seines Zieles. nicht; und die Kraft, womit er das Pfeilchen von sich
bläst ist eben so bewundernswerth, als die Gewandtheit, die er in
der Führung des langen, unbehülflichen Blasrohres mitten im Dickicht
eines Urwaldes bethätigt. Kleinere Säugthiere und Vögel werden am
der Mission Esmeraldas aus .verbreitet, wo Hr, v. Humboldt der Bereitung desselben heigewohnt
hat. Diejenigen Pflanzen, welche das Hauptingrcdienz'des tödflichen Extractes liefern, scheinen,
wenn auch in einem grossen Verbreitungsbezirke -doch nicht gleichmässig vertheilt, sondern
sporadisch, vorzukommen; wesslialb die Bereitung des JJrari nur einzelnen Stämmen oder
Horden eigen ist. Ohne schon hier in eine genauere Untersuchung dieser Bflanzén - und Giftarten
einzugehen, will ich nur auf die grósse Ausdehnung aufmerksam machen,- in welcher die Au-
tochthonen Südamcrica’s sich einer gleichartigen Jagd - und Kriegswaffe bedienen. Die Wilden
der Gujana, eines grossen Theils von Nordbrasilien, Neu - Granada und Peru gebrauchen, dieses
merkwürdige Pflanzengift; und auch am La Plata ist es hekamrt. Garcilasso de la V ega
(Hist, de las Ind. II. c. 37;) erwähnt eines dort bereitem Pfeilgiltes, das jedoch viel schwächer
seyn, nur nach drei Tagen sich wirksam zeigen und erst nach achtundzwanzig tödteh soll. Die
Grenzen, innerhalb,welcher diese gefährlichen Waffen geführt weiten, weisen^ wenn auch
nicht auf eine höhere Cultur, doch auf einen eigentümlichen Gemüths,zug und eine Von derjenigen
verschiedene Gesittung hin, welche man bei den davon^MSgé^iJossenen Stämmen
findet. • Ohne Zweifel ging der einst so mächtige und weitverB&ïtète Stamm der Tupis an
Bildung den Wilden vor, welche das Urari bereiten oder sich dessen bedienen; die verschiedenen
Methoden, die Mändioccawurzel zu Mehl und andern Speisen gut zu machen, verrathen
eben so v iel, oder vielleicht noch mehr Kerfntnisse in der rohsten Chemie; dem ungeachtet verabscheuten
die Tupis, wie viele Andere, Waffen, deren sich auch der Ohnmächtige- tfedienen
kann: sie ziehen solclje vor, welche einer rohen und muthigen Kraft zur Handhabung bedürfen.
Die Blasrohre (Esgravataneu, Sarbacanas, in Peru Zarbalanas, Pucunas in Maynas), deren
wir eine grosse Menge von verschiedenen Stämmen eingehandelt, und in der ethnographischen
Sammlung zu München niedergelegt haben, unterscheiden sich nur in der Lätige, die
zwischen acht und zehn Fuss, und in der Dicke, die'zwischen drittehalb und anderthalb Zollen
am untern Ende ^vechselt. Wir haben keine andern als solche Blasrohre gefunden, welche
aus einem sehr dünnen Palmenschafte verfertigt waren , der wahrscheinlich einer Art der Gattung
Geonoma, oder vielleicht der Kunthia, ahgehört. Die Palme wächst am obera Rio Negro,
am Uaupés und am Yupura jenseits der Katarakten, und wird bisweilen unverarbeitet zu den
andern Stammen herabgeführt. Wir erhandelten ^solche Palmenschafte in der Barra do Rio
Negro., Dep innere Theil, mit einem weichen, von Längsfasern durchzogenen Zellgewebe erfüllt,
wird ausgebrannt und die Höhlung geglättet, zu welchem Ende die Indianer gewöhnlich
den Schaft der Länge nach in zwei gleiche Hälften spalten. Bei dem Mangel geeigneter
Werkzeuge, denn Alles wird mit einem aus Schilfrohr geschnitzten Messer, oder mit einer
Flussmuschel ausgeführt, ist die Politur der Höhlung eben so bewundernswürdig, als die Geradheit
der Waffe, die oft für mehr als ein Menschenalter brauchbar bleibt. Sind die beiden
Stücke genau zusammengefügt, so werden sie durch Harz verkittet, und die Oberfläche wird
häufigsten mit dieser Waffe erlegt; doch gebraucht der Indianer seine
Esgravatana wohl auch gegen den Tapir oder die Onze. Diejenigen
Stämme, welche sich mit, vergifteten Pfeilen bekriegen, ziehen dazu
die Wurfspiese vor. Die tödtliche Wirksamkeit des Pfeilchens hängt
von der Tiefe, in die es eindringt, von dem Alter und dem Feuchtigkeitsgrade
des Giftes, ,und von dem Orte der Verwundung ab. Je ent
schiedener das Urari mit dem Blute des Wildes in Berührung gekommen
, desto sicherer und schneller tritt die tödtliche Wirkung ein. Ich
habe Ochsen vier Minuten nach dem Schüsse erzittern, umfällen, und
mit dem Tode ringen sehen, während in andern Fällen ein Affe oder
ein Pecari,, minder tödtlich getroffen, der Wirkung des Giftes dreimal
so lange widerstanden. Allgemein verbreitet unter den Indianern ist der
Glaube, dass das durch Urari getödtete Wildpret gesünder sey, als
jedes andere; dass es einen eigenthümlichen Wohlgeschmack habe, davon
konnten wir uns täglich überzeugen, da es niemals an Hoccos,
mit der schwarzen ,bandartiggetheilten Rinde eines Schlingstrauchcs eng und zierlich umwickelt.
Endlich fügt der indianische Künstler am Untertheile ein dickeres Mundstück von glattem rothen
Holze an. Die Pfeilchen, welche aus diesem Rohre abgebläsen werden, sind kaum einen Fuss
lang, von einem weissen, leichten, selten von schwerem, schwarzen Palmen-Holze, und mehr
oder minder genau zugerundet. An die Spitze ist das tödtliche Gift auf eines Zolls Länge .aufgetragen
, und zwar um so dünner und sorgfältiger, je höher es den Einzelnen zu stehen kommt.
Bei den Stämmen, welche das Urari selbst bereiten, werden ganze Bündel der Pfeilchen auf
einmal in das eben fertige, noch flüssige Extract getaucht, und an der Sonne getrocknet; dieje-
nigeri.Indianer dagegen, welche es aus der Feme, erhalten, weichen es mit Wasser und dem
Saft der kleinen, sauren Limonie auf, und tragen es, mittelst einer Feder, in dünner Schichte
auf die Spitze der Pfeilchen. Die Köcher sind bald aus Flechtwerk geniacht und mit Pech oder
Firniss überzogen, bald aus einem sehr schönen rothen Holze mit grossem Fleisse so zierlich
ausgearbeitet, als wären sie das Werk eines. Kunstdrechslers. Solche Köcher sind eines der
Abzeichen, wodurch sich die verschiedenen Stämme unterscheiden. Selten trägt der Indianer
einen grossen Vorrath fertiger Pfeilchen mit sich herum, sondern er bereitet erst,; ehe er auf
die Jagd geht, die muthmasslich notwendige Zahl vor, indem er den unteren Theil mit etwas
Wolle von der Samauma oder vom Baumwollenstrauche umwickelt. Diess dient, die Röhre
auszufüllen damit das Pfeilchen mit der vollen Kraft des blasenden Jägers fortgetrieben werde.
Das Gewicht des Pfeilchens wird, nach jedesmaligem Ermessen, durch etwas feuchten Thon
vermehrt, den der Indianer in dem Stirnbeine eines kleinen Säugthieres bei sich führt, und
vor dem Schüsse am Untertheile befestiget. Dieser Theil des Jagdgerätes hängt, sowie der
Beutel au s Turin-Bast für die Wolle, am Köcher, der um den Hals befestigt getragen wird.
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