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entschieden, dass ein Indianer im Vordertheile befürchtete, es wolle
versuchen, heraufzusteigen. Er schlug daher mit einem Stocke darnach,
allein das Unthier liess sich nicht irre machen, schnappte nach der
ausgestreckten Hand und erwischte sie, doch glücklicher Weise nur
mit einem Zahne, so dass es Nagel und Fleisch von einem Finger-
gliede abreissen konnte. Erst nach einigen Flintenschüssen auf den
dicken, einer Baumborke ähnlichen, Panzer stand es von seiner Verfolgung
ab, ohne jedoch verwundet worden zu seyn. W ir setzten inzwischen
den Weg nach der, etwa zwei Legoas von der Mündung
entfernten, r i l l a de E g a fort. Seit wir Coari verlassen hatten, war
jeder Abend durch ein heftiges Gewitter bezeichnet gewesen, und auch
jetzt überzog sich plötzlich der Himmel, ein gewaltiger Westwind
wühlte den See auf, und zwang uns, mit eingczogenem Segel dem
Wellendrange zu folgen, der alsbald so heftig ward, dass wir in grösster
Gefahr schwebten, umgeworfen zu werden. W ir Hessen daher das
Fahrzeug an eine dichtbewaldete Landspitze treiben, wo es auf so
hohen Wogen anlangte, dass wir nicht im Sande des Ufers, sondern
auf den ausgebreiteten Aesten eines niedrigen Baumes Grund fanden,
die der Sturm in demselben Augenblicke über das Wasser hingebeugt
hatte. So waren wir denn in der Luft aufgehangen,; und nur der vereinten
Anstrengung der Mannschaft, welche über Bord sprang, gelang
es, den Kahn mit Stricken gegen den wüthenden Andrang der Wellen
an dem Baume so lange zu befestigen, bis der Sturm vorüber w a r ,
und wir ihn, durch Abhauen der stärksten Aeste, seinem Elemente
wiedergeben konnten. Wir übernachteten an dieser Stelle, und erreichten
am nächsten Morgen das Ziel unserer Reise, wo wir auch schon
den Sergeanten mit unserm grossen Fahrzeuge antrafen.
Die V iU a de E g a , von den Indianern Teffe genannt, liegt am
östlichen Ufer der seeartigen Ausdehnung des R io Teffe gerade da,
wo diese ihre grösste Breite, von einer deutschen Meile, ' erreicht hat;
Ein kleiner, aus dem Festlande von Osten herkommender, Bach bewässert
die Niederung, wodurch das amphitheatralisch ansteigende
Terrain in zwei ungleiche Theile getheilt wird. Die Häuser des Fleckens
Teff <?*), in einer Strasse längs dem Ufer, sind sämmtlich einstöckig9
aus Balken und Lehmwänden erbaut, statt der Glasfenster mit hölzernen
Läden versehen, und mit Palmblättem gedeckt. Nur ihre Grösse
und die Schlösser an den Thüren unterscheiden sie von den Hütten,
welche wir in vielen Indianerdörfern gesehen hatten. Sie bilden eine
unregelmässige Strasse längs dem Seeufer, einige andere von da landeinwärts
gerichtet und freie Plätze um die Kirche und das Haus des
Militärcommandanten, das einzige, an welches ein Vordach {ffaranda),
gleichwie an den Landhäusern von Para, angebaut ist. Die Zahl der
Einwohner mag sich etwa auf sechshundert belaufen. Dieser Verhältnisse
ungeachtet hört man E g a den Hof {Corte) des Solimoes nennen,
ein Name, den es nur zur Zeit verdient haben mag, als die letzte
vereinigt spanisch - portugiesische Grenzcommission hier (vom Jahre
1782— 88.) ihr Hauptquartier aufgeschlagen hatte. Damals bewirkte
die Anwesenheit vieler Fremden aus Para und Maynas eine ungewöhnliche
Lebhaftigkeit und einen verhältnissmässig beträchtlichen Handel. Da
aber mehrere hundert Indianer, zum Dienste der Commission in die
Villa entboten, oft Jahre lang ihrer Heimath entzogen wurden, so trug
die Commission zur Entvölkerung der christlichen Niederlassungen bei,
und ward sehr unpopulär bei allen Patrioten. E g a hatte in jener Zeit
eine doppelt so starke Bevölkerung, als jetzt, wo die Zahl der Handwerker
und Handelsleute äusserst gering geworden, und von dem damaligen
Luxus keine Spur mehr vorhanden ist, ausser etwa, wie Manche
behaupten, in der trägen und nur den Lustbarkeiten zugewandten
Sinnesart, vorzüglich aber in der Trunksucht, seiner Bewohner. Der
Mangel an Industrie und Unternehmungsgeist ist allerdings auffallend,
*) Auch Te/e, Talje, Talpe, Tapi, (in der Tupisprache tief.) Der Fluss, von dunkelbraunem
, im Glase angesehen hellgelblichem, Wasser, ist, der Sage nach, vierzig Tage Jang
aufwärts beschifft worden. Er engt sich bald sehr ein; seine Ufer sind mit dichter, aber
niedriger Waldung bedeckt, arm an Salsaparijha undCacao, desshalb wenig-besucht. Iin obem
Flussgebiete wohnen, den Brasilianern vorzüglich bekannt, die Caiuquinas, Feinde der Catau-
uixis, und vor diesen geflüchtet. Sie sind noch wenig mit den Weissen in Verkehr getreten.
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