dann führt dich dein guter Genius auf schönem und heilsamem Pfade
zu einem sicheren Ziele! Möchte Einer, der dir den bessern Theil
seines Lebens geweiht hat, sich in seinen Hoffnungen und Wünschen für
dich nie betrogen haben! — —
Unser Begleiter, der Brig Vulcano, war glücklich wieder flott geworden,
und so ging der ganze Convoi, bei frischem Nordostwinde bor-
degirend, in dem sich allmalig erweiternden Canale abwärts. Wir
befanden uns am 16. Juni Mittags den Inseln das Guaribas gegenüber,
welche, wie die ganze Küste, mit niedrigen Bäumen, vorzüglich mit
Mangi'ovewaldung, bedeckt sind. Am Morgen des 17. Junius hatten
wir die Ponta do Carmo im Gesichte. Der Canal erweitert sich hier
immer mehr. Das Wasser, von grünlicher Farbe, schmeckt in dieser
Breite noch gar nicht gesalzen (etwa die grossen Solstitialfluthen ausgenommen);
wir hatten übrigens schon in zwei Nächten eine Phospho-
rescenz wahrgenommen. Das Licht zeigte sich gleichsam innerlicher,
tiefer im Wasser, feiner und gleichmässiger zertheilt, als dasjenige,
welches wir auf dem hohen Oceane wahrnehmen konnten. Grosse
Feuermassen, die von Medusen und ähnlichen Thieren herrühren, erschienen
hier noch nicht. Das Wetter war feucht und trübe, so-dass
wir am 18. Mittags die weissen Sandbänke nördlich von Salinas, ein gewöhnliches
Wahrzeichen der Schiffer, nur mit Mühe erkennen konnten.
Gegen 2 Uhr hatten wir noch die Ponta de Taibü im Auge, und es
war von nun an die Sorge unseres wackeren indianischen Piloten, diese
Spitze in S .-W . zu lassen, um westlich von der Untiefe B a ix o de S.
Joäo über den Strom zu setzen, und die Ponta de M a g o a ry , den
äussersten Punct der Insel Marajö, zu gewinnen. Diese Sandbank,
von einer Seemeile Länge, ist äusserst gefährlich, denn in ihrer Nähe
erhebt sich das Meer bei frischem Winde so furchtbar, dass ein aufsitzendes
Schiff in wenig Minuten zertrümmert wird. Ein kalter Wind
war uns entgegen, so dass wir die Ponta de M a g oa ry erst am folgenden
Abende erreichen konnten. Auf diesem Wege fanden wir das
Wasser bereits etwas gesalzen. Hier verliess uns der Pilot; er bestieg
sein kleines Boot, das ihn schon seit mehreren Tagen erwartete, und
catschwand, nach Salinas zurückkehrend, im Nebel alsbald vor unseren
Blicken. Ehe noch die Nacht eintrat, verloren wir auch die Spitze
von IVla^ocu'y, das letzte Land, aus den Augen, und am nächsten
Morgen sahen wir uns ringsum von Wasser umgeben. Seine hellgrüne
'Farbe und der verhältnissmässig geringere Salzgehalt bezeugten uns die
ungeheure Wasserfälle, welche der Amazonas hier mit dem Ocean
mischt. Erst am folgenden Tage fanden wir uns auf den dunkelblauen
Fluthen des hohen Meeres. Unsere Wünsche, Neigungen und Hoffnungen
getheilt zwischen dem alten und dem neuen Continente, überliessen wir
uns der Führung des sicheren, gut gebauten Fahrzeuges, und gaben
uns allen jenen herrlichen Eindrücken hin, womit eine Schifffahrt auf
dem tropischen Ocean Sinn und Gemüth bereichern kann. Leider wurden
diese fpenüsse bald durch unsere nächste Umgebung verkümmert. Wir befanden
Uns unter der Tyrannei eines Schiffcapitains, dessen Benehmen
nur durch Geiz, Eigennutz und geflissentliche Nichtachtung aller sittlichen
Vcrhältnisse-gcleitet schien. Man entzog uns unter dem Vorwände,
dass die Reise anscheinend sehr lange dauern werde, den Gebrauch
des Wassers und gewisser Mundvorräthe,fliehe wir auf eigne Kosten
eingeschifft hatten, suchte unsere Sammlungen, besonders die von lebenden
Gegenständen, zu beschädigen, und erlaubte sich überhaupt jede
Art von Willkühr. W ir hatten den Kummer, zwei unserer indianischen
Begleiter in Folge dieser Behandlung idahinsterben zu sehen, und wurden
beide selbst von Leberkrankheiten' ergriffen. So glücklich daher
in anderer Rücksicht unsere Seereise war, brachte sie uns doch viele
schmerzliche Eindrücke. *Nach zwanzig Tagen waren wir, ohne noch
einmal Land gesehen zu haben, bis in die Parallelen von Florida nach
Norden gesteuert; nach fünf und fünfzig passirten wir die Breite der
azorischen Inseln, und am sieben und sechzigsten Tage hatten wir die
Freude, das erste Gebirg Europa’s zu erblicken.
Unsere Reise hätte viel schneller seyn können, wären nicht unter
den übrigen Schiffen zwei schlechte Segler gewesen, die wir oft erwarten
III. Theil. 1?5