Mündung ist nach de la Cobdamike’s Messung 362 Toisen. Das Land
durch welches er strömt, ist, nach den Berichten der Anwohner, niedrig und grösstentheils mit dichter
Waldung bedeckt. — Nach A cukna wäre der unglückliche Pedro de Orsua, dessen Ermordung
durch Lopez d’Aguirrk um seiner schönen Gemahlin willen, eine der tragischsten Episoden in der
Geschichte von der Eroberung America’s bildet, von Cuzco aus den Yurud hinabgeschilft.
(4.) Der Lugar de Fonte-Boa hatte vier andere Orte am Solimoes eingenommen, bevor er hierher
versetzt ward. Die Indianer, welche seine Bevölkerung ausmachten, waren theils vom Yurud,
theils vom Yupurd hergeführt worden, und gehörten den Nationen der Umauas oder Campevas, Xa-
mas, Xomanas, Passés, Juris, Tecûnas, Conamarés, Tumbiras, Cururamds, Araycus, Catuquinas und
Paydnas an. Gegenwärtig sind nur schwache Spuren von ihrer ehemaligen Selbstständigkeit vorhanden.
Die Einwohner sprechen die Tupisprache, und Einzelne selbst portugiesisch. Man rühmt ihre
Fertigkeit in der Verfertigung von mancherlei Geschirren. Ribeiro berichtet (§. i7l.), dass hier
eine alle Ortschaft gestanden habe, von welcher noch eingegrabene, grosse, mit den Gebeinen der
Verstorbenen angefüllte Töpfe (Ygapaba ojrii) übrig geblieben seyen, deren Ränder fast an der Oberfläche
der Erde gefunden würden. Wie bei fler Gründung der meisten Orte am Solimoes, scheint
auch hier vor Allem die Fruchtbarkeit des Bodens berücksichtigt worden zu seyn. So gross aber auch
diese ist, wird doch der Aufenthalt durch die Lage, an dem Bache Caiarahy, eine Viertellegoa oberhalb
seiner Mündung, und zwischen Niederungen, zu denen sich das Terrain gegen Osten vertieft,
ungesund, und durch zahllose Schnacken und Stechfliegen unbequem.
(5.) Der Bach Tonanlin oder Tonanti vereinigt sich durch zwei Mündungen mit dem Solimoes.
Seine Quellen sind von denen des Joami nur durch einen Traject von zwei Meilen Breite getrennt.
Er heisst bisweilen nach dem, längs seiner Ufer in dichter Urwaldung wohnenden, Indianerstamme,
Cauixdna oder Cayuvicena. Die letztere Aussprache hörten wir von Indianern, die am Rio Negro
wohnen, so wie wir überhaupt zu bemerken glaubten, dass an diesem Strome die Namen durch eingeschobene
Sylben noch länger werden, als am Amazonas. Port giebt es auch die ähnlich gebildeten
Namen der Stämme: Uarandcoacena, Cauaciricena, Ariquenas, Cabuquena n. s. f.) Sollten diese
Namen einer einzigen Sprache, vielleicht der der Mandos oder der fast identischen der Barés angehören?
Sollten sie auf die Maypurersprache zurückzuführen seyn, womit jene viele Verwandtschaft zeigen? In
der letzteren heisst nuani der Sohn. Die Cauixanas sind eine nicht unbedeutende Horde, und nehmen,
zugleich mit den ihnen durch die Sprache verwandten Pariatias, das Land zwischen dem Tupura,
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