tausend spanischen ÏTialern verwendete, bis diese unter der Administration der Jesuiten sich
aus eigenen Mitteln verwalten konnten , so hat die' portugiesische Regierung nicht geringere
Opfer gebracht. In allen Provinzen, besonders aber in Minas, Bahia, Goya/., Maranhäo und
Pari, wurden beträchtliche Summen von den öffentlichen Einkünften angewendet, um die Indianerin
Aldeas zu vereinigen, sie dort mit allem Nöthigen zu versehen und zu erhalten; aber alle
diese Ausgaben sind fast ganz fruchtlos für den Staat gewesen, ja gegenwärtig existiren nur
die wenigsten jener Aldeas, welche mit so grossen Opfern gegründet worden waren. *) Der
Nutzen aber, welchen die Indianer dem Aerar gebracht hätten, ist von jeher höchst unbedeutend
gewesen. Eigentliche Steuern bezahlten sie niemals; die Juizes mussten zufrieden
seyn, wenn sie von Zeit zu Zeit irgend einen geringen Antheil von den Erzeugnissen des Land-
Baues als Zehnten erhalten konnten, und die Erwerbungen für das Aerar durch die in Para
zur Einsammlung der Landesproducte veranstalteten Expeditionen wurden grossen ‘Theils
durch die Verwaltung verschlungen; auch die Leistungen in den Ziegelbrennereien und Spinn-
Stuben, welche z. B. in Rio Negro auf öffentliche Kosten verwaltet wurden, müssen als un-
verhältnissmässig gering angeschlagen werden. Nützlicher ist die Verwendung der Indianer in den
Fischereien, in der Küsten- und Flussschifffahrt und bei öffentlichen Bauwerken gewesen; am
meisten aber haben sie den Interessen des Aerars indirecte gedient, soferne die übrigen
Einwohner von den befreundeten Indianern keine offenbaren Feindseligkeiten, sondern vielmehr
Hülfe in ihren Industrieunternehmungen, gegen geringe Bezahlung, erfuhren. Diese Hülfe ist
aber höchst ungewiss und precär, da sie von der Laune und den momentanen Bedürfnissen
einer Rape abhängt, welche nicht etwa aus Stolz, sondern aus Gleichgültigkeit und träumerischer
Indolenz jeden Zwang einer Civilisation verabscheuet, deren Vortheile zu berechnen,
ausser den engen Grenzen ihrer Urtheilskraft liegt. Wir berühren hier ein Verhältniss, gegen
dessen Annahme sich die Philanthropie unseres aufgeregten und vielgeprüften Jahrhunderts
*) Ein sprechendes Zeugniss hievon legen unter andern die seit der Mitte des vorigen Jahrhunderts
in der Provinz Goyaz gegründeten, anfänglich von Jesuiten verwalteten, Aldeas ab. Bis zum
Jahre 1810 beliefen sich die Kosten derselben auf die grosse Summe von 232,889,690 Reis, nach folgendem
Verhältnisse:
Aldea do Rio das Pedras, gegründet im Jahre 1741 für Indios Bororös,
de Bisarrdo, eine Golonie, die von der vorigen ausging,
do Rio das Velhas, 1750. für Bororos gegr., und als diese 1775.
wurden, von Chacriabäs bewohnt.
de Lanhoso. Die Kosten dieser vier Aldeas beliefen sich auf
do Duro und Formiga, gegr. 1751* für Acroäs und Chabriabäs
S. Joze de Mossamedes, gegr. 1755. für Acroäs, Javaes, Garajäs
Nova Beira, auf der Insel Bananal, bereits ganz aufgegeben
Maria für Cajapos gegr. 1780.
de Carretdo de Pedro Terceiro 1784 für Chavantes gegr.
Ausser dieser, von der Staatscasse bestrittenen, Summe wurden noeh
der Indianer von den Einwohnern und Magistraten beigeschossen
nach der folgenden verlegt
Reis 19,534,224
84,490,249
67,346,066
4,582,196
13,684,021
24,652,131
zur Reduction
17,600,811
231,889,698
(S. Joze deSousa AzevedoPizarro e Araujo, Memoria* historicas do Rio de Janeiro! 1822. p.205.)
mehr als die eines jeden früheren Zeitalters sträubet; aber, — wir bedauern es sagen zu
müssen, — unsere, auf mehrjährige Beobachtung der brasilianischen Ureinwohner gegründete,
Ueberzeugung kann sich mit der allgemeinen Ansicht von der Perfectibilität der rothen Men-
schenrape nicht vereinigen. Wenn alle die zahlreichen und verschiedenartigen Versuche, diese
Menschen mit gleichen Rechten und Pflichten unter die übrigen Bewohner America’s einzuführen,
vergeblich gewesen sind; wenn dabei eine unverhältnissmässige Sterblichkeit darauf
hindeutet , dass diese Kinder eines Welttheils voll überschwenglichen materiellen Lebens mit
einer an geistiger Lebensintensität so armen Leibesbeschaffenheit begabt sey en,— so müssen
wir uns zu dem Schlüsse hinneigen, dass sie die höhere Entwickelung, welche Europa ihnen
einimpfen -will, nicht ertragen können, ja dass die steigende Civilisation, welche das Lebens-
Element blühender Menschengeschlechter ist, sie gerade, wie ein zerstörendes Gift aufreibt,
und dass s ie, wie manches Andere in der Reihe der Naturwesen, bestimmt scheinen, sich
aufzulösen und aus der Zahl der Lebendigen zu treten, bevor sie die höhere Stufe, deren
Keim in ihnen vorgebildet ist, erreicht haben. Somit denken wir uns die rothen Menschen
als einen verkümmerten Ast am Stamme des menschlichen Geschlechtes, bestimmt, gleichsam
nur typisch, einen körperlichen Ausdruck gewisser Eigenschaften darzustellen, die zu dem
Gesammtcydus gehören, denen der Mensch als Naturfactum unterworfen ist, aber unvermögend,
die höheren Blüthen und Früchte der Humanität aus sich hervorzutreiben.
Wer sich zu einer ähnlichen Ansicht von der Natur der americanischen Rape bekennen
kann, wird mit Mitleiden auf die Mittel blicken, welche einer menschenfreundlichen Regierung
zu Jener Gunsten übrig bleiben. Die erleuchtetsten Staatsmänner Brasiliens sind bereits zu
der Ueberzeugung gelangt, dass das Land im Allgemeinen durch Gründung neuer Aldeas keine
mit den Kosten im Verhältniss stehende Vortheile, am wenigsten bedeutende Vermehrung der
Population, erreichen werde, da man allgemein glaubt, die indianische Rape sterbe allmälig
aus. Was noch gegenwärtig auf Staatskosten zur Civilisation der Botocudos, in den Urwäldern
zwischen Porto Seguro und. Minas Geraes, geschieht, bezweckt vorzüglich nur, sie den Anwohnern
unschädlich zu machen; und ausserdem ist den andern Classen der brasilianischen Bevölkerung
überlassen, nach Gutbefinden sich der Indianer zu ihren häuslichen Zwecken zu bedienen.
Aber auch in dieser Rücksicht erwartet man mit jedem Jahre weniger von den Ureinwohnern
, was unter andern besonders durch die ausserordentlich starke Einführung von Neger-
Sclaven beurkundet wird, die in den Jahren 1822 bis 1827 blos nach Rio de Janeiro mehr
als 40,000 Köpfe betragen hat. Wenn daher die Regierung aus Gründen, welche in der richtigen
Beurtheilung ihrer Kräfte beruhen, eine fortwährende in’s Einzelne gehende Fürsorge für
die Indianer aufgeben muss, scheint uns nur von einer Seite her noch Hülfe möglich, um
den durch die Natur selbst vorbereiteten Untergang jenes beklagenswürdigen Geschlechtes aufzuhalten
und hinaus zu schieben. Die Klöster sind auch jetzt reich und mächtig genug, um
auf ihre eigenen Kosten, selbst im entlegenen Innern, Missionen zu unterhalten, dort die Indianer
in dem Genuss einer ihrem Naturell angemessenen Freiheit uni sich zu versammeln, zu
bilden und für die Zwecke des Staates wirksam zu machen. Durch eine solche Richtung ihrer
Thätigkeit würden sie auch jene Popularität und jene Würdigung vört' Seiten der Regierung
wieder gewinnen, welche, besonders in den volkreichen und von vielen Fremden besuchten
Seestädten, in gleichem Verhältnisse mit den Fortschritten der Aufklärung und der Erhöhung der
Staatsbedürfnisse abnehmen musste.